Den Sommer haben sie trotz Corona noch einigermaßen gut überstanden. Doch vor der kalten Jahreszeit fürchten sich die Wirte in Witten regelrecht.
Nach einem anstrengenden Sommer unter Coronabedingungen, geht es nun für Gastronomen und Hoteliers in einen heißen Herbst mit noch strengeren Auflagen. Martina Kobbeloer von Schloss Steinhausen hat sofort reagiert und ihre sieben für diesen Monat gebuchten Hochzeiten umgehend beim Ordnungsamt angemeldet. Denn das ist seit 1. Oktober bei Feiern mit mehr als 50 Gästen Pflicht.
„Das alles bedeutet noch mehr Verwaltungsaufwand“, sagt Kobbeloer. Sie hat den Newsletter des Landes NRW abonniert, um stets auf dem Laufenden zu sein. „Denn uns informiert ja keiner.“ Nach wie vor habe sie etwa 50 Prozent weniger Reservierungen für große Feiern. Maximal 100 Gäste lässt sie pro Party zu. Die Hälfte der bereits gebuchten Weihnachtsfeiern sei schon abgesagt.
Probleme mit den Gästelisten gibt es auf Steinhausen in Witten nicht
Probleme mit den Listen, in denen alle Gäste aufgeführt sein müssen, damit Infektionsketten zurückverfolgt werden können, gebe es auf Steinhausen nicht. „Die Brautpaare schicken alle ganz akkurate Excel-Tabellen.“ Da unterschreibe keiner mit „Darth Vader“. Dann bekäme er es auch mit Martina Kobbeloer zu tun, die rigoros auf alles achtet. Noch habe sich niemand infiziert.
Im Parkhotel sind keine Reservierungen für Weihnachtsfeiern in Sicht, sagt Direktor Lukas Zeuch. Er sorgt sich, dass in der kälteren Jahreszeit noch mehr Veranstalter Angst bekommen und wegbleiben. Nur ein Viertel der sonst üblichen Hochzeiten und Geburtstage würde gebucht. Im Hotel schwankten die Übernachtungszahlen stark. Im September seien höchstens 50 Prozent der 122 Betten belegt gewesen. „An diesem Wochenende sieht es wegen der Kammermusiktage ganz gut aus“, so Zeuch.
Hoteldirektor: Man kann nicht mal bis zur nächsten Woche planen
Das Hygienekonzept setzen sie ja seit dem Frühjahr um. Wenn nun alles drinnen stattfindet, dann wollen sie im Restaurant mehr aufs Lüften achten. „Das geht gut, da wir an der Terrasse und im Foyer große Schiebetüren haben.“ Die Gästelisten würden zwar kontrolliert, unsinnige Namen seien noch nicht aufgetaucht. „Aber wenn jemand als Peter Schmidt unterschreibt, kann man schwer nachvollziehen, ob er wirklich so heißt.“
Was dem Hoteldirektor auffällt: „Wir müssen immer öfter auf das Tragen der Maske hinweisen.“ Die Leute seien es einfach leid. Was ihn selbst nervt: „Man kann nicht mal mehr von einer Woche zur nächsten planen. Es ist ein Trauerspiel.“ Und überall rieche es nach Desinfektionsmittel.
Wirtin der Herbeder Stadtschänke will auch im Winter ordentlich durchlüften
Das verwendet auch Ulrike Mittelkötter reichlich. „Es geht schließlich um unsere Gesundheit“, sagt die Wirtin der Herbeder Stadtschänke. Deshalb werde auch in der kühlen Jahreszeit ordentlich gelüftet. Dann müssten Gäste eben eine Jacke anziehen. Auch Listen und Masken kontrolliert sie genau, wer sich nicht vernünftig verhält, werde nicht bedient. Zweimal sei das vorgekommen. „Der eine Gast hieß Micky Maus, der andere wollte keinen Mund-Nasen-Schutz tragen“, berichtet sie.
Ansonsten laufe der Betrieb deutlich besser als zu Beginn der Pandemie. Doch die Wirtin tut auch was dafür. Hat eine Lounge-Ecke eingerichtet, die am Wochenende jüngeres Publikum lockt. Bleibt auch mal länger, wenn die Schänke gerade gut besucht ist. Angestellte allerdings, die könne sie sich nach wie vor noch nicht wieder leisten.
