Witten. Es hat aufgehört zu regnen, doch die Folgen sind noch deutlich zu spüren. Es fahren keine Züge, überflutete Straßen sind dicht. So ist die Lage.

Der Dauerregen hat Witten in eine Art Ausnahmezustand versetzt, zumindest die Feuerwehr. Die Stadt gibt die Zahl der Einsätze inzwischen mit 400 an. Wegen des Hochwassers haben die Stadtwerke das Wasserwerk in Bommern vom Netz genommen. Der Zugverkehr, nicht nur von Abellio, ist weitgehend eingestellt. Mit dem Auto kommt man nicht mehr direkt von Herbede in die City, weil die Herbeder Straße gesperrt ist. Der Ruhr-Pegel ist auf über sieben Meter geklettert. Und überall wird noch Wasser abgepumpt, aus Kellern, Garagen, Gärten, Straßen oder Geschäften.

Am Donnerstagmorgen musste die Feuerwehr ausrücken, um zwei Mehrfamilienhäuser an der Straße „In der Lake“ zu evakuieren. Mit Hilfe des DLRG und Booten sollen die rund 30 Bewohner in Sicherheit gebracht werden.

Pfützen sogar im Wittener Hauptbahnhof

Das Verbund-Wasserwerk an der Ruhrstraße ist außer Betrieb. „Die Versorgung erfolgt derzeit aufgrund des Hochwassers im Wesentlichen über Trinkwasserspeicher und benachbarte Netze“, teilen die Stadtwerke am Donnerstagmorgen mit. Sie appellieren an die Wittener, Wasser zu sparen.

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Letzteres steht in kleinen Pfützen sogar noch im Bahnhof. Auf der digitalen Anzeigentafel das übliche Bild, wenn Unwetter ist oder danach: „Zugverkehr fällt heute aus.“ In alle Richtungen, ob nach Essen, Dortmund, und ins abgesoffene Hagen sowieso. Pendler blicken morgens ratlos auf ihr Handy. Schienenersatzverkehr? Ja, aber wo? Am Busbahnhof sind man nur die üblichen Stadtlinien.

Zumindest fällt seit Mittwochabend, 21 Uhr, kein Tropfen mehr vom Himmel und selbst bei der Feuerwehr atmet man inzwischen einmal kurz durch. „Die Einsatzzahl nimmt langsam ab“, twitterte sie gegen 4 Uhr morgens. Weiter heißt es: „80 Einsätze müssen noch abgearbeitet werden.“ Teilweise sei das Wasser von selbst abgelaufen, „teilweise stehen Keller noch unter Wasser“. Die Kanalisation ist an ihre Grenzen gestoßen.

Campingplatz Steger in Witten mit Hilfe der Polizei geräumt

Dieses Auto versank am Ledderken (Innenstadt) in Witten in den Fluten.
Dieses Auto versank am Ledderken (Innenstadt) in Witten in den Fluten. © Gabriele Dembski

Überflutete Straßen sind noch gesperrt, gerade in Nähe der Ruhr. Aktuell listet die Polizei (ohne Gewähr) die Herbeder Straße ab Kreisel Ruhrdeich auf, die Wittener Straße ab Kämpenstraße in Richtung Hattingen. Im Hammertal ist die Kreuzung Wittener Straße/An der Kemnade und die Straße „Im Hammertal“ ab Rewe dicht. Auch Uferstraße und Nachtigallstraße (ab DLRG) sind laut Polizei dicht. Der Campingplatz Steger musste wegen des Hochwassers geräumt werden – mit Hilfe der Polizei, weil fünf Gäste offenbar ihre Wohnwagen nicht verlassen wollten.

Als es am Mittwoch am späteren Nachmittag so richtig losging, liefen die Telefone bei der Feuerwehr heiß. Straßen liefen über, Keller mussten leergepumpt werden. Wegen der Überlastung baten die Helfer darum, nur Wasserstände ab 15 Zentimeter zu melden, später wurde diese Grenze noch auf 30 cm verdoppelt. Wo zuerst hinfahren, wo ist es am dringlichsten? Sämtliche Kräfte waren gebunden.

Autos versinken in Witten in den Fluten

Autos versanken in den Fluten, nicht nur in der berüchtigten Senke an der Annenstraße/Ecke Schleiermacherstraße. Auch im Ledderken und anderen Straßen wurden solche nich dafür gemachten „Amphibienfahrzeuge“ gesichtet. Dass Autofahrer wie in Hagen von den Fluten eingeschlossen wurden, ist bisher nicht bekannt. Aber die Helfer eilten doch dem ein oder anderen „Seefahrer“ zur Hilfe, wie an der Schleiermacherstraße, wo ein ortsunkundiges Ehepaar aus Dortmund seinen Mercedes Kombi versenkt hatte.

Die Schäden in den Häusern, in Garagen, in Gärten sind noch nicht abzuschätzen. Unzählige Keller liefen voll, teilweise stand das Wasser 50 Zentimeter und wesentlich höher. Der Wannenbach und die umliegenden Häuser an der Herbeder Straße: wieder überflutet. die Zeche Theresia in Muttental: heimgesucht von einem abgerutschten Hang. Geröll, Schlamm, Bäume – die Arbeitsgemeinschaft Muttenthalbahn steht vor einem großen Scherbenhaufen.

Wasser läuft in Witten in den Boni und die Sporthalle des TuS Bommern

Die Bänke am Hammerteich in Witten stehen unter Wasser.
Die Bänke am Hammerteich in Witten stehen unter Wasser. © Gabriele Dembski

Das Wasser lief in Geschäfte wie bei Boni, in Bommern bildeten sich in der Sporthalle des TuS große Pfützen. Die Ruhr – natürlich Hochwassergebiet. Die Wege am Hammerteich: zumindest am Mittwochabend komplett unter Wasser. Selbst die Bänke versanken in den Fluten. Die Borbach, sonst im Sommer oft nur noch ein dürres Rinnsal – ein reißender Wildbach.

Die Aufräumarbeiten werden noch lange dauern. Zumindest soll niemand körperlich schwerer zu Schaden gekommen sein. Glück hatten zwei Autofahrer in der Herbeder Straße, auf deren Wagen am frühen Mittwochabend ein Baum fiel. Eine Person wurde leicht verletzt.

Die vielen Wittener Feuerwehrleute trauern um ihre zwei toten Kameraden in Altena und Werdohl. Beide Orte liegen auf der Abellio-Strecke von Witten ins Sauerland, die seit Mittwochnachmittag gesperrt ist. Dort wütete das Unwetter besonders, wie auch im benachbarten Hagen, wohin sogar die Taucherstaffel der Wittener Feuerwehr entsandt wurde.

Es muss noch nicht vorbei sein. Es kann auch an diesem Donnerstag wieder regnen.