Witten. Seit Montag sind die Schulen in Witten offen. Die einen halten diese Entscheidung für verfrüht, für andere ist sie überfällig. Zwei Meinungen.
Ist die eingeschränkte Schulöffnung Fluch oder Segen? Auch in unserer Redaktion gehen die Meinungen weit auseinander. Das denken zwei unserer Redakteurinnen:
Contra: Die Meinung von Jutta Bublies:
Jugendliche der Abschlussklassen und Grundschüler sind zurück in den Schulen; Kitas gehen fast wieder zum Regelbetrieb über: Dieses scheinbare Zurück-zur-Normalität bereitet vielen Lehrkräften und Erziehern verständlicherweise große Sorgen. In Zeiten, in denen die Inzidenzwerte wieder steigen, die britische Corona-Mutation auch in NRW angekommen ist, ist die verordnete Rückkehr zu Schulen und Kitas eine Fehlentscheidung. Was man von England lernen konnte: Die britische Virus-Variante ist deutlich ansteckender und wird oft auch durch junge Menschen übertragen.
Auch interessant
Was nützt es, wenn Schulen und Kitas ein oder zwei Wochen lang Kinder und Jugendliche willkommen heißen, um diese dann wieder nach Hause zu schicken - weil die dritte Corona-Welle anrollt? Das vergangene Jahr war nicht vergnügungssteuerpflichtig. Viele Menschen, auch Kinder und Jugendliche, fühlen sich durch das Virus gestresst, frustriert, klagen über Überforderung und Einsamkeit. Die Politik sieht sich im Zugzwang.
Die NRW-Landesregierung wäre trotzdem sehr gut beraten gewesen, noch einmal wenige Wochen abzuwarten, ob das Land mit den Mutationen nicht direkt auf den dritten Lockdown zusteuert. Mit der jetzigen Öffnung von Kitas und Schulen nimmt die Verbreitung des Virus, wenn es schlecht läuft, noch zusätzlich an Fahrt auf.
Pro: Die Meinung von Susanne Schild
Ehrlich gesagt: Ich hätte keine Woche länger warten wollen, dass mein Kind wieder in die Grundschule geht. Meine Toleranz ist erschöpft, was die Diskussion ums Öffnen oder Schließen der Kitas und Schulen angeht.
+++Keine Nachrichten aus Witten mehr verpassen: Hier geht’s zu unserem kostenlosen Newsletter+++
Denn das Home-Schooling besteht für die Kleinen praktisch nur aus Zettel-Ausfüllen. Immer ähnliche Aufgaben, das dauert höchstens zwei Stunden. Ansonsten ist da nichts: Kein Sportverein, keine Eltern, die Zeit haben, keine Freunde für Sozialkontakte. Dafür ganz viel Tabletgucken, genau das, was Eltern immer vermeiden wollten. An manchen Tagen liegt der Junge über Stunden auf seinem Teppich und hört völlig abgestumpft Hörspiele. Wo ist eigentlich unser aufgewecktes, lebhaftes Kind geblieben? Endlich raus aus der Warteschleife, endlich wieder Tagesstruktur, das war bitter nötig.
Für mich stimmt nämlich die Verhältnismäßigkeit schon länger nicht mehr. Als Eltern erleben wir täglich, was in der Privatwirtschaft möglich ist und im Schulalltag offenbar nicht. Warum fahren Erwachsene auf Dienstreise, aber die vermeintlich „kleinen Infektionstreiber“ sitzen seit Monaten im Kinderzimmer fest? Auch wenn die Sorge um die Ansteckungsgefahr mit im Schulbus sitzt: Die Belange der Kinder zählen diesmal mehr.