Witten. Warum sich eine städtische Baum-Kontrolleurin große Sorgen macht und Jungbäume mit Plastiksäcken gerettet werden: ein Schadensbericht aus Witten.
Der vor wenigen Tagen vorgestellte Waldzustandsbericht 2020 zeigt: Deutschlands Waldbäumen haben die vergangenen drei trockenen Sommer, Borkenkäfer und Stürme schwer zugesetzt. Was auch auf Wittens Wald zutrifft. Und nicht nur auf ihn. Auch Straßenbäume und öffentliche Grünanlagen in der Stadt leiden unter dem Klimawandel. „Man kann nicht so schnell nachpflanzen wie Bäume wegsterben“, sagt Heike Grunow, städtische Baum-Kontrolleurin.
Die Grünexpertin steht im Stadtpark vor einem Naturdenkmal, einer rund 20 Meter hohen, schätzungsweise 120 Jahre alten Blutbuche. Ihr Stamm wird gerade durch einen Pilz zerstört. „Der Stamm fault weg, da kann man nichts machen“, sagt Grunow. In rund fünf Jahren werde der Baum durch den Pilz so stark geschädigt sein, dass er gefällt werden müsse. Traurige Aussichten.
Rund 50 Bäume im Stadtpark seien um die 100 Jahre alt, schätzt die Expertin. Baum-Veteranen sozusagen, die Kriege überlebt haben und jetzt von Trockenheit gestresst werden. Was Bäume allgemein anfällig für Krankheiten macht, was Äste und ganze Baumriesen vertrocknen lässt. All dies mache sie als Gärtnerin traurig, sagt Heike Grunow.
An der Berghauser Straße in Witten-Herbede gibt es viel toten Fichtenwald
Was der Borkenkäfer anrichten kann, dessen Vermehrung durch die Trockenheit begünstigt wird, ist nach ihren Angaben unter anderem an der Berghauser Straße in Herbede zu sehen. „Da ist ganz viel Fichtenwald tot.“ Insbesondere Bäume, die an Böschungen stehen oder auf felsigem Grund - wie etwa die alten Buchen am Bergerdenkmal auf dem Hohenstein - hätten Probleme mit der Wasserversorgung.
Eigentlich würden Wittens Bäume einen monatelangen Nieselregen benötigen, erklärt die Baum-Kontrolleurin. Starke Regenfälle, wie sie jetzt oft üblich sind, würden häufig nicht viel zu ihrer Wasserversorgung beitragen, weil trockener Boden bei starken Regengüssen oft einfach weggeschwemmt werde.
Auf dem Hohenstein, so Grunow, müssten 90 Bäume gepflegt werden. Dies heiße unter anderem, dass trockene Äste zu entfernen sind, bevor sie nach unten auf Spazierwege fallen. Platanen im Stadtgebiet würden aufgrund der trockenen Sommer unter der Krankheit Massaria leiden. Verursacher ist ein sogenannter Schlauchpilz, der vor allem schon geschwächte Äste und Zweige befällt. Heike Grunow: „Das führt zu einem raschen Absterben der Äste.“ Dies betreffe vor allem Platanen, die an Straßen stehen - wie etwa an der Husemannstraße.
2020 wurden 120 Bäume in Witten durch die Stadt gepflanzt
Müssen Bäume aufgrund ihrer Schädigungen gefällt werden, erhält das zuständige Betriebsamt immer wieder viele Anfragen besorgter Bürger. „Die Menschen können aber davon ausgehen, dass die Stadt nur kranke und geschädigte Bäume entfernt“, betont Carsten Heier, der als Garten- und Landschaftsbaumeister im Betriebsamt für den Baumschutz zuständig ist. So seien etwa Fällungen entlang des Rheinischen Esels notwendig gewesen.
Im vergangenen Jahr habe man in der Stadt aber auch rund 120 Bäume gepflanzt, allein über 80 am Hauptfriedhof, sagt Heier. Was er traurig findet: In Witten gebe es auch Menschen, die Jungbäume bewusst beschädigten. „Das war im letzten Jahr beim ehemaligen Güterbahnhof an der Pferdebachstraße so. Da hatte jemand eine Axt mitgebracht.“
Wenn der Hundekotim Baum landet
Was Baum-Kontrolleurin Heike Grunow ärgert: „Es gibt Menschen, die entsorgen ihren Hausmüll in öffentlichen Grünanlagen.“ Auch Beutel mit Hundekot würden einfach auf Spazierwege geworfen und würden sogar in Bäumen gefunden. Spreche man jemanden auf so ein Verhalten an, reagiere derjenige oft aggressiv. Hundebesitzer würden ihre Tiere auch über Wiesen laufen und ihr Geschäft erledigen lassen, auf denen Kinder spielen - etwa im Lutherpark, im Stadtpark und auf dem Hohenstein.
Weil der Klimawandel fortschreitet und Trockenheit Bäumen weiter zusetzen wird, erprobt die Stadt derzeit Plastiksäcke. Sie werden an Stämme von jungen Bäumen angebracht und versorgen diese dann mit Wasser. Im vergangenen Sommer wurden so zum Beispiel junge Linden und Ahorne auf dem Lärmschutzwall an der Elberfelder Straße in Bommern versorgt. Carsten Heier: „Es funktioniert. Wir wollen weitere Säcke einsetzen.“