Witten. Es ist ein schweres Jahr für Wirte – eines, das noch böse für manche enden könnte, wie ihr Sprecher in Witten fürchtet. Ein Blick hintern Tresen.

Der verlängerte Lockdown wird viele Wirte an ihre Grenzen bringen. Davon ist Heinz Bruns überzeugt, der Sprecher der örtlichen Gastronomen. „Viele stecken jetzt schon privates Geld in ihre Läden, die Reserven werden knapper“, sagt der Betreiber von Haus Kemnade.

Er selbst habe 2020 zwei Drittel seines Jahresumsatzes verloren, sagt Bruns. Normalerweise stünden bei ihm wie bei vielen anderen Kollegen jetzt die Gänse- und dann die Weihnachtsessen an. „Wenn ich mit einer Nullnummer aus diesem Jahr rauskomme, bin ich schon zufrieden.“

Bruns fürchtet, vor dem Frühjahr werde das Geschäft nicht wieder richtig anlaufen. Doch diese Durststrecke könne für viele Kollegen zu lang sein. Obwohl der Bund Umsatzausfälle übernimmt, könne so manche Pleite drohen. „Aufgeräumt wird im Sommer 2021.“

Dennoch betont Bruns, der auch im Präsidium des Hotel- und Gaststättenverbandes Westfalen sitzt, dass er voll und ganz hinter jeder Entscheidung der Regierung stehe. „Ich vertraue der Politik“, sagt er weiterhin ganz klar . Die Hilfen für November und Dezember seien zumindest für diese Monate großzügig und ausreichend. „Mehr kann der Staat nicht leisten.“

Wittener Wirtin fühlt sich vom Staat im Stich gelassen

Das sehen Doris und Andreas Veit von Haus Fründt ganz anders. Die Hilfsmaßnahmen seien nicht wirklich durchdacht, klagen die beiden Wirte aus der Bellerslohstraße. So werde etwa das Partyservice-Geschäft aus den Novemberhilfen herausgerechnet. „Mit der Begründung, wir könnten doch außer Haus verkaufen. Aber jetzt bucht ja keiner ein Essen für 80 Personen bei uns.“ Von der Hilfe bleibe dann in ihrem Fall nicht mehr viel übrig. „Und bis jetzt ist sowieso noch nichts geflossen.“

Heinz Bruns, Sprecher der Gastronomen und Inhaber von Haus Kemnade, fürchtet, dass viele Gastronomen die Corona-Zeit nicht überstehen werden.
Heinz Bruns, Sprecher der Gastronomen und Inhaber von Haus Kemnade, fürchtet, dass viele Gastronomen die Corona-Zeit nicht überstehen werden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Doris Veit findet, dass die Gastronomie in der Krise ungerecht behandelt und bestraft werde. „Wir haben alle Maßnahmen erfüllt, haben Geld investiert und dürfen trotzdem nicht öffnen.“ Sie fühlt sich vom Staat im Stich gelassen.

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Carmen Alvarez vom „Picasso“, dem Spanier nahe der Lakebrücke, hadert ebenfalls mit den Corona-Regeln. „Im November hätten wir die Gäste problemlos auf der großen Außenterrasse bewirten können. Das Wetter war ja sehr schön. Das ist schon sehr ärgerlich, das wir nicht öffnen dürfen.“

Wittener Wirt schimpft: „Das isteine Frechheit der Regierung“

Auch André Vorderbäumen vom „André’s 1726“ in Herbede hatte sehr darauf gehofft, im Dezember wieder öffnen zu dürfen – und dafür die Schließung im November klaglos in Kauf genommen. Aber so, wie sich die Infektionszahlen entwickelt hätten, sei ihm bald klar gewesen, dass daraus nichts werden kann.

Gänsebraten gibt es bei André Vordenbäumen auch im Lockdown – aber nur zum Mitnehmen.
Gänsebraten gibt es bei André Vordenbäumen auch im Lockdown – aber nur zum Mitnehmen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Überlegung, die Restaurants über die Feiertage zu öffnen – so wie es zunächst im Gespräch war – , bringt ihn in Rage. „Die Politik ruht sich auf unserer Haut aus – das ist eine echte Frechheit der Regierung “, schimpft der Koch. Die Idee ist inzwischen vom Tisch.

Vordenbäumen hätte aber sowieso nicht mitgemacht. „Das wäre überhaupt nicht rentabel gewesen.“ Er will so wie das Ehepaar Veit vom Haus Fründt lieber weiter auf das Außer-Haus-Geschäft setzen und besondere Weihnachtsmenüs anbieten.

Bis jetzt gibt es noch keine Buchungenfürs nächste Jahr

Eine „totale Katastrophe“ nennt Farhad Tabrizi von der Saalbaugastronomie die Verlängerung des Lockdowns. „Das Weihnachtsgeschäft ist für uns komplett verloren.“ Das sei doppelt schlimm: „Im Dezember verdienen wir uns sonst das Polster für die toten Monate Januar und Februar.“

Hilfen fließen auch im Dezember

Das wurde jetzt bei der Konferenz von Bund und Ländern beschlossen: Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen werden auch im Dezember fortgeführt.

Das gilt nicht nur für Gastronomie-Betriebe. Der Bund plant Finanzhilfen für betroffene Unternehmen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro.

Und ob dann im nächsten Frühjahr alles wieder gut wird, daran hat der Geschäftsführer vom Mondo Catering noch große Zweifel. Denn alle Veranstaltungen hätten ja einen Vorlauf von ein paar Monaten. „Aber bis jetzt ist nichts gebucht, absolut null.“ Und wenn eine Reservierung komme, dann immer mit einem großen Fragezeichen. Aber Tabrizi bleibt optimistisch. „Immerhin habe ich jetzt eine erste Anfrage für einen Abiball auf dem Tisch – und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich immer zuletzt.“

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