Bis 2005 wurden im alten Kurhaus Vormholz Gäste bewirtet. Die Eigentümer wollen das Anwesen jetzt zur Kita umbauen. Die Stadt winkt aber ab.

Sabine Thomas hat einen ehrgeizigen Plan. Der Herbederin gehört zusammen mit ihrem Mann Heinrich das frühere Kurhaus Vormholz. Bis 2005 gab es dort an der Speckbahn eine Gastronomie, zuletzt unter dem Namen Landhaus Platane. Die Eheleute Thomas wohnen in dem Gebäude an der Speckbahn und möchten es jetzt für eine Nutzung als Kindertagesstätte umbauen. Die Stadt winkt jedoch ab – mit Verweis auf das Baugesetzbuch.

In diesem regelt der Paragraf 35 das Verfahren in einem Außenbereich – im Unterschied zum sogenannten Siedlungsbereich. Die Straße Speckbahn, mitten im Grünen gelegen, ist eindeutig Außenbereich. Rainer Lohmann, Leiter des Bauordnungsamtes, betonte gegenüber unserer Redaktion, dass die Stadt einer Umwandlung des Anwesens in eine Kindertagesstätte nicht zustimmen wird. Mit Hinweis auf den Paragrafen 35 erklärt Lohmann, dass das Bauen im Außenbereich grundsätzlich unerwünscht sei. Im Übrigen gehöre eine Kita in einen Wohnbereich. Wer im Außenbereich ein Gebäude besitze, kann dieses laut Stadt zwar „unter festgelegten Kriterien auch erweitern oder umnutzen“. Eine Umnutzung zu einer Kita sei in Paragraf 35 jedoch nicht vorgesehen.

Kitaprojekt in Witten-Vormholz würde rund eine Million Euro kosten

Das Bild zeigt den Biergarten des ehemaligen Kurhauses Vormholz der Familie Thomas in den 60er Jahren. An der Speckbahn gab es auch Pensionszimmer.
Das Bild zeigt den Biergarten des ehemaligen Kurhauses Vormholz der Familie Thomas in den 60er Jahren. An der Speckbahn gab es auch Pensionszimmer. © FUNKE Foto Services | Quelle: Thomas, Repro: Walter Fischer

Argumente, die Sabine Thomas nicht überzeugen. In ihrem Auftrag hat ein Bochumer Architekturbüro eine Machbarkeitsstudie für eine Kindertageseinrichtung an der Speckbahn erstellt. Thomas, stellvertretende Leiterin einer Hagener Förderschule, schrieb dazu ein pädagogisches Konzept. Drei Kindergartengruppen und eine Kindertagespflege für insgesamt über 70 Mädchen und Jungen könnten ihrer Ansicht nach im ehemaligen Kurhaus einen Kitaplatz finden. Darunter auch eine sogenannte Waldgruppe. „Schließlich liegen wir direkt am Wald.“ Ein teures Projekt, das Sabine Thomas selbst mit rund einer Million Euro veranschlagt. Hätte die Stadt daran Interesse, würden hierfür ja Fördergelder von Land und Bund fließen, so die 61-Jährige.

Gespräche mit der Bürgermeisterin

Im November 2019 hatte sie eine Bauvoranfrage bei der Stadt eingereicht. In diesem Mai sei sie telefonisch von einem Mitarbeiter des Bauordnungsamtes gefragt worden, ob sie ihre Anfrage nicht zurückziehen wolle, da es für diese nicht gut aussehe, berichtet sie. Sabine Thomas möchte ihr Kitaprojekt jedoch nicht zu den Akten legen.

Es fehlen fast 530 Kitaplätze

Aktuell besuchen fast 3170 Kinder in Witten eine Kita. Am 1. August beginnt das neue Kindergartenjahr 2020/21. Um eine Betreuungsquote von 45 Prozent für die unter Dreijährigen zu erreichen, würden in Witten laut Stadt 213 zusätzliche Plätze benötigt. In der Altersgruppe der über Dreijährigen fehlen derzeit 315 Plätze. Macht zusammen 528 fehlende Plätze.

Die Stadt betont, sie arbeite mit Hochdruck daran, weitere Plätze zur Verfügung zu stellen. Diese wird es zum Beispiel im städtischen Kindergarten Vormholz geben, in den Räumen eines ehemaligen Ladenlokals am Vormholzer Ring. Bei der geplanten neuen Kindertageseinrichtung an der Pferdebachstraße im ehemaligen Saunagarten komme es leider zu Verzögerungen bis ins Frühjahr 2021 hinein, so die Stadt. Für die Kinder, die hier betreut werden sollen, wurde eine „Notgruppen-Lösung“ in der ehemaligen Overbergschule gefunden. An der Pferdebachstraße werden später bis zu 53 Kinder Platz zum Spielen und Toben finden.

Auch mit der Bürgermeisterin hatte sie hierzu zwei Gespräche. Zu unserer Redaktion sagte Sonja Leidemann am Dienstag (21.7.), dass eine Umwandlung des ehemaligen Kurhauses, das seit 1923 im Besitz der Familie Thomas ist, rechtlich nicht möglich sei. Leidemann verweist hierbei auch auf einen Wittener, der ebenfalls im Außenbereich ein Haus besaß, das abgebrannt sei. „Er durfte es nicht wieder aufbauen.“

Sabine Thomas möchte nicht den Klageweg beschreiten

Das ehemalige Kurhaus liegt idyllisch im Grünen. Vor dem Haus an der Speckbahn hält auch noch der Schulbus.
Das ehemalige Kurhaus liegt idyllisch im Grünen. Vor dem Haus an der Speckbahn hält auch noch der Schulbus. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Sabine Thomas habe die Möglichkeit, gegen einen Ablehnungsbescheid der Stadt vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg zu klagen. Leidemann: „Wir können aber keine Genehmigung erteilen, die rechtlich auf tönernen Füßen steht.“ An einer Klage hat die Vormholzerin kein Interesse, wie sie betont. Sie bleibt dabei: Die Stadt habe schon Möglichkeiten, die sie aber nicht nutzen würde. Sabine Thomas konnte für ihre Kitapläne Wittens CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Noske, den CDU-Ratsherrn Tobias Grunwald und CDU-Ratsfrau Regina Fiedler interessieren. Fiedler ist auch stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Jugendhilfe und Schule.

Die drei Christdemokraten haben der Bürgermeisterin einen Prüfantrag zur Errichtung einer Kita Speckbahn zukommen lassen. Sie weisen daraufhin, dass im Stadtteil Herbede in den nächsten Jahren – „trotz geplanter Maßnahmen“ – über 80 Betreuungsplätze für Kitakinder fehlten. Die Christdemokraten sind der Ansicht, dass eine Kita Speckbahn ein Alleinstellungsmerkmal in Witten habe – unter anderem mit einer Waldgruppe, individuellen Betreuungszeiten und einer möglichen Über-Nacht-Betreuung. Sabine Thomas: „Ich möchte, dass die Stadt dies noch einmal überdenkt und mit mir einen konstruktiven Weg findet.“