Witen. In Witten und Herdecke wachsen Strommasten für eine Amprion-Trasse in die Höhe. Im November beschäftigt sich damit das Bundesverwaltungsgericht.

Herdecker und Wittener können beobachten, wie Arbeiter hier mit dem Bau einer neuen 380-Kilovolt-Stromtrasse beschäftigt sind. Der Übertragungsnetzbetreiber, das Dortmunder Unternehmen Amprion, arbeitet seit Monaten am Teilstück einer Trasse, die von Kruckel bis nach Dauersberg in Rheinland-Pfalz führt. Auch auf Wittener Stadtgebiet stehen einige neue Masten. Ein Stahlgerüst wächst gerade in der Straße auf dem Schnee in die Höhe. Was Kritiker auf den Plan ruft, die das Amprion-Projekt noch stoppen wollen.

In Herdecke führen die neuen Leitungen durch Wohngebiete, aber auch Grundstücke von 25 Wittener Familien auf dem Schnee sind betroffen. So haben sich Anwohner des Schnees einer Herdecker Initiative angeschlossen, die derzeit eine Klage von Bürgern vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen die Arnsberger Bezirksregierung unterstützt. Hierdurch soll der Neubau der 380-Kilovolt-Freileitungen gestoppt werden. Die Wittener, die sich der Klage angeschlossen haben, fürchten beispielsweise gesundheitliche Schäden durch die Stromtrasse.

Bauarbeiten laufen bereits seit April 2019

Viel Betrieb herrscht derzeit auf dem Schnee, am Semberg, Schraberg, im Gahlenfeld sowie am Herrentisch in Herdecke. Schon seit April 2019 laufen die von der Bezirksregierung Arnsberg genehmigten Bauarbeiten zwischen den Umspannanlagen Dortmund-Kruckel und Hagen-Garenfeld. Die Behörde gab 2018 grünes Licht für die Pläne und Arbeiten in dem bestehenden Trassenraum, um keine neuen Örtlichkeiten in Anspruch nehmen zu müssen.

Nach zwei abgesagten Terminen im Dezember 2019 und April 2020 hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig ein neues Datum für die Herdecker Stromtrassen-Klage veröffentlicht. Am 10. November soll dort die mündliche Verhandlung beginnen. Beklagt ist das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg.

Ende des Jahres will Amprion mit den Arbeiten in Herdecke fertig sein

Die laufenden Bauarbeiten zwischen den Umspannanlagen Dortmund-Kruckel und Hagen-Garenfeld bedürfen vieler Abstimmungen mit anderen Leitungsinhabern (wie Enervie, AVU, Westnetz und Deutsche Bahn), um Passagen freizuschalten. Bauarbeiter haben bereits die alte Amprion-Stromtrasse zwischen dem Herdecker Koepchenwerk und Dortmund-Kruckel fast komplett demontiert und ein Provisorium installiert. Ein Trassen-Rückbau steht in der Zukunft für die lange RWE-Leitung vom Umspannpunkt Herdecke-Ende über den Wittener Kermelberg/Appelsiepen bis hin nach Essen-Eiberg an. Diese Stromtrasse werde mit der Inbetriebnahme der 380-Kilovolt-Verbindung nicht mehr benötigt, so Amprion-Projektleiter Stefan Blödow.

Auf Herdecker Stadtgebiet bis zum Koepchenwerk stehen bald 24 neue Strommasten und ersetzen Vorgängermodelle. Aktuell laufen viele Arbeiten im Waldstück am Herrentisch, wo eine Schneise Flora und Fauna verdrängte. „Hier wenden wir unser Biotop-Management an, in dem es auch um Artenschutz geht", erläutert Amprion-Sprecherin Mariella Raulf und nennt als Beispiel künftige Steinhaufen für Eidechsen. Je mehr Platz zur Verfügung steht, desto breiter und niedriger (zum Beispiel auf einem Kamm) können theoretisch die Stahlkonstruktionen werden. Grundsätzlich, so Raulf, werden auf dem Trassenabschnitt mit Witten und Herdecke bald höhere Strommasten als vorher stehen.

>>> Die Gegner des Leitungsbaus

Die dafür eigens gegründete Prozessgemeinschaft „Herdecke unter Strom" unterstützt die Klage von Privatleuten vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Gegner des laufenden Leitungsbaus wollen bis dahin noch neue Informationen zum Stromtrassen-Vorhaben und dessen möglichen Folgen sammeln.

Die Herdecker Prozessgemeinschaft stellt sich auch die Frage, ob die neue Stromtrasse demnächst Kohlestrom und nicht grünen Strom transportieren wird. Schließlich sei ja gerade erst das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ans Netz gegangen.