Witten. Corona verschont auch die Wittener Tage für neue Kammermusik nicht. Sie beginnen Freitag als Radio- und Online-Festival. Was Musikfans erwartet.

Freunde avantgardistischer Klänge freuen sich auf Freitagabend: Dann beginnen die 53. Wittener Tage für neue Kammermusik. In Corona-Zeiten können sie leider nicht vor Ort stattfinden, sondern ausschließlich als Radio- und Online-Festival. Sonst bleibt Harry Vogt, WDR-Redakteur und künstlerischer Leiter der Kammermusiktage, den Prinzipien der Festspielidee treu. Sechs Konzerte bilden den Kern der drei Tage, bestückt mit 30 Uraufführungen von Komponisten aus 15 Ländern und flankiert von einem üppigen Rahmenprogramm.

Das Festival steht unter keinem bestimmten Motto. Dafür wird, wie gewohnt, ein Komponist mit drei großen Werken und einem Portrait-Konzert besonders herausgestellt. Das ist diesmal der Franzose Brice Pauset, der gleich am Eröffnungsabend ab 22.30 Uhr mit seiner an Hitchcocks „Vertigo“ angelehnten „intermedialen Komposition für Ensemble in sechs Gruppen, 18 Bild-Modulen und Elektronik“ einen audiovisuellen Leckerbissen verspricht. In Corona-Zeiten eine organisatorisch ungewöhnlich aufwendige Produktion, da die international Mitwirkenden nicht nach Witten reisen konnten.

Jasmin Vogel vom Kulturforum Witten hofft, der neuen Musik einen noch größeren Raum geben zu können

Harry Vogt, künstlerischer Leiter der Wittener Tage für neue Kammermusik, nahm online an der Pressekonferenz zur Traditionsveranstaltung teil. Jasmin Vogel (re.), Chefin des Wittener Kulturforums, freut sich mit Frederike Hansen vom  Kulturforum (li.) und Juana Andrisano (Mi.) vom Kulturbüro Witten auf den Beginn der Musiktage.
Harry Vogt, künstlerischer Leiter der Wittener Tage für neue Kammermusik, nahm online an der Pressekonferenz zur Traditionsveranstaltung teil. Jasmin Vogel (re.), Chefin des Wittener Kulturforums, freut sich mit Frederike Hansen vom Kulturforum (li.) und Juana Andrisano (Mi.) vom Kulturbüro Witten auf den Beginn der Musiktage. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

So wurde die Musik, ausgeführt vom „Klangforum Wien“, in Wien aufgezeichnet, anschließend in Paris elektronisch ver- und bearbeitet, die Filmsequenzen in Berlin angefertigt und die Ergebnisse in Köln zusammengefügt. Ähnliche Probleme bereitet Klaus Langs und Sabine Maiers „Lichtspielszene“ für Ensemble und projiziertes Licht, die am Samstag (24.4.) ab 20.04 Uhr gesendet wird. Hier wurden in Stuttgart die Musikbeiträge produziert und in Wien die Lichtinstallationen. Wobei Harry Vogt die Online-Präsentationen nicht nur als Problem sieht, sondern als Chance, neue Formate zu entwickeln. Mit dieser Einstellung trifft er sich auf ganzer Linie mit den Teams des Wittener Kulturforums, des Saalbaus und der Stadt.

Jasmin Vogel, Vorständin des Kulturforums Witten, verspricht sich davon, den internationalen Ruf, den Witten durch die Kammermusiktage genießt, durch weitere Projekte festigen und der neuen Musik im Wittener Musikleben einen noch größeren Raum geben zu können. Dabei erhofft sie sich wichtige Impulse von Alissa Krusch, der „Managerin für digitale Transformation“, die die öffentlichen und social-media-Bereiche der Stadt weiterentwickeln will. Dass das Festival unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie ohne künstlerische Einbußen realisiert werden kann, habe, so Harry Vogt und Jasmin Vogel einhellig, den WDR und die Stadt Witten in ihrer bewährten Zusammenarbeit noch enger zusammengeschweißt.

Im „Schwesternpark“ am EvK Witten können zwölf Künstler ihre Arbeiten zeigen

Hier findet man das komplette Musikprogramm

Das komplette Programm der Wittener Tage für neue Kammermusik findet man online unter www.wdr3.de, www.wittenertage.de oder www.kulturforum-witten.de. Alle Konzerte und der erste Teil der sogenannten Schwesternparkmusiken werden als Radio- und als Videostream-Präsentationen angeboten.

Die Sendetage auf WDR 3: Freitag (23.4.), 20.04 Uhr bis 24 Uhr: Konzerte 1-2, Schwesternparkmusik 1-2. Samstag (24.4.), 18.04 Uhr bis 22 Uhr: Konzerte 3-4, Dialog-Portrait und Schwesternparkmusik 3
Sonntag (25.4.), 20.04 Uhr bis 24 Uhr: Konzerte 5-6, Schwesternparkmusik 4, Newcomer Konzert.

Die Absicht, mit verschiedenen Performances und Installationen neue Kunstformen an verschiedenen Aufführungsorten in das Wittener Alltagsleben zu tragen, lässt sich diesmal nur eingeschränkt umsetzen. Zwar bietet in diesem Jahr der malerische „Schwesternpark“ am Evangelischen Krankenhaus zwölf Künstlerinnen und Künstlern aller Genres die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu zeigen. Doch sind die Projekte nicht vor Ort zu erleben, sondern nur im Radio, der erste Teil am Freitag (23.4.) auch online. Los geht es am Freitagabend ab 20.04 Uhr mit einem Konzert des „Quatuors Diotima“, das denkbar unterschiedliche Möglichkeiten des Streichquartetts, teilweise auch elektronisch verfremdet, erproben will: virtuos, versponnen, zukunftsweisend und/oder raumgreifend.

Das WDR-Sinfonieorchester beendet den Konzertreigen traditionell am Sonntag ab 21.30 Uhr unter anderem mit einem Klavierkonzert von Brice Pauset. Ab 23 Uhr stellen sich noch Nachwuchskräfte des „Ensembles Modern“ mit einem Newcomer-Konzert vor.