Witten. Wenn Familien nur daheim hocken, kann es zu Gewalt kommen. Das Wittener Jugendamt hilft, hofft aber auch auf Notbetreuung für gefährdete Kinder.

Corinna Lenhardt begrüßt die Ankündigung des Landes, eine Notbetreuung für Kinder sicherzustellen, denen wegen der Kontaktsperre in der Coronakrise zu Hause Gewalt droht. "Das ist längst auch unser Wunsch", betont die Leiterin des Amtes für Jugendhilfe und Schule in Witten. Kitas und Schulen seien dafür gerüstet.

Bislang gibt es nur Notfallplätze für Kinder, deren Eltern in so genannten "systemrelevanten Berufen" arbeiten, also etwa in der Medizin oder in der Energiewirtschaft. Auch da hielten sich die Zahlen derzeit in Grenzen, so Lenhardt. "Wir hatten mehr erwartet." Doch der Bedarf ändere sich von Tag zu Tag.

Bedarf an Notfallplätzen ändert sich in Witten von Tag zu Tag

Wurden zuletzt nur sieben Kinder in den städtischen Kitas notbetreut, erreicht die Jugendamtleiterin am Donnerstagmittag (2.4.) die Nachricht, dass für den nächsten Tag insgesamt 22 Kinder angemeldet sind. Jeweils acht, sechs, fünf und zwei Kinder werden dann gemeinsam in der Kita betreut, die sie auch sonst besuchen. Ein Kind wird sogar alleine betreut. Das sei spontan zu regeln. "Die Erzieherinnen, auch der freien Träger, stehen auf Abruf bereit."

Dass nun hoffentlich in Kürze auch Kinder aus prekären Verhältnissen solch einen Notfallplatz erhalten, widerspreche eigentlich dem Kontaktverbot. "Aber ein paar Kinder mehr in den Einrichtungen würden den Rahmen nicht sprengen", beruhigt Corinna Lenhardt. Noch wichtiger sei es, den von Gewalt bedrohten Kindern ihren normalen Alltag außerhalb der Familie zu gewährleisten. Nach wie vor könne das Jugendamt aber auch alle Hilfsmaßnahmen innerhalb der Familien anbieten.

Familien in schwierigen Verhältnissen erhalten weiterhin Hilfe

"Wir können ja nicht so tun, als gäbe es plötzlich keine Probleme mehr in den Familien, in denen schwierige Verhältnisse herrschen", sagt Lenhardt. Erzieherische Hilfen seien deshalb nach wie vor möglich - wenn auch unter etwas veränderten Umständen.

Nicht immer seien persönliche Kontakte möglich, dann würden - wie in vielen anderen Bereichen - Videotelefonate geführt. Auch finden jetzt Kontakte eher mal im Freien statt. Die Mitarbeiter erhalten dann eine Bescheinigung, um sich im Falle einer Kontrolle durch das Ordnungsamt ausweisen zu können. Lässt sich ein Hausbesuch nicht vermeiden - wenn etwa eine Quarantänesituation vorliegt - dann gehen die Mitarbeiter in Schutzkleidung in die Familie.

Doch obwohl viele Familien nun schon seit Tagen zuhause aufeinanderhocken: "Die Fälle häuslicher Gewalt sind wider Erwarten noch nicht angestiegen", weiß die Jugendamtsleiterin. Trotzdem appelliert sie an alle, die in ihrer Umgebung Anzeichen von Kindeswohlgefährdung beobachten: "Melden Sie sich. Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen und gehen jedem Hinweis nach."

Info:

Was das Jugendamt in Zeiten von Corona nicht anbieten kann: die Begrüßungsbesuche im Rahmen des Programms "Frühe Hilfen". Sie richten sich sonst an Eltern (ab Beginn der Schwangerschaft) und deren Neugeborene und Kleinkinder bis zum Alter von drei Jahren. Stattdessen erhalten frischgebackene Eltern eine schriftliche Begrüßung.