Witten/Hattingen. Studentenleben, Lehre auf dem Campus - das war vor der Pandemie. Wie zwei angehende Ärzte ihr Studium in schwierigen Zeiten erleben.
Digitales Lehren und Lernen - darauf setzt auch die Universität Witten/Herdecke seit Beginn der Pandemie. „Wir müssen immer auf Sicht fahren - wie andere auch", sagt Uni-Vizepräsident Prof. Jan Ehlers mit Blick auf die Coronazahlen. Wie sich ein Medizinstudent und eine Medizinstudentin mit einem Online-Studium im Shutdown fühlen.
Erstsemester Linus Bauer kommt aus Köln. Nach dem Abitur machte er zunächst eine Ausbildung zum Krankenpfleger, hat in einer Klinik in Bergisch-Gladbach gearbeitet. Dass er einen Studienplatz für Medizin in Witten bekam, sei für ihn die Erfüllung eines Traums gewesen, sagt der 23-Jährige. Seinen Studienstart hat er sich trotzdem anders vorgestellt. Der Student wohnt nahe der Hochschule, geht gerne im dortigen Pferdebachtal spazieren. „Auch, um die Uni in Corona-Zeiten überhaupt zu sehen."
In Witten wohnt der Student alleine, früher lebte der Kölner in einer Dreier-WG
Mit Linus Bauer haben im Wintersemester 83 junge Leute ihr Humanmedizin-Studium begonnen, erzählt der angehende Arzt. „Die ersten beiden Wochen hatten wir noch Veranstaltungen an der Universität." Dann ging es digital weiter. Deshalb habe er bislang wenig soziale Kontakte. In Witten wohnt er alleine, in Köln war eine Dreier-WG sein Zuhause.
Fürs Onlinelernen, das aus seiner Sicht gut funktioniert, geht Linus Bauer aber nicht zurück nach Hause - wie andere Kommilitonen, die im Corona-Semester soziale Kontakte vermissen. „Ich möchte mich in Witten weiter einleben", sagt Bauer. In der Stadt ist er mit dem Rad unterwegs. Entspannung findet er auch an seinem E-Piano, das mit ihm von Köln nach Witten umzog.
Hattingerin begann ihr Studium während des ersten Shutdowns
Während der Semesterferien möchte der 23-Jährige als Krankenpfleger in einer Klinik arbeiten. Studieren zu können, sei für ihn ein großes Privileg, sagt er. „Darauf habe ich jahrelang hingearbeitet." So geht es auch Caroline Schoppen. Die Hattingerin studiert in Witten im zweiten Semester Humanmedizin. Ihr Studium hat sie 2020 im ersten Shutdown begonnen. Das, was die Wittener Uni auszeichne, der enge Kontakt zwischen Studenten und Dozenten, könne durch Corona nicht stattfinden. „Da fehlt superviel, wenn man sich nicht persönlich treffen kann", findet die 25-Jährige. Die hinzufügt: „Die Lehre ist online gewährleistet. Da gibt es sehr viele, die sich täglich Mühe geben, dass das alles so läuft."
Die Universität sucht in der Stadt nach neuen Räumlichkeiten
Einsam, sagt die Hattingerin, fühle sie sich nicht. „Wegen einer Knieverletzung lebe ich derzeit bei meinen Eltern." Die Pandemie halte sie nicht von ihrem Ziel ab, Ärztin zu werden. Was eine Arbeit im Krankenhaus bedeutet, weiß sie. Caroline Schoppen ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Als Intensivkrankenschwester arbeitet sie auch als Studentin in einem Essener Krankenhaus mit.
Prof. Jan Ehlers, Vizepräsident der Uni Witten/Herdecke, betont, dass das kommende Sommersemester als Hybrid-Semester geplant werde - „also mit Präsenz- und digitaler Lehre. Aber wir fahren in der Pandemie weiterhin auf Sicht". Derzeit sucht die Hochschule in der Stadt nach neuen Räumlichkeiten. Auch mit der Stadtgalerie habe es Gespräche gegeben. Ehlers: „Daraus ist aber nichts geworden." Dass sich das Impfen in der Pandemie positiv auswirke, darauf setzt die Universität im nächsten Wintersemester. Dann soll auch der Uni-Erweiterungsbau aus Holz eröffnet werden.
>>> Studie zeigt: Digitale Lehre funktioniert
Die Studierenden in Deutschland haben die Umstellung der Hochschulen auf die digitale Lehre im vergangenen Jahr überwiegend gut bewältigt. Das zeigt eine Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung.
Demnach hatten 86 Prozent der Studierenden keine oder kaum Probleme bei der Nutzung des digitalen Lehrangebots. Fast 80 Prozent sind dafür technisch ausreichend ausgerüstet. Die Umfrage zeigte aber auch, dass Studierende unter der Isolation leiden. Fast 80 Prozent gaben an, dass ihnen der persönliche Austausch mit Mitstudierenden fehle.