Witten. 3500 Schallplatten hat der „Mint Vinyl-Bus“ an Bord. Am Samstag hielt er in Witten vorm Musikladen Rockland – und die Musikfans kamen in Scharen.

Totgesagte leben bekanntlich länger. Wider Erwarten hat sich die gute alte Schallplatte bis heute nicht nur gehalten, sondern seit einigen Jahren sogar ein regelrechtes Comeback gefeiert. Ein rollender Schallplattenladen – der „Mint Vinyl-Bus“ – hat am Samstag bei Rockland an der Holzkampstraße in Witten Halt gemacht; und die Vinyl-Fans kamen in Scharen. Bis zu einer Viertelstunde musste man anstehen, um in das Platten-Paradies zu gelangen.

3.500 Platten hat der „Bluebird“, ein umgebauter amerikanischer Schulbus, an Bord. Bestückt wird er von Michael Lohrmann, der zahlreiche Plattensammlungen aufgekauft hat, um sein Projekt zu verwirklichen. „Du würdest einen solchen Bus nicht machen, wenn du nicht selbst Sammler wärst“, sagt er. Seine private Sammlung umfasst rund 2.500 Exemplare. Darüber hinaus warten knapp 15.000 Tonträger im Lager, um den Bestand im Bus auffüllen zu können.

Im Platten-Bus dürfen maximal 16 Leute gleichzeitig stöbern

Die Kunden stehen zum Teil 15 Minuten in einer Warteschlange beim Besuch des fahrenden Plattenladens vor dem Geschäft Rockland Musik an der Holzkampstraße in Witten.
Die Kunden stehen zum Teil 15 Minuten in einer Warteschlange beim Besuch des fahrenden Plattenladens vor dem Geschäft Rockland Musik an der Holzkampstraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Es ist viel los vor Rockland. Nach heißen Scheiben können im Bus maximal 16 Leute gleichzeitig stöbern. Und die sind meist auch drin. André Winkhaus wartet seit einer Viertelstunde, dass jemand einen Platz freimacht. „Ich suche Platten, die man selten bekommt“, sagt er. Wenig später kann er in den Bus, in dem Musik von John Lee Hooker läuft. „Ein Plattenladen ohne Musik – das geht gar nicht“, sagt Michael Lohrmann.

Preislich geht es bei drei Euro los. Die teuerste Platte liegt bei 500 Euro, eine Erstpressung der EP „Beware“ der amerikanischen Punkband „Misfits“ aus dem Jahr 1980.

Wittener freut sich über Live-Album von Johnny Winter

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Keine Rarität, aber ein fehlendes Stück in der Plattensammlung von Hartmut Hagedorn ist ein Live-Album von Johnny Winter. „Ich habe eigentlich eine andere Sache gesucht. Diese Platte war ein Zufallsfund“, so Hartmut Hagedorn. André Winkhaus steigt nach einiger Zeit mit leeren Händen aus dem Bus. „Ich habe schon ein paar interessante Sachen entdeckt, aber ich muss erst mal in mich gehen“, sagt er.

Michael Lohrmann, Fahrer des Busses und Plattenverkäufer, vor seinem „Mint Vinyl Bus“. Am Samstag (15.2.) hielt dieser vor dem Geschäft Rockland Musik an der Holzkampstraße in Witten.
Michael Lohrmann, Fahrer des Busses und Plattenverkäufer, vor seinem „Mint Vinyl Bus“. Am Samstag (15.2.) hielt dieser vor dem Geschäft Rockland Musik an der Holzkampstraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Gleich mit mehreren Platten kommt Marie Gehring aus dem Bus: LPs von Ultravox, Marillion und Ghost für sich und LPs von Rory Gallagher, Mick Jagger, Scorpions und Dire Straits für ihre Eltern hat die 18-Jährige im Gepäck. „Marie hört Musik von den 60ern bis heute“, sagt Mutter Claudia. „Sie hat für ihr Alter einen außergewöhnlichen und guten Geschmack.“

Bus rollt seit 2019 durch Deutschland

Musik ist für Michael Lohrmann mehr als das halbe Leben. 30 Jahre lang war der Fahrer des „Mint Vinyl-Bus“ im Printmedienbereich tätig – natürlich mit Musikmagazinen.

Im vergangenen Jahr hat er seinen Verlag verkauft und ist seit November 2019 mit seinem Plattenladen auf Rädern unterwegs. Witten war am Samstag der 26. Standort.

Lohrmann hat noch 15.000 Tonträger auf Lager

Nicht wenige Busbesucher gehen mit einem ganzen Stapel Platten nach Hause. Etwa 150 bis 200 Exemplare im Schnitt verkauft Michael Lohrmann an jedem Standort – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Platten exzellent erhalten sind. „Der Begriff ‚Mint’ ist in Sammlerkreisen der Ausdruck für den perfekten Zustand“, erklärt er. Und führt aus: „Manchmal spielt der Zustand allerdings auch keine so große Rolle. Denn manchmal geht’s auch darum, eine Platte einfach nur zu besitzen, beispielsweise, wenn es sich um eine Erstpressung handelt oder etwas wirklich Rares.“

Auf „Beware“ trifft beides zu, denn die Platte ist zu Promotionszwecken nur etwa dreitausend Mal gepresst worden. Und in einem guten Zustand ist sie obendrein. Ein Liebhaber hat sich für das 500 Euro teure Stück an diesem Samstag in Witten allerdings dennoch nicht gefunden.