Italienisches Restaurant an der Ardeystraße eröffnete trotz Corona neu
Mut in diesen schweren Zeiten beweist Muhammed Erdinc. Vor wenigen Tagen erst hat er sein Restaurant „La Casa Rustica“ an der Ardeystraße neu eröffnet. Er wollte es zwar ruhig angehen lassen, hat extra keine Werbung gemacht. Doch nun sei es ihm zu ruhig. Er merkt: „Die Leute haben keine große Lust, sich in die Listen einzutragen, oder am Tresen zu warten, bis sie an den frisch desinfizierten Tisch geführt werden.“
Stadt verhängt „ohne Pardon“ Bußgelder
Private Feiern wie Hochzeiten oder Jubiläen außerhalb der Wohnung und mit mehr als 50 Teilnehmern müssen drei Tage vorher beim Ordnungsamt angezeigt werden. Weiterhin dürfen nicht mehr als 150 Personen teilnehmen. Die Teilnehmerliste muss vor Ort aufgestellt und während der Veranstaltung aktualisiert werden. Die Anzeige kann per Post oder Mail (ordnungsabteilung@stadt-witten.de) erfolgen.
Lückenlose Kontrollen werden zwar nicht möglich sein, so die Stadt. Es wird aber gezielte Stichproben geben, und die Ordnungskräfte werden konsequent Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen. „Es werden ohne Pardon Bußgelder verhängt“, so die Pressestelle.
Obwohl solche Feiern in Witten bisher noch keine (bekannten) negativen Folgen hatten, appeliert die Stadt an alle Bürger, die Bestimmungen der Corona-Schutzverordnung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Im Klimbim an der Wiesenstraße sei die Stimmung bis jetzt ganz gut gewesen, sagt dagegen Kneipen-Chef Franco Sapia. Die Theke ist für Gäste zwar tabu und wo sonst über 100 Fans Fußball schauen, sitzen jetzt nur 20. Aber sonst sei er mit dem Umsatz einigermaßen zufrieden. Richtig Angst habe er vor Herbst und Winter, wenn der Außenbereich nicht genutzt werden kann. Sapia befürchtet: „Die schlechte Zeit fängt jetzt erst richtig an.“
Mondo-Chef: Der eine möchte das Fenster öffnen, dem anderen zieht es
Er freue sich, dass im Saalbau wieder Veranstaltungen stattfinden, sagt Farhad Tabrizi – allein, der Pächter des Mondo hat nichts davon. Er darf das Publikum dort nicht bewirten. „Und auch im Restaurant merken wir nicht viel davon.“ Heißt: Nur wenige Gäste, die es sich im Mondo schmecken lassen, waren vorher im Konzert oder Theater.
„Das hatte ich befürchtet“, sagt der Veranstaltungs-Gastronom mit Blick auf die kältere Jahreszeit. Er merke auch sonst – wie die meisten seiner Gastro-Kollegen – dass die Lust, ins Restaurant zu gehen, mit sinkenden Temperaturen abnimmt. Zwar gebe es eine Lüftung. „Aber gerade da haben viele Angst, dass die Luft zu sehr durcheinandergewirbelt wird. Der eine möchte stattdessen lieber ein geöffnetes Fenster. Der nächste beschwert sich dann, dass es zieht.“
Auf den Kegelbahnen ist wieder etwas mehr Betrieb
Auch in Sachen Weihnachtsfeiern sieht es mau aus: „Wir haben null Buchungen“, so Tabrizi. Zumindest auf den drei Kegelbahnen sei wieder etwas mehr Betrieb. „Ein paar Clubs sind zurück.“ Doch auch die dürfen nur mit maximal zehn Personen die Kugel rollen lassen oder hinterher noch gemeinsam an einem Tisch im Mondo etwas essen.
Inzwischen hat der Gastronom aus der Not eine Tugend gemacht und funktioniert den hinteren Veranstaltungssaal – das Mondolino – bei Bedarf zum Restaurant um. Dass der Raum auf diese Weise genutzt wird, komme aber höchstens alle zwei Monate mal vor.
Wittener Gastronom hofft auf den Impfstoff, damit sich die Lage entspannt
Dankbar ist Tabrizi, dass es Kurzarbeitergeld gibt. Sein Restaurant- und sein Veranstaltungsleiter seien in Kurzarbeit. Die 25 bis 30 Angestellten, Teilzeitkräfte und Aushilfen wechselten sich bei der Arbeit ab. „Damit jeder mal was verdient.“ Bei der Pacht sei ihm das Kulturforum ein wenig entgegengekommen. „Doch die Nebenkosten sind immens. Die Kühlung läuft, ob fünf oder zehn Kilo Fleisch drin liegen.“ Und 500 Quadratmeter Küche benötige er nicht für 40 Gäste.
Farhad Tabrizi hofft, dass er im Frühjahr oder Sommer 2021 wieder „normal“ arbeiten kann. Er setzt darauf, dass es dann endlich einen Impfstoff gibt.
Auch interessant