Witten. Manche Kinder kommen gar nicht mehr zur Schule, andere wollen die Klasse freiwillig wiederholen: Das plant Witten für abgehängte Schüler.

Pandemie und Pauken, das hat in diesem Schuljahr alles andere als gut geklappt. Witten will nun mit mehreren Projekten und Förderprogrammen abgehängte Schüler unterstützen. Wie schlimm es um manche Kinder steht, hat der Start des Präsenzunterrichts am Montag (31.5.) gezeigt: „Einige Kinder sind nicht zum Unterricht gekommen“, so die Sprecherin der Wittener Grundschulen, Susanne Daum. Die Eltern hätten nach dem ganzen Hin und Her nicht verstanden, dass wieder regulärer Schulbetrieb herrscht.

Präsenzunterricht nach Stundenplan, fast wie vor Corona-Zeiten! „Ganz viele fröhliche Kinder haben wir gesehen“, bilanziert die Leiterin der Bruchschule, Susanne Daum. Die Erstklässler hätten sich am Montag gefühlt, als seien sie „noch mal eingeschult“ worden. „Wir träumen langsam wieder von Normalität“, so der Rektor des Ruhr-Gymnasiums, Dirk Gellesch. Es gibt sogar ein Lob: Die Lollitests an den Grundschulen funktionieren mittlerweile problemlos. Die Schnelltests an den Schulen würden pünktlich und in genügender Zahl geliefert.

Bescheinigung zu Negativtests machen viel Arbeit

Klappt inzwischen gut: Der Lollitest an den Grundschulen, wie hier in Herbede mit (v.r.) Jette, Noel und Julius.
Klappt inzwischen gut: Der Lollitest an den Grundschulen, wie hier in Herbede mit (v.r.) Jette, Noel und Julius. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die Schattenseite des Hoffnungsschimmers: Aus mehreren Grundschulen heißt es, dass einige Kinder ganz von der Bildfläche verschwunden sind. „Irgendwann wurden die Aufgabenzettel nicht mehr aus den Boxen geholt, während des Wechselunterrichts sind sie nicht mehr zur Schule gekommen. Wir telefonieren ihnen jetzt hinterher“, sagt Susanne Daum.

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Die neueste Sorge der Schulleitungen sind die Formulare. 1500 Bescheinigungen über den Negativtest müsse seine Schule täglich erstellen, so Dirk Gellesch. „Dann können wir doch gleich Impfzentrum werden“, sagt er ironisch. Stephanie Reinelt, Leiterin der Adolf-Reichenwein-Realschule, berichtet: „Neben den Formularen zum Testergebnis gibt es noch die Formulare zu den Masken- und Testverweigerern.“ Die erste Schulstunde gehe nur für Verwaltungsangelegenheiten drauf.

Viele Kinder möchten freiwillig wiederholen

Auf dem Schreibtisch der Realschulleiterin fänden sich bereits etliche Anträge von Eltern, deren Kind freiwillig eine Klasse wiederholen möchte. Auch im Schulausschuss am Montagabend war der Umgang mit den Corona-Folgen ein zentrales Thema. Wie kann man die Defizite der Kinder auffangen?

Ein Zusammenschluss der Wittener Schulleiter und Schulleiterinnen hat sich die Bildungsinitiative „Wi Care“ überlegt. Gemeinsam wolle man zum Beispiel stärker auf die Förderprogramme von Stiftungen zugreifen und den Übergang zwischen den Schulformen erleichtern. Das sei ein Anfang. „Auf jeden Fall müssen wir uns mehr um die Kinder kümmern“, so Dirk Gellesch.

Kaum Corona-Fälle an Wittener Schulen

Die Wittener Schüler werden alle zwei Tage auf das Coronavirus getestet. Die Grundschüler lutschen dabei 30 Sekunden auf einem Abstrichstäbchen – dem Lollitest. Über Nacht untersucht ein Labor diese PCR-Tests. Sie gelten als weit zuverlässiger als die Schnelltests für die weiterführenden Schulen. Dort muss jeder Schüler selbst einen Abstrich in der Nase durchführen.Zurzeit ist das Infektionsgeschehen an den Wittener Schulen ruhig. Es gibt laut Kreisgesundheitsamt lediglich einen Fall an der Grundschule Hellwegschule.

In zwei Anträgen stimmte der Schulausschuss für Kooperationsverträge, die den Weg in den Beruf erleichtern könnten. Künftig sollen die Oberstufen von Gymnasien und Gesamtschulen mit der Initiative „Arbeiterkind.de“ zusammenarbeiten, die Kinder von Nicht-Akademikern unterstützt. Ehrenamtliche betreuen die Schüler und helfen zum Beispiel bei Bewerbungen für die Uni. Als Pendant dazu gibt es demnächst eine Kooperation zwischen Schulen, der Handwerkskammer und der IHK. Diese Berufsberatung noch während der Schulzeit soll stärker über Ausbildungsberufe und duale Studiengänge informieren. Eine Idee der Wittener CDU, um so auch den Fachkräftemangel im Handwerk und den Wittener Firmen zu begegnen.