Witten. Einen Online-Supermarkt haben Ibrahim Sabun und Farset Kaedi in Witten gegründet. Sie versprechen, in 60 Minuten zu liefern. Ist das machbar?

Mit einem vollmundigen Versprechen ist in dieser Woche der erste Online-Supermarkt in Witten gestartet. Der „Mahlzeit“-Lieferdienst verspricht, seinen Kunden die bestellten Waren in nur einer Stunde bis vor die Haustür zu bringen. Das Interesse der Wittener ist offenbar groß: Die Fahrerflotte der Firma musste schon nach zwei Tagen erweitert werden.

Ibrahim Sabun (21) und Farset Kaedi (24) sind die Köpfe hinter dem Start-up-Unternehmen. Bei einem Besuch in Bommern trafen sie in einem Treppenhaus auf eine schwer bepackte ältere Dame und halfen ihr, die Tüten hochzutragen. Da könnte man doch einen Service draus machen, dachten sich die beiden, und hatten gleich viele Ideen im Kopf. Bis zur Geschäftsgründung ging dann aber noch fast ein halbes Jahr ins Land. „Wir haben geplant, gerechnet und Lieferanten gesucht“, erzählt Sabun.

Der Supermarkt hat die üblichen deutschen Marken im Sortiment, aber auch eine Abteilung mit orientalischen Lebensmitteln.
Der Supermarkt hat die üblichen deutschen Marken im Sortiment, aber auch eine Abteilung mit orientalischen Lebensmitteln. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bei Dutzenden von Besuchen in verschiedenen Läden hätten sie überlegt, was sie ins Sortiment aufnehmen wollen und dann oft aus dem Bauch raus entschieden. Denn: Vom Fach sind beide eigentlich nicht. Sabun hat in der elterlichen Pizzeria gearbeitet, Kaedi ein Transportunternehmen geleitet. „Aber jetzt konzentrieren wir uns ganz auf den Online-Supermarkt“, sagt Kaedi.

Wittener Gründer planen Zusammenarbeit mit einem Bäcker

Im Wullener Feld 71 fanden sie eine geeignete Lagerhalle: 600 Quadratmeter groß, gut angebunden. „Den Vermieter mussten wir erst von unserer Geschäftsidee überzeugen, das war gar nicht so einfach“, so die beiden Geschäftsführer schmunzelnd. Inzwischen ist die Halle voll mit Regalen und Getränkekisten, was kalt lagern muss, liegt in Truhen und einem separaten Kühlraum.

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850 Produkte hat „Mahlzeit“ aktuell im Programm, täglich kommen etwa zehn dazu – auch nach den Wünschen der Kunden. Es gibt Obst und Gemüse, Konserven, Hygieneartikel, Süßigkeiten, Milchprodukte, nicht so viel Auswahl wie im Laden, aber ausreichend für den täglichen Bedarf. Den Großteil der Ware bezieht der Lieferdienst über den Edeka-Großhandel. „Wir führen Markenprodukte aber auch die Gut&Günstig-Linie, alles ohne Aufschlag zu normalen Supermarktpreisen“, erklärt Sabun. Frischfleisch gibt es nicht, aber abgepacktes. Auch Brot und Brötchen kommen bislang noch nicht frisch vom Bäcker, aber: „Das soll kommen, wir arbeiten gerade an einer Kooperation.“

Geliefert wird von acht bis 21 Uhr

Alle Bestellungen – online oder telefonisch – werden in der Halle in Kisten verpackt und dann umgehend ausgeliefert, in der Woche von 8 bis 21 Uhr, samstags bis 18 Uhr. In einer Stunde soll alles beim Kunden sein, so das Versprechen – und zwar überall in Witten und im Umkreis von 15 Kilometern. Ist das wirklich machbar? „Ja, ist es, das haben wir diese Woche bewiesen“, versichert Sabun. „Und je mehr Bestellungen wir bekommen, desto mehr Mitarbeiter werden wir einstellen.“ Derzeit sind es sieben, die Flotte der Lieferwagen wurde nach zwei Tagen von drei auf fünf erweitert. „Wir stecken den Gewinn in die Expansion der Firma.“

Aus den ursprünglich drei geplanten Lieferwagen sind inzwischen schon fünf geworden.
Aus den ursprünglich drei geplanten Lieferwagen sind inzwischen schon fünf geworden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ein zweiter Standort sei denkbar, aber auch der weitere Ausbau durch Investoren. Vielleicht ja sogar nach Berliner Vorbild? Da hat der Lebensmittel-Lieferdienst „Gorillas“ in nur neun Monaten einen kometenhaften Aufstieg hingelegt: Er wird mit einer Milliarde Euro bewertet, Konzerne reißen sich weltweit darum, investieren zu dürfen. 245 Millionen Euro konnten schon eingesammelt werden.

Erste Bestellungen trudelten schon um Mitternacht ein

Auch wenn es in Witten um andere Summen geht: Die beiden jungen Geschäftsführer sind dankbar, dass das Geschäft so gut angelaufen ist. Denn bei allem Optimismus: Sie hatten schon Sorge, ob ihr Konzept angenommen wird. „Ich habe zwei Tage nicht geschlafen“, gibt Sabun zu. Doch wenige Minuten, nachdem Samstagnacht die Homepage online ging, trudelten bereits die ersten Bestellungen ein. „Wir konnten es kaum glauben.“

Online, telefonisch oder persönlich

Das Angebot des Lieferdienstes ist im Netz unter mahlzeit-supermarkt.de zu finden. Bestellt werden kann aber auch telefonisch: 02302/5856433 Ein Kundenberater hilft dann bei der Auswahl.

Geliefert wird ab einem Mindestbestellwert von 25 Euro, bezahlt werden kann unter anderem per Paypal, aber auch an der Haustür bar oder mit EC-Karte. Auch ein Einkauf oder die Abholung im Lager am Wullener Feld 71 ist möglich.

Übrigens: Auch Rewe Kesper und Rewe Lenk bieten einen Lieferdienst, zudem liefert der Online-Supermarkt „Picnic“ neuerdings in Teilen von Witten.

Die Mahlzeit-Gründer sind überzeugt, dass ihr Geschäft eine Zukunft hat – nicht nur in Corona-Zeiten. Es werde ja immer mehr online bestellt. „Das Angebot ist für viele Menschen eine Entlastung“, sagt Farset Kaedi. Interessant sei es vor allem für die, die nicht raus können oder wollen – und für alle, die lieber etwas anderes machen als einkaufen. „Deswegen ist unser Slogan ja auch: ,Buch dir Freizeit’.“