Witten. Wittens Schulen sind ruhig und geregelt in den Unterricht in Corona-Zeiten gestartet. Viele Abiturienten nahmen das freiwillige Angebot an.
Wittens weiterführende Schulen sind mit einigen wenigen Klassen ruhig und geregelt in den Unterricht in Corona-Zeiten gestartet. Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskolleg ließen sich gestern – am ersten Tag nach fünf Wochen Schließung – einiges einfallen lassen, um möglichst jede Gefahr zu vermeiden.
Flure wurden zu Einbahnstraßen, Tische weit auseinandergestellt, Klassen und Schulhöfe geteilt – und draußen sogar eine Handwaschanlage eingerichtet. Für die Abiturienten ist der Unterricht derzeit freiwillig. Dennoch sind am Donnerstag (23.4.) viele in die Schulen gekommen.
Viele Abiturienten nahmen das Angebot an
Auf rund 80 Abiturienten hatte sich das Schiller-Gymnasium eingerichtet – und in den Kursen blieben tatsächlich nur wenige Plätze frei. „Viele haben das Angebot dankbar angenommen, vor den Abi-prüfungen noch einmal Unterricht zu haben“, sagt Direktorin Janine Bartsch. Sorgen, sich anzustecken, habe es kaum gegeben. Das vorgelegte Hygiene-Konzept hätte Schüler und Eltern beruhigt.
Ähnlich sah es am Martmöller-Gymnasium aus – auch zahlenmäßig. Rund 80 von 120 Abiturienten sind dort erschienen. Und nicht alle von denen, die fehlten, hätten Angst vor einer Ansteckung, betont Schulleiter Johannes Rienäcker. „Wir sind mit dem Stoff durch, die Schüler sind gut vorbereitet.“ Jetzt gehe es mehr darum, noch offene Fragen zu klären. „Und die Schüler emotional zu betreuen und ihnen klar zu machen: Wir kriegen das mit dem Abi hin – auch in der jetzigen Situation.“
„Unproblematisch und entspannt“ war der erste Tag ebenfalls am Ruhr-Gymnasium. Dort werden die Abiturienten auf dem Schulhof an einer „Waschanlage“ empfangen, an der ihnen von Schulleiter Dirk Gellesch und seiner Stellvertreterin Kerstin Peters erstmal die Hände gereinigt werden. „Wir versuchen, aus der Not eine Tugend zu machen – und das mit einer großen Portion Humor“, erklärt der Direktor die Aktion. Die Schüler stellten sich dafür gerne in die Reihe. Es kamen am Donnerstag aber auch nur etwa 20. Gellesch: „Die Mehrzahl der Kurse hat sich entschieden, lieber digital weiterzumachen.“ Daher sei die Umsetzung der Hygiene-Regeln für seine Schule kein Problem.
„Gesamtschulen haben es schwerer als die Gymnasien“
„Wir sind ja ohnehin in einer sehr glücklichen Situation, weil wir nur die Abiturienten – und auch die nur freiwillig – unterrichten müssen“, sagt der Leiter des Ruhr-Gymnasiums. Die Gesamtschulen hätten es da mit den zehnten Klassen plus der Abistufe Q2 viel schwerer. Doch auch da lief es offenbar rund. An der Holzkamp-Gesamtschule sei der Schulstart sehr diszipliniert verlaufen, sagt Leiter Michael Günzel. Hardenstein war ebenfalls gut vorbereitet. Dennoch kamen manche Gesamtschüler mit einem mulmigen Gefühl zur Schule – oder wurden gleich krank gemeldet.
An der Holzkamp-Gesamtschule lief alles sehr geregelt. Allerdings waren zum Schulstart am Donnerstag von insgesamt 146 Zehntklässlern und 66 Abiturienten nur 79 da, einige Zehntklässler kommen erst am Freitag (23.4.) dazu. „Es muss sich ja erst einmal alles einspielen“, sagt Schulleiter Michael Günzel.
