Witten. Das NRW-Innenministerium hat den Verein „Bandidos MC Hohenlimburg/Witten“ verboten. Gibt es wirklich Rocker in der Ruhrstadt?

Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat am Donnerstagmorgen (15.4.) eine Rockergruppierung verboten und aufgelöst: Den Verein „Bandidos MC Hohenlimburg/Witten“ und die dazu gehörende Teilorganisation „Los Compadres Hagen“. Deren Mitglieder stehen im Verdacht, schwere Straftaten verübt und eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Als Wittener muss man da erstmal schlucken: Rocker in der Ruhrstadt?

Witten ist an diesem Tag groß in den Schlagzeilen: „Bandidos in Witten verboten“ oder „Wittener Bandidos verboten“ heißt es, nachdem NRW-Innenminister Herbert Reul am Morgen eine Pressekonferenz gegeben hatte. Zuvor war die Polizei um 6 Uhr morgens mit massiven Einsatzkräften gegen die Rockerszene vorgegangen. Innenminister Reul erklärt: „Auf das Konto der Mitglieder gehen versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung sowie zahlreiche Verstöße gegen das Waffengesetz. Es gab Schießereien auf offener Straße. Die Rocker spielen mit dem Leben von unschuldigen Menschen und bedrohen die öffentliche Sicherheit.“

Bandidosclub „Hohenlimburg/Witten“ hat 28 Mitglieder

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28 Immobilien wurden nahezu zeitgleich durchsucht, in Hagen, Dortmund, Lünen, Lüdenscheid, Altena, Schwerte und Köln. 488 Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz, darunter Kräfte der Spezialeinheiten und der Bereitschaftspolizei. Sie beschlagnahmten das Vereinsvermögen. Sichergestellt wurden bisher unter anderem mehrere Motorräder, Kutten und geringe Mengen Betäubungsmittel.

Die Polizisten überbrachten zeitgleich das Vereinsverbot, das sich gegen 28 Mitglieder des „Bandidos Motorcycleclub Hohenlimburg/Witten“ und seiner Teilorganisation „Los Compadres Hagen“ richtet. Geleitet wurde der Einsatz vom Polizeipräsidium Dortmund.

Keine Durchsuchungen in Witten

Diese Motorräder beschlagnahmte die Polizei.
Diese Motorräder beschlagnahmte die Polizei. © Alex Talash | Alex Talash

Auf Nachfrage bei der dortigen Polizeipressestelle erfährt man: Durchsuchungen in Witten gab es nicht. Es ist auch kein Bandidos-Mitglied mit Adresse in Witten bekannt. Auch beim Innenministerium kann man sich die Namensgebung nicht erklären. Volker Schütte von der Bochumer Polizeipressestelle, die sich um die Sicherheit der Wittener kümmert, sagt: „Die Bandidos nennen öffentlich ihre Clubheime. Aber in Witten ist uns keines bekannt.“ Alteingesessene Wittener können sich allerhöchstens an einen Motorradtreff im Papenholz erinnern.

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Eine mögliche Erklärung: Der jetzt verbotene Wittener Verein mit 28 Mitgliedern ist die Nachfolgeorganisation des Bandidos-Chapters MC Hagen, der sich im März 2019 selbst aufgelöst habe. Das legt ein Eintrag auf der Internetseite der Bandidos nahe, auf der im Mai 2019 zur Gründung des Wittener Chapters des Motorcycleclubs gratuliert wird. Auch das Vereinsheim soll sich in Hagen befunden haben.

Null-Toleranz-Strategie

Das Vereinsverbot ist Bestandteil der „Null-Toleranz-Strategie“ von Innenminister Herbert Reul. Er betont: „Es ist die Pflicht des Staates, hier durchzugreifen und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“

„Brutal ausgetragene Feindschaften duldet die Polizei nicht. Das Gewaltmonopol hat der Rechtsstaat, nicht die Rocker.“

In Hagen gibt es immer wieder Vorfälle zwischen den Rockergruppen des „MC Hohenlimburg/Witten“ und den „Freeway Riders Hagen“. Am Landgericht Hagen sitzen zurzeit in zwei Prozessen mehrere Bandidos-Rocker wegen Schießereien, Rauschgift- und Waffenbesitz sowie wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung auf der Anklagebank. Eine Anklage lautet auf versuchten Mord: Am 28. und 29. September 2018 fielen mehrere Schüsse in Hagen. Geschossen wurde wie im Wilden Westen: Aus einem fahrenden Wagen auf ein anderes Auto. Glücklicherweise verfehlten alle Kugeln ihr Ziel.

In Witten sei so etwas noch nicht vorgekommen, betont Polizeisprecher Volker Schütte: „Witten ist bandidosfrei. Erst Recht nach dem Vereinsverbot.“