Witten. Markus Bürger, Unternehmer in Witten, hat vom Energiekonzern Innogy eine Ruhrinsel gekauft. Dort möchte er künftig seine Freizeit verbringen.
- Der Wittener Unternehmer Markus Bürger hat von Innogy die Bommeraner Ruhrinsel gekauft
- Viele kennen die Insel noch als „VEW“-Insel. Der frühere Energieversorger hatte die Ruhrinsel Ende 1920er Jahre erworben
- VEW-Mitarbeiter durften früher auf der Insel übernachten
- Markus Bürger möchte auf der Ruhrinsel in Zukunft gemeinsam mit seiner Familie seine Freizeit verbringen
Wovon andere nur träumen: Der Wittener Unternehmer Markus Bürger ist stolzer Besitzer einer Insel. Und die liegt quasi direkt vor seiner Haustür. Gekauft hat er die Bommeraner Ruhrinsel vom Essener Energiekonzern Innogy. Für den 46-Jährigen vermutlich das schönste Geschäft seines Lebens. Über den Kaufpreis schweigt der Chef einer Marketingagentur und genießt mit seiner Familie jetzt sein grünes, von alten Bäumen bestandenes 4300 Quadratmeter großes Paradies – direkt gegenüber vom Campingplatz Steger gelegen.
Wenn er auf seine Insel möchte, muss Markus Bürger auf der Seilzugfähre, neben dem Parkplatz von Steger, selbst Hand anlegen. Beim Übersetzen kann er vom Wasser aus einen einzigartigen Ausblick genießen – hoch aufs Bergerdenkmal und die blumengeschmückten Campingstellplätze von Steger. Idylle pur. Schöner geht es kaum, wer denkt da noch ans Verreisen? Die beiden kleinen Töchter des neuen Inseleigentümers jedenfalls nicht, die ihr Eiland in der Ruhr schon im Badezeug in Besitz genommen haben – zusammen mit den Familienhunden Anton und Buma. „In diesem Jahr machen wir wegen Corona keinen Urlaub. Da genießen wir die Insel umso mehr“, sagt Markus Bürger und strahlt.
Albert Ricken, Opa von BVB-Legende Lars Ricken, war auf der Insel Schwimmmeister
Ältere Wittener kennen sein an der Bommeraner Uferstraße gelegenes Eiland noch als „VEW-Insel“. Der frühere Energieversorger hatte die Ruhrinsel 1929 erworben. Sie gehörte lange Zeit zum wenige hundert Meter flussabwärts gelegenen Wasserkraftwerk Hohenstein, das auch im Besitz von VEW war. Nach der Fusion mit der RWE AG im Jahr 2000 gehörte die Insel RWE, letzter Eigentümer war seit 2019 der Energiekonzern Innogy.
Auf der Insel steht auch ein rund 120 Quadratmeter großes Haus, das einst von VEW-Mitarbeitern und deren Familien – bis zum Jahr 2000 – zur Erholung genutzt wurde. Es gab Ruder- und Kanuboote, eine Badestelle, einen Grillplatz und sogar einen kleinen Swimmingpool. Die Ruhrinsel wurde von VEW und später von RWE auch für betriebliche Veranstaltungen genutzt.
Einer der quasi auf der Bommeraner Insel aufwuchs, weil er direkt gegenüber mit seinen Eltern wohnte, ist Campingplatzbetreiber Hans-Peter Steger. Wenn der 75-Jährige von der Insel erzählt, darf Albert Ricken nicht fehlen. Er sei vor rund 60 Jahren bei VEW beschäftigt und auf der Insel auch als Schwimmmeister tätig gewesen, so Steger. „Ich habe bei ihm in der Ruhr das Schwimmen gelernt und eine DLRG-Ausbildung gemacht.“ Albert Ricken sei übrigens der Opa von Ex-Fußballer und BVB-Legende Lars Ricken gewesen.
Über die Wittener Ruhrinsel tollte einst auch ein Affe aus Brasilien
Marketingagenturmit großen Kunden
Markus Bürger hat 2010 zusammen mit Radomir Zecevic das Gebäude des Wittener Hauptbahnhofs gekauft. Im August 2011 konnten die Unternehmer von der Stadt die 1868 erbaute Villa Lohmann an der Ruhrstraße erwerben. Sie ist der Sitz der von Bürger und Zecevic betriebenen Marketingagentur „Time Trax Group“.
Die Firma, die 32 Mitarbeiter beschäftigt, zählt große Unternehmen wie Dr. Oetker, Samsung und Henke l zu ihren Kunden, aber auch die Kölner und die Essener Philharmonie sowie die Wittener Stadtwerke.
Dann erzählt Hans-Peter Steger eine Geschichte, die auch der neue Inselbesitzer Markus Bürger noch nicht kennt: „Albert Ricken besaß früher einen Affen, der aus Brasilien kam und Chico hieß.“ Das Tier sei leider durch eine Stromleitung zu Tode gekommen. Steger schmunzelnd: „Chico wurde auch auf der Insel beerdigt. Ich weiß, wo er liegt, verrate es aber nicht.“ Der Wittener Fotograf Davide Bentivoglio kann noch eine andere Inselgeschichte beisteuern: „Bevor die Kinder in der Ruhr schwimmen durften, wurden sie in einer Wanne, gefüllt mit Ruhrwasser, ,getauft’, die sogenannte Inseltaufe!“
VEW-Mitarbeiter durften einst auch auf dem Eiland zelten oder im Inselhaus in zwei Schlafräumen mit je 14 Betten übernachten, weiß Hans-Georg Thomas, Archivar im Konzernarchiv von RWE in Essen. „Eine Küche mit Haushaltsgeräten stand zur Selbstverpflegung zur Verfügung.“ Vor allem in den 50er Jahren hätten sich VEW-Mitarbeiter wohl gerne mehrere Tage auf der Bommeraner Ruhrinsel erholt, „als man noch nicht die Zeit und das Geld für Urlaubsreisen hatte“. Noch in den 1990er Jahren warb eine Broschüre mit der Ruhrinsel als einem Ort für VEW-Abteilungsausflüge, Dienstjubiläen oder ein langes Wochenende mit der Familie.
1952 fuhr ein Bus vom Dortmunder Hauptbahnhof zur Wittener Insel
Anfang der 50er Jahre gab es noch keinen Wasseranschluss auf der Ruhrinsel. Hans-Georg Thomas: „Die Gäste mussten das Wasser zum Kochen und für die Körperreinigung noch mühsam aus dem benachbarten Wasserkraftwerk mit Kannen holen.“ 1952 habe es im Sommer an jedem Sonntagmorgen um 8.30 Uhr sogar eine Busverbindung vom Dortmunder Hauptbahnhof zur Insel gegeben. Die DLRG habe auf der Insel für VEW-Mitarbeiter Schwimmkurse angeboten. „Von Mai bis September wurde die Insel von einem VEW-Mitarbeiter, dem ,Insel-Chef’, hauptamtlich betreut.“
Markus Bürger, der privat in Wengern lebt, hat also ein Eiland gekauft, auf dem sich vor ihm schon Tausende von Menschen mitten in der Wittener Ruhr erholen konnten. „Auch meine Frau war sofort von der Insel begeistert. Sie soll unser Rückzugsort an den Wochenenden, aber auch in der Woche sein. Diese Insel ist etwas Einmaliges und für uns wie ein Sechser im Lotto“, freut sich Bürger.
Ruhrinsel
Auch interessant