Witten. Das Wittener Reisebus-Unternehmen Hafermann hat wegen der Coronakrise Kurzarbeit angemeldet. Reisebüros bekommen für ihre Arbeit kein Geld.
Die Corona-Krise hat Urlauber und die Reisebranche hart getroffen. Auch den Reisebus-Unternehmer Meinhold Hafermann. Der Chef eines über 100 Jahre alten Familienunternehmens mit zehn neuen Bussen musste seine „fast ausverkauften Reisen" bis einschließlich der Osterferien absagen, weil die Landesregierung ein Busreiseverbot bis zum 19. April ausgesprochen hat. Aber die Gesundheit der Menschen gehe vor, betont der Unternehmer.
Bei Hafermann Reisen in der Brüderstraße laufen wie bei den Wittener Reisebüros in diesen Tagen aufgrund der Urlaubs-Stornierungen die Telefone heiß. Den Kunden werden Umbuchungen für einen Urlaub im Sommer, Herbst oder zu einem anderen beliebigen Zeitpunkt angeboten. Meinhold Hafermann bleibt optimistisch: „Auch diese Krise geht vorüber und dann stehen wir bereit."
Hafermann Reisen wurde 1911 gegründet
Das 1911 gegründete Unternehmen musste aufgrund der Coronakrise erstmals in seiner Geschichte Kurzarbeit anmelden, „um die Firma und die langjährige Mannschaft mit ihren Familien abzusichern", so der Chef. Der hinzufügt: „Die Regierung hat uns durch das zeitweise Fahrverbot die Hände gebunden, rechtlich gesehen ist das die Entziehung der Geschäftsgrundlage. Uns bleibt nicht mal mehr, die Ärmel hochzukrempeln - wie unseren Vorfahren nach den beiden Weltkriegen."
Für viele Gewerbetreibende könne die Pandemie ein „wirtschaftlicher Totschlag" werden, fürchtet Hafermann, der froh ist, eine schuldenfreie Firma zu führen und genügend Reserven hat, um auch diese Krise zu überstehen. Dafür habe er gesorgt trotz Börsencrash und Terroranschlägen in der Vergangenheit.
„Die Reiseveranstalter kaufen seit Tagen zusätzliche Flugkapazitäten"
Jutta Wedhorn, Chefin des Reisebüros Wedhorn an der Bahnhofstraße, arbeitet mit ihrem Team seit dem 17. März wegen der Coronakrise hinter verschlossenen Türen. „Wir sind telefonisch, per Mail und Fax für unsere Kunden zu erreichen und kümmern uns um sie", verspricht Wedhorn, die wie ihre Mitarbeiter alle Hände voll zu tun hat.
Was an Reisen bei Wedhorn in den letzten Monaten abgeschlossen wurde, wird jetzt storniert. Die Veranstalter von Pauschalreisen streichen ihre Reisen bis zu verschiedenen Terminen. „Die meisten jetzt bis zum 30. April, einige bis zum 23. April", erklärt die Reiseverkehrskauffrau. In der Regel erhalte der Kunde sein Geld für den nicht angetretenen Urlaub zurück. Es gebe jedoch auch Reiseanbieter, die den Kunden Gutscheine oder Umbuchungen auf andere Termine anbieten würden.
„Für diese Reisen bekommen wir kein Geld"
Um derzeitige frühere Rückflüge von Pauschalurlaubern kümmerten sich die Reiseleiter vor Ort. „Die Reiseveranstalter kaufen seit Tagen zusätzliche Flugkapazitäten und stehen in engem Kontakt mit dem Auswärtigen Amt in Berlin", so Jutta Wedhorn. Wie Reisebus-Unternehmer Meinhold Hafermann bekommt auch ihr Reisebüro die Absagen von bereits gebuchten Ferien finanziell zu spüren. „Für diese Reisen bekommen wir kein Geld." Die Cornakrise mache die Arbeit ihres Teams von Monaten zunichte. Wedhorn rechnet damit, dass es auch in ihrem Betrieb zu Kurzarbeit kommen könnte. „Es kommen ja keine neuen Aufträge rein."
Grit Gassen, die ein Reisebüro an der unteren Bahnhofstraße betreibt, sagt, eine Lage wie diese erlebe sie in ihrem langen Berufsleben zum ersten Mal. Der Reiseveranstalter TUI habe weltweit bis zum 23. April alle Reisen storniert. „Das betrifft hunderte Kunden von uns." Bei TUI bekämen diese ihren Reisepreis zurück oder könnten einen anderen Urlaub buchen. Beschwerden von Urlaubern, die früher aus ihren Feriengebieten abreisen müssten, hätten sie noch nicht erreicht, sagt Gassen. Wer eine Urlaubsreise umbuchen möchte, dem rät sie zu Ferien nicht vor Oktober. „Und ich glaube, das ist angesichts der derzeitigen Lage noch sehr optimistisch geschätzt."
>>> Reisebüro-Chefin: Situation ist „eine riesige Herausforderung"
Reisebüro-Chefin Jutta Wedhorn erhält von den Reiseveranstaltern für abgesagte Urlaube keine Provisionen. „Wir müssen diese an die Veranstalter zurückzahlen, obwohl wir Kunden beraten, Sitzplätze in Flugzeugen reserviert und Ausflüge gebucht haben."
Ihr sei aber klar, dass es den Veranstaltern in dieser Situation gar nicht möglich sei, für alle abgesagten Reisen Provisionen zu zahlen. Wedhorn: „Wo soll das Geld herkommen? Die aktuelle Situation ist für uns alle eine riesige Herausforderung."