Witten. Die Gewerbesteuereinnahmen brechen in Witten um 40 Prozent ein. Der Kämmerer hofft deshalb auf Millionen aus dem Corona-Schutzschirm.

Die Corona-Krise reißt auch in Witten ein gehöriges Loch in den städtischen Haushalt. Den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geplanten Schutzschirm für Kommunen von bis zu 57 Milliarden Euro begrüßt Wittens Kämmerer deshalb ausdrücklich, ebenso die angedachte Übernahme von Altschulden durch Bund und Land. „Das haben Städte jahrelang gefordert“, sagt Matthias Kleinschmidt.

Besonders negativ zu Buche schlägt derzeit die einbrechende Gewerbesteuer. Aktuell rechnet der Kämmerer mit 36 Millionen Euro Einnahmen für das laufende Jahr. Im Haushalt waren 60 Millionen vorgesehen – das wären 24 Millionen weniger als eingeplant und ein Rückgang um 40 Prozent. „Das ist dramatisch“, so Kleinschmidt. Ob es dabei bleibt, werde sich erst im Laufe der Zeit zeigen.

Witten wird höhere Verluste bei der Gewerbesteuer einfahren als andere Städte

Laut einer aktuellen Steuerschätzung des Deutschen Städtetags wird das Gesamtaufkommen der Gewerbesteuer 2020 gegenüber dem Vorjahr um knapp 25 Prozent sinken. Dass Witten wohl deutlich höhere Verluste einfahren wird, liegt nach Einschätzung von Kleinschmidt an den vielen exportorientierten Unternehmen in der Ruhrstadt. Diese würden oft Beziehungen nach China und zu anderen Ländern Asiens pflegen. „Dort hat der Lockdown ja schon früher eingesetzt, das hat sich bemerkbar gemacht.“

Wittens Kämmerer Matthias Kleinschmidt hofft auf Millionen aus dem Corona-Schutzschirm der Bundesregierung.
Wittens Kämmerer Matthias Kleinschmidt hofft auf Millionen aus dem Corona-Schutzschirm der Bundesregierung. © Socrates Tassos / FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Das Fehlen von 24 Millionen Euro Gewerbesteuer sei nicht beherrschbar, betont Kleinschmidt. „Das können wir nicht ausgleichen.“ Daher würde die Finanzspritze aus Berlin gerade recht kommen. Wieviel Geld genau nach Witten fließen könnte, kann der Finanzchef der Stadt aber noch nicht abschätzen. Insgesamt stehen für die Gewerbesteuerausfälle aller Kommunen und Städte laut Scholz-Plan rund zwölf Milliarden Euro zur Verfügung.

Bis zu 250 Millionen Altschulden könnten getilgt werden

Weit mehr, nämlich rund 45 Milliarden Euro, sollen in die Tilgung der Altschulden der Kommunen fließen. „Wir könnten bis zu 250 Millionen Euro Schulden loswerden“, schätzt der Kämmerer – und damit einen Großteil der rund 350 Millionen Euro, mit denen die Ruhrstadt in der Kreide steht. Der direkte Effekt des Schuldenerlasses sei für die Stadtkasse aber gering.

Denn derzeit zahle die Stadt für Zinsen und Tilgung lediglich zwei Millionen Euro im Jahr. Einen Betrag, der im Haushalt mit seinen insgesamt 300 Millionen Euro kaum zu Buche schlägt. Die Entschuldung habe aber einen langfristigen Effekt. „Sie schützt uns vor steigenden Zinsen“, sagt Kleinschmidt. Denn ziehen diese an, könnte die Belastung für die Stadtkasse in den zweistelligen Millionenbereich klettern.

Defizit von insgesamt rund 20 Millionen Euro

Kritisch sieht der Beigeordnete die Tatsache, dass mit der Entschuldung die Verpflichtung einhergehen soll, keine neuen Schulden aufzubauen. „Dafür bräuchte es begleitende Gesetze. Man kann Schulden nicht einfach verbieten“, so Kleinschmidt. Verursacht würden sie vor allem durch die steigenden Ausgaben im Sozial- und Jugendhilfebereich, etwa für den Ausbau von OGS-und Kita-Plätzen oder der Flüchtlingsunterbringung.

In Witten wird es keine Haushaltssperre geben

Trotz der Mindereinnahmen erteilt Kämmerer Kleinschmidt einer möglichen Haushaltssperre eine klare Absage. Der Stopp von Großprojekten wie dem Umbau der Pferdebachstraße oder die Rathaussanierung sei ohnehin nicht sinnvoll. Auch werde weiterhin etwa in Schulsanierungsmaßnahmen investiert. „Wir stoppen nichts“, versichert Kleinschmidt.

Für Stärkungspaktkommunen will das Land wegen der Pandemie in diesem Jahr das Einhalten des Haushaltssanierungsplans unterstellen. So bleiben die kommunalen Haushalte im kommenden Jahr genehmigungsfähig.

Generell rechnet der Kämmerer für das laufende Jahr mit einem „riesigen Loch im Haushalt“. Denn zusätzlich werden wohl etwa vier Millionen Euro Einkommenssteuer fehlen, ein Rückgang um zehn Prozent. Hinzu kommen kleinere Beträge etwa für die Erstattung der Kita-Gebühren oder wegfallende Sondernutzungsgebühren der Gastronomie.

Gleichzeitig gibt die Stadt in der Krise rund eine Million Euro für Masken und andere Schutzausrüstung aus. Wegen der gesunkenen Einnahmen muss die Stadt aber geringere Umlagen zahlen, etwa an den Kreis. Matthias Kleinschmidt hält deshalb ein Defizit von rund 20 Millionen Euro für realistisch – ohne Corona-Schutzschirm.

Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.