Witten. Heven hat sein erstes Tiny-House, in Dortmund soll aber eine ganze Siedlung dieser Mini-Eigenheime entstehen. Eine Idee auch für Witten?
Die kleinen Häuser kommen ganz groß raus: Tiny-Houses liegen voll im Trend. In Dortmund soll jetzt eine ganze Siedlung dieser Mini-Eigenheime entstehen und auch an der Billerbeckstraße ist eines just in dieser Woche bezogen worden. Ist in Witten vielleicht auch noch mehr geplant?
Harald Gatermann würde das sehr begrüßen. Der 67-Jährige Hevener ist Fan dieser neuen Bauweise, die auf Minimalismus und eine Rückbesinnung auf das Notwendige setzt. „Auch aus dem Bekanntenkreis höre ich vermehrt Nachfragen für diese Art des Wohnens mit bescheidenen Grundstücksansprüchen“, erklärt er. Das sei gerade auch für ältere Leute interessant, die auf diese Weise ihr Leben entrümpeln und ebenerdig wohnen wollen.
Wittenerin hat sich in Bayern den Traum vom Tiny-House erfüllt
Gatermann hat mehrere Sendungen über das Thema gesehen, auch einen Bericht über die Bommeranerin Susanna Hagin, die sich in Bayern den Traum vom Tiny-House erfüllt hat, nachdem sie in Witten vergeblich nach einem passenden Grundstück gesucht hatte. Kann man denn hier etwa keine Mini-Häuser aufstellen?
Doch, man kann. Das hat Bethel.regional jetzt an der Billerbeckstraße gezeigt. Bei der Stiftung war schon im Jahr 2017 die Idee entstanden, das Betreuungsangebot für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen durch diese besondere Wohnform zu ergänzen. „Für Klienten, die ihr eigenes Reich brauchen, aber auch die Nähe zur Wohneinrichtung benötigen“, erklärt Bereichsleiterin Barbara Kristen. Aber erst in diesem Jahr war es möglich, das Projekt zu realisieren.
Innenausbau des Häuschens wurde individuell entworfen
Das Holzgebäude bietet auf 18 Quadratmetern alles, was eine Person zum Leben braucht: Badezimmer, Küchenzeile, Tisch, Kleiderschrank, Bett und Platz für eine kleine Sitzecke. Sogar eine kleine Terrasse gibt es. Das Häuschen kommt dabei nicht etwa von der Stange: „Es ist individuell entworfen worden, jedes Detail wurde selbst geplant“, erklärt Architekt Armin Nedden von Bethel.regional. Die kleine Freiheit gibt es allerdings nicht umsonst: Mit rund 100.000 Euro müsse man heutzutage für 24 Quadratmeter alles in allem schon rechnen.
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Die Genehmigung sei hingegen ganz unproblematisch gewesen, sagt der Architekt. Man habe auf dem Bethel-Grundstück einfach ein kleines Einfamilienhaus beantragt, baurechtlich mache das keinen Unterschied. Manche Vorschriften – etwa die energetischen Anforderungen – seien bei den Kleinsthäusern sogar vereinfacht.
Normale Grundstücke sind für ein Tiny-Haus einfach zu groß
Wer aber kein Grundstück hat, der dürfte sich schwer tun. „Das Problem ist: Mit durchschnittlich 400 bis 500 Quadratmetern sind die meisten für ein Tiny-House einfach zu groß – und kleinere Grundstücke sind in der Stadt nicht verfügbar“, erklärt Bauordnungsamtsleiter Georg Thomys. Sinnvoller wäre daher eine ganze Tiny-Siedlung so wie in Dortmund. Doch dafür sieht man in Witten noch keinen Bedarf.
Kleines Dorf auf Fußballplatz
Tiny Houses – übersetzt winzige Häuser – sind meist zwischen 15 und 45 Quadratmetern groß. Die Bewegung ist aus den USA nach Deutschland gekommen. Fans der Mini-Häuser wollen meist nachhaltig und mit der Beschränkung aufs Notwendige leben.
In Dortmund-Sölde soll auf einem ehemaliger Fußballplatz ein Tiny-House-Dorf mit etwa 40 Mini-Eigenheimen errichtet werden. Der Bebauungsplan wird derzeit gemeinsam mit den zukünftigen Bewohnern erstellt. Die Stadt will damit mehr nachhaltigen, flächensparenden Wohnraum schaffen.
Pro Einzelperson wird mit 45 qm geplant, für jede weitere Person im Haushalt können 15 qm Wohnfläche dazukommen. Die Siedlung wird autofrei. Geparkt wird vor dem Eingang zum Dorf.
„Tiny-Häuser sind zwar ein ganz großes Thema“, so Thomys. Auf die Stadt heruntergebrochen sei die Nachfrage aber bescheiden. „Der Trend ist noch nicht so weit verbreitet, wie man meint.“ Der Bauordnungsamtsleiter fragt sich auch, für welche Zielgruppe so ein Mini-Heim wirklich das richtige Konzept sein kann. Für junge Leute zu teuer, für Reiche zu bescheiden, für Ältere zu modern? „Da gibt es eher den Trend, so zu bauen, dass man lange in den eigenen vier Wänden bleiben kann.“
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Tiny-Wohnen sei daher kein Konzept für die Allgemeinheit, meint Thomys. Aber: „Wenn ein Investor käme, um es in Witten auf die Beine zu stellen, dann wäre das eine tolle Sache, die wir wohlwollend begleiten würden.“