Witten. Die Machbarkeitsstudie zum Neubau der Ruhrbrücken in Witten-Herbede liegt vor. Die Empfehlung: Acht Monate Sperrung bei Einsatz von Fertigteilen.
Wie und wo sollen die neuen Ruhrbrücken Witten-Herbede und Heven verbinden? Der Bauherr Straßen.NRW und die Bürger, die sich im Arbeitskreis Herbeder Brücken zusammengeschlossen haben, sind uneins: nördlich oder südlich des bestehenden Bauwerks? Mit vorheriger Erneuerung der Lakebrücke oder einer Abfahrt für den Schwerlastverkehr? In einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses (22.3.) stellte Straßen.NRW mehrere Varianten in einer Machbarkeitsstudie vor. Vieles spricht für die Nordvariante.
Allen sitzt die Zeit im Nacken. „Wir müssen eine Entscheidung noch in diesem Sommer treffen“, so Stadtbaurat Stefan Rommelfanger. Die Brücke sei in so einem schlechten Zustand, sie könne jeden Moment außer Dienst genommen werden. „Dann hätten wir das, was wir nicht wollen, eine Sperrung des Ortsteils.“
Straßen.NRW startet bereits mit den Planungen
Deswegen startet der Landesbetrieb nächste Woche bereits mit den Planungen seiner favorisierten Version: eine Fertigteilbrücke über die Bahntrasse sowie die eigentliche Ruhrbrücke nördlich der bestehenden (ein Stück näher in Richtung Autobahn gerückt). Diese Planungen erfolgen unabhängig vom Ausgang der Diskussionen, die noch folgen werden.
Auch interessant
Straßen.NRW verspricht, auch die vom Bürgerkreis favorisierte Südvariante zu prüfen, die nahe der Brennerei Sonnenschein startet und über das Gelände der türkischen Moschee führt. Nach dem Motto „Erst Neubau, dann Abriss“ entfiele eine Sperrung. Die Südvariante würde komplett auf privatem Baugrund entstehen. Mit allen Grundstückseigentümern wolle man bis zum Sommer sprechen und ein Kaufangebot abklopfen.
Auch interessant
Die Chancen, diese Pläne zu realisieren, schätzt der Landesbetrieb aber gering ein. Nach geltendem Baurecht könne man bei einem Ersatzneubau nicht enteignen, so Planungsleiter Thomas Schittkowski. Würde auch nur ein Eigentümer nicht verkaufen wollen, sei die Variante unmöglich.
Drei Versionen der Nordvariante mit Neuerungen
Auch interessant
So kommt es, dass Markus Gabler vom Ingenieurbüro Arup, das die Machbarkeitsstudie erstellt hat, nur drei Versionen der Nordvariante präsentiert. Diese aber bergen viele Neuerungen – und gehen von einer Vollsperrung unter einem Jahr aus. Wohlgemerkt: Bevor Landesbauminister Hendrik Wüst sich im September eingeschaltet hatte, sollte Herbede erst drei bis vier Jahre, später 24 Monate, vom Rest Wittens abgeschnitten sein. 5,2 Mio Euro hätte diese Ursprungs-Variante gekostet.
+++Wie geht es unseren Lesern nach einem Jahr Pandemie? Das wollen wir herausfinden. Wir würden uns freuen, wenn Sie dazu an unserer Umfrage teilnehmen+++
Markus Gabler teilt den Brückenzug in zwei Teile. Unproblematisch ist die Querung über die Ruhr. Sie könnte erbaut werden, während der Verkehr über die alte Trasse rollt. Aus Platzmangel gestalten sich Abriss und Erneuerung der Omega-Brücke über die Bahngleise als schwierig. Hierzu gibt es drei Varianten:
Behelfsbrücke wäre nur einspurig
- Einsatz einer Fertigteilbrücke: 6,5 Millionen Euro kostet diese Brücke, für den Einbau der vorgefertigten Elemente wäre eine Sperrzeit von acht Monaten plus Puffer erforderlich.
- Paralleler Neubau mit Querverschub: Die neue Brücke würde parallel errichtet und nach Abriss der Omegabrücke an deren Stelle geschoben. Das kostet 8 Mio Euro, denn man muss Lager und Gründung doppelt errichten und auch wieder zurückbauen. Die Sperrzeit verkürzt sich auf sieben Monate.
- Behelfsbrücke: Sieben Millionen würde es kosten, eine neue Omega-Brücke zu errichten und den Verkehr auf einer daneben liegenden Behelfsbrücke parallel weiterfließen zu lassen. Die SPD hatte eine solche Pontonbrücke vorgeschlagen. Markus Gabler warnt vor dieser Variante: „Aus Platzgründen wäre die Behelfsbrücke nur einspurig, der Verkehr müsste mit einer Ampel geregelt werden. Das würde zu langen Rückstaus bis in den Herbeder Ortskern führen.“
Stadtbaurat regt „gewerblichen Abzweig“ an
Der Sachverständige und auch Straßen.NRW empfehlen den Fertigteileinsatz und die Nordvariante. Diese habe laut Magnus Gabler sogar eine „verkehrstechnisch bessere Straßengeometrie als die jetzige Brücke“. Steffen Scholz, Leiter der Abteilung Straßenbau, sagt ganz deutlich: „Es gibt keine negativen Aspekte, die gegen die Nordvariante sprechen.“
Auch interessant
Der Rat der Stadt Witten muss dazu noch eine Empfehlung aussprechen. Stadtbaurat Stefan Rommelfanger macht allerdings mit zwei Ergänzungen einen Mix aus Nord- und Südvariante schmackhaft. Dieser böte die Chance für einen Abzweig, der zwischen den Brücken zur Von-Elverfeldt-Allee führt. Der Schwerlastverkehr könnte dort abbiegen und würde nicht länger durchs Dorf Herbede fahren.
Zweiter Pluspunkt wäre eine neue Lakebrücke: Als Trostpflaster für die Sperrung würde das Land den Herbedern eine neue Freizeitbrücke für Radler und Fußgänger spendieren. Würde man auf die Behelfsbrücke oder die südliche Variante setzen, wäre dieses Geschenk vom Tisch.