An der Hardenstein-Gesamtschule hatte Vize-Schulleiter Holger Jahnke die Schüler in Gruppen aufgeteilt, damit in den Bussen und vor der Schule kein Gedrängel entsteht. Die ersten Zehntklässler wurden von 9.45 Uhr bis 12.15 Uhr unterrichtet. Die zweite Gruppe kam um halb eins in die Schule.
Einige Hardenstein-Zehntklässlerwurden krank gemeldet
Aber nicht alle der rund 110 Schüler der zehnten Klasse sind am Donnerstag erschienen. „Einige Eltern haben heute morgen angerufen und ihre Kinder krank gemeldet“, so Jahnke. Zu groß sei die Sorge, dass sich ihre Kinder in der Schule mit dem Virus infizieren könnten. Auch Schülerin Vivienne Koehn ist verunsichert. „Es ist schon ein komisches Gefühl, wieder in die Schule zu gehen“, sagt die 15-Jährige. „Meine Eltern sind beide vorerkrankt.“ Sie befürchtet daher, sich in der Schule mit dem Virus anstecken zu können. Auch ihr Mitschüler Noah Sonnenschein (16) hatte beim Einsteigen in den Bus ein seltsames Gefühl. „Obwohl es nicht einmal besonders voll war“, sagt er..
Aufgeteilt wurden auch die 61 Hardenstein-Abiturienten. Die ersten 30 sollten am Donnerstag, die übrigen erst am Freitag unterrichtet werden. Am ersten Tag sind jedoch nur etwa 15 Abiturienten zum Unterricht erschienen. Auch von den rund 85 Lehrern bleiben etwa 25 weiterhin zuhause, weil sie zur Risikogruppe gehören. Manche Schüler müssen bei der Prüfungsvorbereitung daher auf ihren gewohnten Fachlehrer verzichten.
Um die vorgeschriebenen Hygienevorschriften einhalten zu können, hat Holger Jahnke mit Flatterband und Markierungen auf dem Boden eine Art Einbahnstraßensystem eingerichtet. Die Schüler warten vor dem Eingang und werden dann – mit einem Abstand von mindestens zwei Metern – in die Schule gelassen. Hinweisschilder zeigen ihnen den Weg in die Klassen. „Wir versuchen, dass jeder Raum pro Tag nur ein Mal benutzt wird“, sagt der 46-Jährige. Sollte das nicht möglich sein, werden die Tische mit Papiertischdecken abgedeckt, die anschließend im Müll landen.
Ruhiger Start auch an der Lohmann-Realschule
Ein ähnliches Konzept gibt es auch an der Helene-Lohmann-Realschule. „Wir waren aber im Vorfeld schon gut ausgestattet“, sagt Schulleiterin Bärbel Faustmann. Waschbecken, Seife und Papierhandtücher seien selbstverständlich in jedem Klassenzimmer vorhanden. Damit sich die Jugendlichen so wenig wie möglich begegnen, laufen die Schüler nur im Uhrzeigersinn durch das Gebäude. Markierungen auf dem Boden würden sie zusätzlich daran erinnern, Abstand zu halten.
Die 56 Zehntklässler, die normalerweise in zwei Klassen unterrichtet werden, werden seit Donnerstag auf mehrere Räume aufgeteilt. Neben der Vorbereitung auf die Prüfungen in den Fächern Deutsch, Mathe und Englisch, werden sie zum Beispiel auch in Biologie und Französisch unterrichtet. „Für den Abschluss brauchen die Schüler ja Noten in allen Fächern“, sagt Bärbel Faustmann. Nur Sport und Hauswirtschaft fallen vorerst aus.
Die Schulleiterin spricht von einem „sehr ruhigen“ Start. Allerdings: Seine Freunde nicht wie gewohnt begrüßen zu dürfen, das sei gerade für junge Leute sehr befremdlich. Wie der Schulalltag aussehen könnte, wenn noch mehr Kinder den Unterricht besuchen, weiß die Schulleiterin noch nicht. Denkbar ist, dass zunächst die Neuntklässler wieder in die Schule gehen. „Das hätte den Vorteil, dass die älteren Schüler den jüngeren den Ablauf zeigen können.“ Wenn alle Schüler wieder da sind, könne man die Klassen allerdings nicht mehr aufteilen. Wie es dann laufen soll? Das ist noch offen.
