Witten. Wie die Zeit vergeht: Louis aus Witten, der 2014 als Frühchen geboren wurde, ist jetzt stolzer Erstklässler. Wir haben ihn mal wieder besucht.
Keine Frage: Louis ist aufgeregt. Da geht es ihm vermutlich genau wie den anderen 827 Kindern, die an diesem Donnerstag (19.8.) in Witten eingeschult werden. Der Sechsjährige kommt in die 1b der Crengeldanzschule. Für die Familie alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Denn Louis’ Weg war bis dahin kein leichter: Er wurde als Frühchen im Marien-Hospital geboren.
Seine Eltern sind selbst erstaunt, wie sich das damals 460 Gramm leichte und 28 Zentimeter kleine Menschlein entwickelt hat. Heute tobt der Blondschopf mit der blauen Brille durch die Hevener Wohnung und erzählt in einem fort Witze oder Fantasie-Geschichten, zum Beispiel die von dem großen Bären, den sein Papa Sebastian besiegt hat. „Weißt du was?“, so beginnen fast alle Sätze und dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. „Das hat er wohl von mir“, vermutet Mama Nadine Goralski.
Wittener Familie hat schwere Schicksalsschläge hinter sich
Die 33-Jährige ist unübersehbar stolz auf ihr kleines Wunder, das so einen schweren Start ins Leben hatte. Sein Zwilling Levin, der bei der Geburt gerade mal 242 Gramm wog, hatte es damals nicht geschafft. Auch sein sehnlichst erwarteter Bruder Matheo ist im März vergangenen Jahres kurz nach der Geburt gestorben. Ein Herzfehler war unentdeckt geblieben. Beide Kinder sind auf dem Friedhof der Kreuzgemeinde begraben.
Die schweren Schicksalsschläge macht der kleine Louis mit all seiner Lebensfreude ein wenig wett. „Er ist ein pfiffiges Kerlchen“, sagt seine Mutter. Bei der schulärztlichen Untersuchung sei alles gut gelaufen. Die Ärztin habe den Eltern sogar empfohlen, einen Intelligenztest mit dem Jungen machen zu lassen. Tatsächlich habe der ergeben, dass Louis an der Grenze zur Hochbegabung stehe. „Das mussten wir erst mal begreifen“, sagt Nadine Goralski.
Manches deutete im Nachhinein darauf hin. Louis, dessen Wissensstand jedes Jahr in der Frühförderstelle der Lebenshilfe getestet wurde, sei stets eine „tolle Wahrnehmung und hohe Merkfähigkeit“ bescheinigt worden. „Er fing früh an zu sprechen“, erinnert sich seine Mutter. In der Kita Wannen, die er vier Jahre lang besuchte, spielte er lieber mit Älteren, suchte häufig den Kontakt zu den Betreuerinnen.
Louis will mal Wissenschaftler werden
Konzentrieren könne er sich aber nicht so gut. Deshalb überlegten seine Eltern, ihn auf eine Förderschule zu schicken – und warfen letztlich doch alle Bedenken über Bord. Auch einen Integrationshelfer, der ihrem Sohn zustünde, wollen sie nicht in Anspruch nehmen, lieber noch wie empfohlen mit Physio- und Ergotherapie weitermachen. Damit Louis – kleiner und zarter als andere Sechsjährige – weiter körperlich aufholt.
Das „Crengeldanz-Schulentdecker-Heft“, das er in den Ferien zugeschickt bekommen hat und am ersten Tag mitbringen soll, hat er längst ausgefüllt. Sein Name steht vorne drauf – den hat er selbst geschrieben. „Ich freue mich, dass ich neue Freunde vielleicht mal kriege“, sagt Louis. Außerdem interessieren ihn besonders der Musik- und der Wissenschaftsraum. „Ich will mal Wissenschaftler werden. Mit Biologie und so. Oder Archäologe.“ Er will Schätze ausgraben und eine Zeitmaschine erfinden, mit der man in die Zukunft reisen kann.
Louis’ Mutter hofft auf Impfung für jüngere Kinder
Der erste Schultag – er verläuft wegen Corona auch in diesem Jahr wieder anders als sonst. Die beiden ersten Klassen an der Crengeldanzschule kommen nacheinander. Am Nachmittag will die Familie dann mit Oma und Opa, Paten und Nachbarn ein bisschen feiern. „Draußen“, wie Nadine Goralski betont. Sie ist als Diabetikerin längst geimpft und hofft, dass auch jüngere Kinder bald den Piks erhalten dürfen. „Louis hat so viele Impfungen bekommen, die ihm ins Leben geholfen haben.“
Seine Schultüte hat eine Erzieherin in der Kita gebastelt. Blau ist sie und vorne drauf ist „Super Mario“ zu sehen, Louis’ Lieblingsfigur aus dem Computerspiel – und ein kleiner Held wie er.