Witten. Diese Baustelle hat Nerven gekostet. Nun werden die Arbeiten auf der Ruhrstraße und Johannisstraße in Witten abgeschlossen. Ende gut, alles gut?
Hinter ihm rollen die Pkw vorbei, während Hüssyin Karakus kleine Pflastersteine an den Rand des Gehwegs klopft. „Noch ein paar Kleinigkeiten, dann sind wir hier fertig“, sagt der Bauarbeiter. Ein Satz, den die Wittener gerne hören dürften.
Denn die seit Mitte Oktober halbseitig gesperrte Ruhrstraße und die seit Mai andauernden Arbeiten auf der Johannisstraße haben viele Nerven gekostet. Nun stehen nur noch einzelne Asphaltarbeiten aus, so das Tiefbauamt. „Für die Ruhrstraße bedeutet das, dass wir sie in jedem Fall noch in diesem Jahr wieder in beiden Fahrtrichtungen freigeben“, sagt Stadtsprecher Jörg Schäfer.
Dieser Plan steht zwar auch für die Johannisstraße – ob die Öffnung noch vor dem Jahreswechsel klappt, sei aber abhängig von der Witterung. Schäfer: „Es kann sein, dass wir die Arbeiten erst Anfang 2022 abschließen können.“ Eine provisorische Öffnung sei aus technischen Gründen nicht möglich.
Baubeginn 2020 in der Bonhoefferstraße in Witten
Damit geht der letzte Bauabschnitt des Gesamtprojekts Johannisviertel zu Ende. Mit der Kanalerneuerung samt Fahrbahn in der Bonhoefferstraße war es 2020 losgegangen. In diesem Jahr folgten der kleine Kreisverkehr im Bereich Bonhoefferstraße/Oberdorf/Johannis- und Lutherstraße und ein kleiner „Johannisplatz“ mit Baumbänken. Was schon jetzt auffällt: Die Straßenflächen wurden zurückgenommen (zum Beispiel entfiel eine Abbiegespur), dafür gibt es mehr Platz für Fußgänger und Straßengrün.
Noch kann man die neue Aufenthaltsqualität im Viertel erahnen, spüren aber nicht. „Seit einem Jahr ist hier Baustelle“, sagt der Friseur genervt, dessen Salon hinter Absperrbaken verborgen liegt. Trang Nguyen vom „Beauty Haus“ lächelt tapfer. „Die Kunden beschweren sich. Sie drehen Runde um Runde und finden keinen Parkplatz. Der Kornmarkt ist immer voll.“ Überhaupt kämen deutlich weniger Frauen zur Maniküre oder Pediküre. „Wahrscheinlich kommt alles zusammen: Corona, Baustelle, wenig Lust.“
Menschen parken irgendwie auf dem Gehweg
Auch Karin Vogt-Fischer leidet unter den Bauarbeiten, sie ist sogar richtig wütet. In ihrem Handarbeitsladen an der Johannisstraße klingelt unablässig das Ladenglöckchen, so viele Kundinnen wollen ihren Lieben etwas zu Weihnachten stricken oder häkeln. „Die Kunden rufen an und wollen wissen, wie sie zu mir fahren können. Mich macht es wahnsinnig, dass ich ihnen nicht den Weg beschreiben kann, so ein Wirrwarr herrscht hier“, sagt sie.
Teilweise scheint dies hausgemacht zu sein. Die schrägen Parkbuchten gibt es nicht mehr. Trotzdem parken die Leute irgendwie, stellen ihren Wagen sogar auf den neuen Gehwegflächen oder im Parkverbot ab. Auf der engen Johannisstraße, die zurzeit in beide Richtungen geöffnet ist, blockieren sich die Autofahrer dann gegenseitig.
„Als Auswärtiger bist du hier aufgeschmissen“
Feinstaubbelastung soll sinken
Die Trennung der Johannisstraße von der Ruhrstraße ist die letzte verpflichtende Maßnahme aus dem Luftreinhalteplan für die Stadt Witten. Dessen Ziel war es, die Schadstoffbelastung in der Ruhrstraße zu reduzieren. Weil man das Johannisviertel nun anders anfahren muss, soll laut Prognosen der Bezirksregierung Arnsberg der Verkehr auf der Ruhrstraße (und auch die Feinstaubbelastung) um zehn Prozent sinken. Die Ruhrstraße war die einzige Straße Wittens, in der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft oft übertroffen wurden.
„Das ist tatsächlich eine Nebelfahrt nach Witten rein“, sagt eine 66-Jährige. Eine andere Autofahrerin sagt, sie habe den Kornmarkt-Parkplatz „nur mit Bauchgefühl und Ortskenntnis“ gefunden. „Als Auswärtiger bist du hier aufgeschmissen.“
Wohlgemerkt: Es beschweren sich die Autofahrer. Zu Fuß oder mit dem Rad kommt man wunderbar zu den Geschäften im Johannisviertel – und das gilt auch weiterhin. Denn die Johannisstraße wird dauerhaft mit herausnehmbaren Pollern von der Ruhrstraße abgetrennt. An der Abbiegung wurde Straßenfläche zurückgenommen, dafür sind zwei Grünflächen entstanden. Die schnelle Abkürzung, um aus der City über die Johannisstraße zur Ardeystraße zu gelangen, ist für Autofahrer in Zukunft endgültig passé.