Witten. Für drei Jahre sagen Lara Bubolz und Julian Frerich Witten ade. Sie gehen mit einem umgebauten Schulbus auf große Fahrt. Das haben sie alles vor.

Den Anblick werden viele Wittener noch kennen. Jahrelang stand der gelbe amerikanische Schulbus an der Autobahn in Heven, um für die Beachvolleyballhalle "Blue Beach“ zu werben. Jetzt darf der Oldtimer von 1989 noch einmal auf große Tour gehen – und was für eine.

Drei Jahre lang wollen die beiden Wittener Lara Bubolz (25) und Julian Frerich (28) mit dem alten Vehikel um die Welt ziehen. Wohin genau? Das wissen sie noch nicht. Der Weg ist ihr Ziel.

Mit Ausblick: Der Bus hat sogar eine kleine Terrasse hinten.
Mit Ausblick: Der Bus hat sogar eine kleine Terrasse hinten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Mit einem VW-Bus hat die Leidenschaft der beiden fürs Leben auf vier Rädern begonnen. Doch zusammen mit Mischlingshund Rusty wurde es bald zu eng im Bulli. Deswegen machte sich das Paar auf die Suche nach einem größeren Gefährt, das zum Wohnmobil umgebaut werden könnte – und stießen auf den Bus an der A 43. Der stand zwar eigentlich nicht zum Verkauf. Aber die ungewöhnlichen Pläne des Pärchens überzeugten Bluebeach-Geschäftsführer Dirk Heemann schließlich doch – und der Bus wechselte den Besitzer.

Das war im Mai 2019. Seitdem haben die beiden am Umbau gearbeitet. Die aufwändigste Veränderung: Das Dach musste um 30 Zentimeter angehoben werden, damit Julian mit seinen 1,95 Meter im Bus stehen kann. Dafür wurde das Dach abgetrennt, die Träger verlängert, alles wieder dichtgemacht und gedämmt. 3,30 Meter ist der Bus nun hoch. „Daran haben wir allein etwa drei Monate gearbeitet.“

Das sieht gemütlich aus: Auf den 14 Quadratmetern kann man es gut aushalten.
Das sieht gemütlich aus: Auf den 14 Quadratmetern kann man es gut aushalten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Der elf Meter lange Bus ist nicht nur ein kleines, gemütliches Wohnzimmer geworden. Er hat auch ein Bad mit Klo und Dusche bekommen, die mit Wasser aus zwei 150 Liter Tanks betrieben wird, eine Küche mit Herd und Backofen, einen kleinen Kamin und sogar Fußbodenheizung.

„Dazu haben wir eine Kupferspirale um den Boiler gewickelt, der mit dem Holzofen geheizt wird“, erklärt Lara das Prinzip im Groben. Möbel und Ausstattung wurden gut festgezurrt oder im Boden verschraubt, damit unterwegs nichts durch die Gegend fliegt.

Bus-Umbau kostete rund 20.000 Euro

Rund 20.000 Euro hat das Paar in den Umbau seines 14 m² großen Zuhauses investiert. Pünktlich zur Abreise am Sonntag (8.11.) ist alles fertig geworden. „Wobei: Fertig sind wir nie“, schränkt Lara ein. „Das ist wie ein Haus – eigentlich eine Dauerbaustelle.“

Losgehen soll es mit dem 9,5 Tonnen schweren Eigenheim auf Rädern nun aber trotzdem. Eigentlich wollten die Weltreisenden in Portugal überwintern. Corona machte ihnen da einen Strich durch die Rechnung. Nun wird es Schweden. Ist es da nicht zu kalt? „Das kriegen wir hin“, da ist sich Lara ganz sicher. Genug Holz zum Heizen müssten sie halt haben. Vorräte sind schon gebunkert. Vollkornmehl etwa, damit richtiges Brot gebacken werden kann.

Wo es danach hingeht, steht noch nicht fest. „Wir wollen da ganz spontan sein“, versichern die beiden. England und Schottland stehen ganz oben auf der Wunschliste. Reizen würde sie auch Neuseeland und Kanada – aber mit dem Bus ist es nicht ganz leicht, dort hinzukommen.

In der Küche gibt es nicht nur Obst – sondern auch einen Backofen.
In der Küche gibt es nicht nur Obst – sondern auch einen Backofen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Aber eigentlich ist es den Auswanderern auch egal, wohin die Reise geht. „Wir wollen auf die Suche gehen, nach einem Ort, an dem wir uns wirklich wohlfühlen und vielleicht auch bleiben wollen. Wir wollen Menschen finden, die ähnliche Ansätze und Visionen haben.“

Wichtig sei nur, dass sie Zeit hätten, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. „Diese unglaubliche Welt zu erkunden und Erfahrungen zu machen, fernab des hektischen Lebens voller sinnfreier Verpflichtungen.“

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Um das erleben zu können, haben die beiden in den letzten Jahren viel gespart. Unterwegs wollen sie aber auch arbeiten. „Da findet sich immer was“, weiß Lara, die freischaffende Künstlerin, aus Erfahrung. Schließlich seien sie schon ein Jahr lang zusammen in Australien unterwegs gewesen. Sie will malen und illustrieren. Julian, der Waldorf-Erzieher, hofft auch auf einen Auftrag für einen Bus-Ausbau – den bieten die beiden inzwischen professionell an.

Reisetagebuch steht im Netz

Wer mag, kann das Abenteuer von Lara und Julian online mitverfolgen. Auf cankuna-campers.de werden die Auswanderer regelmäßig über ihre Reise berichten. Hier gibt es auch Infos über den Bus-Umbau und weitere Projekte.

Cankuna ist übrigens indianisch und bedeutet „Kleiner Weg“. Kleine Wege können die beiden mit dem langen Bus zwar nicht benutzen, dennoch steht der Name des Blogs für ihr Konzept: Sie suchen die schmalen Pfade statt der Autobahnen, die Natur statt der Touristen-Attraktionen.

Sorgen bereitet ihnen eigentlich nur eins: „Dass der Bus schlappmacht.“ Denn den zu reparieren, sei nicht ganz einfach. „Der ist doch ein anderes Kaliber als ein VW-Bus.“ Und worauf freuen sie sich am meisten? „Ganz klar: Die Ruhe“, sagt Lara sofort. Und wenn die ihnen dann doch mal zu viel werden sollte, können sie ja mal bei den Freunden vorbeikommen. Auf dem Weg von Schweden nach Portugal liegt Witten ja quasi auf dem Weg.

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