Berufskolleg startet mit 86 Schülern
Mit gerade mal 86 Schülern ist Wittens größte Schule, das Berufskolleg, am Donnerstag gestartet. 86 von 2600, die sonst zu Wittens größter Schule gehen.
Rund 800 wären es nach den Vorgaben des Ministeriums gewesen, die jetzt schon kommen sollten – Abschlussklassen mit dezentralen Prüfungen, Berufsschüler vor der Abschlussprüfung und alle, die vor ihrem Schulabschluss stehen. Viel zu viele für den Start. „Wir haben schließlich eine Verantwortung für Schüler und Lehrer“, sagt Schulleiter Olaf Schmiemann. Daher hätten sich alle Kollegen zusammengesetzt und eine Prioritätenliste erstellt: Wer braucht noch dringend Unterrichtsstunden vor der Prüfung – und wie kann das umgesetzt werden?
Die riesige Größe des Gebäudes an der Husemannstraße kommt dem Berufskolleg dabei jetzt sehr zu Hilfe. Einbahn-Regelungen sind nicht nötig. Pro Flur gehen derzeit maximal zwei Lerngruppen an den Start, in den Klassenräumen hat jeder Schüler mindestens zehn Quadratmeter für sich. Die Vorgaben des Ministeriums, anderthalb Meter Abstand zwischen den Schülern zu gewährleisten, hält Schmiemann anders für nicht machbar: „Wenn die sitzen, ist das okay. Aber wenn einer zur Toilette muss, müssten ja vorher alle anderen raus – sonst ist das mit den 1,50 Meter doch utopisch“, kritisiert er.
Maskenpflicht gilt auf den Fluren
Auch auf den Fluren sei es nicht realistisch möglich, den Abstand einzuhalten. Deshalb gilt dort Maskenpflicht: Lehrer und Schüler sind angehalten, einen Mundschutz zu tragen. „Wir lassen aber auch durchgehen, wenn die Jungs ihr Shirt über die Nase ziehen“, so Schmiemann. An jedem Eingang hängen Desinfektionsspender, Türklinken werden zweimal täglich gereinigt. Klassenräume werden desinfiziert, bevor ein neuer Kurs hereinkommt.
Dass alle Corona-Regeln eingehalten werden, kontrollieren die Lehrer auch auf dem Schulhof. Jede Gruppe hat einen Bereich für die Pause, die entsprechenden Pläne hängen an den Türen. Einschreiten mussten die Kontrolleure am ersten Tag jedoch nicht. „Alle Schüler sind sehr diszipliniert und tragen ihre Masken“, lobt der Schulleiter. Es hätten sich auch keine Grüppchen gebildet.
Für die Schüler gehen die Regeln offenbar in Ordnung. Angst, nein, die habe er nicht, sagt etwa Furkan, der vor seiner Prüfung zum Maschinenanlagenführer steht. Der 21-Jährige ist froh, dass der Unterricht wieder los geht, sonst fehlt uns zu viel Stoff.“ Auch sein Mitschüler Berkan ist sicher: „Hier wurden alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen“.
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In den nächsten zwei Wochen will das Berufskolleg die Schüler-Zahlen nach und nach hochfahren und dann schauen, wie der Schulalltag funktioniert. Olaf Schmiemann ist zuversichtlich: „Wir sind gut vorbereitet.“ Bauchschmerzen bereiten ihm nur die Zeiten, wenn wieder unter Volllast gefahren werden muss. 35 der 140 Kollegen sind freigestellt. „Die anderen müssten Doppel- und Dreifachschichten machen, um die verkleinerten Klassen zu unterrichten. Wie soll das bloß gehen?“