Witten. Von der Reinigungskraft zur Assistentin der Geschäftsleitung: Marie-Luise Herzberg arbeitet seit 50 Jahren bei 1970 Gülich in Witten. Sie ist 68.

Bei Marie-Luise Herzberg hat sich immer viel um die Arbeit gedreht. Weil sie diese liebt, weil die Firma auch ihr Leben ist, wie die 68-Jährige sagt. Alles begann am 1. Juli 1970, als die Wittenerin einen Arbeitsvertrag bei der Firma Führer & Gülich unterschrieb, der heutigen Gülich-Gruppe.

Marie-Luise Herzberg hatte nach ihrem Hauptschulabschluss zunächst eine kaufmännische Lehre bei einem Wittener Architekten gemacht. „1970 habe ich dann eine Zeitungsanzeige gesehen, mit der Führer & Gülich eine Sekretärin suchte.“ Sie bewarb sich bei dem Gebäudereinigungsunternehmen, wofür die 18-Jährige damals noch die schriftliche Einwilligung ihrer Eltern benötigte, wie Herzbergs Chef, Jürgen Gülich, schmunzelnd betont. Denn erst ab dem 1. Januar 1975 war man in Deutschland mit 18 volljährig – vorher mit 21 Jahren.

Fräulein Herzberg aus Witten kassierte auch in bar

Die neue Angestellte war in der Firma nicht nur für das Kaufmännische zuständig. Sie organisierte die Glas- und Gebäudereiniger des Betriebes und half auch eigenhändig bei den Reinigungsarbeiten. „Das Unternehmen ist damals richtig gewachsen, wir hatten Aufträge bis nach Gütersloh und Bonn“, erklärt Familienunternehmer Jürgen Gülich. Fräulein Herzberg, wie Marie-Luise Herzberg damals genannt wurde, kassierte auch in bar, wenn das Unternehmen bei Einzelhändlern die Fenster gereinigt hatte. „Barzahlungen waren damals in diesem Bereich üblich.“

Die Frau, die sich mit Fleiß nach oben gearbeitet hat, wurde 2004 schließlich Assistentin der Geschäftsleitung. Die rechte Hand ihres Chefs, Jürgen Gülich, mit dem sie sich sehr gut versteht. „Sonst wäre ich auch nicht mehr hier.“ Seit 20 Jahren engagiert sich Marie-Luise Herzberg nicht nur für ihr Unternehmen, sondern auch im Betriebsrat der Gebäudedienste der Gülich-Gruppe. Sie genießt das Vertrauen der Kollegen und hat auch ein Ohr für deren private Probleme. Sie ist eine gute Vermittlerin und nimmt diese Aufgabe immer noch wahr, obwohl sie das Rentenalter längst erreicht hat.

Heute für die Betriebsratsarbeit freigestellt

Bei der Gülich-Gruppe ist die langjährige Mitarbeiterin weiterhin als 450-Euro-Kraft beschäftigt – und für die Betriebsratsarbeit freigestellt. Als sie innerhalb von neun Monaten ihren Mann, ihre Mutter und die Schwester verlor, hat sie gedacht, sie müsse ihre geliebte Arbeit aufgeben. Die Trauer machte sie krank. Marie-Luise Herzberg ließ sich behandeln – und kehrte schließlich an ihren Arbeitsplatz zurück.

Wenn in ihrer Firma Jubiläen oder Geburtstage anstehen, schreibt sie die Reden und hält sie – äußerst herzlich – auch gleich selbst. Keine Lust auf wirklichen Ruhestand? Da schüttelt Marie-Luise Herzberg lachend den Kopf. „Nein, nur zuhause in Langendreer zu sein, das wäre nichts für mich. Der Betrieb ist auch meine Familie.“