Witten. Margot Käßmann war beim Himmelwärts-Gottesdienst im Saalbau Witten zu Gast. Anders als vor sieben Jahren trug die Theologin diesmal keinen Talar.

„Direkt“ – so beschreibt Moderator Matthias Kleiböhmer beim Gottesdienst „Himmelwärts“ Margot Käßmanns Art. Und die kommt offenbar an beim Publikum, denn im Wittener Saalbau tummeln sich an diesem Sonntagabend (2.2.) die Besucher. Sie wollen hören, was die bekannte Theologin zu sagen hat.

Der Stadtgottesdienst „Himmelwärts“ im Saalbau war wieder gut besucht.
Der Stadtgottesdienst „Himmelwärts“ im Saalbau war wieder gut besucht. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Marlies Westecker ist extra aus Wengern gekommen, um der ehemaligen Landesbischöfin und Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland bei ihrem Vortrag zum Thema „Lasset die Kinder zu mir kommen!“ zuzuhören. „Sie hat für mich Prominenz-Status. Und egal wie man Gottes Wort rüberbringt, es muss gesagt werden“, so die 83-Jährige.

Käßmann in Witten: Kinder haben die gleichen Rechte wie Erwachsene

Margot Käßmann nimmt dann auch kein Blatt vor den Mund, obwohl es inzwischen etwas ruhiger um die mittlerweile 61-Jährige geworden ist. Von sich selbst sagt sie, sie habe jetzt „die richtige Balance zwischen Ruhe und Aktivität“ gefunden. Nach einer verhängnisvollen Autofahrt unter Alkoholeinfluss, bei der sie eine rote Ampel missachtete, hatte sie all ihre kirchlichen Ämter niedergelegt. Doch Käßmann engagiert sich weiterhin. Besonders wichtig sind der Theologin Kinder.

„In Gottes Augen gibt es kein statusorientiertes Denken. Kinder haben die gleichen Rechte wie Erwachsene“. Und diesen sogar noch einiges voraus. „Kinder können radikale Fragen stellen, so wie wir uns das oft nicht trauen“, sagt Käßmann. Und auch die Armut spiele in Deutschland eine größere Rolle als so mancher denke: Über 16 Prozent der deutschen Kinder leben unter der Armutsgrenze, jedes sechste ist auf soziale Hilfe angewiesen.

Theologin reiste als Botschafterin des Kinderhilfswerks nach Indien

„Es ist schon komisch, wenn jeden Abend in den Nachrichten gezeigt wird, wie es dem Dax geht. Aber wie geht es den Kindern?“, fragt die Theologin. Für das Kinderhilfswerk „terre des hommes“ reiste sie bereits mehrmals als Botschafterin nach Südindien. „Wir haben dort ein Projekt in der Textilindustrie. Viele Kinder werden unter schrecklichen Bedingungen gezwungen zu arbeiten. Das ist für mich moderne Sklaverei“, so die Theologin.

Der Himmelwärts-Chor hat beim Gottesdienst im Saalbau viele Lieder gesungen.
Der Himmelwärts-Chor hat beim Gottesdienst im Saalbau viele Lieder gesungen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Ein Blumenstrauß für die Oma

Der Auftritt Margot Käßmanns war eingebettet in den klassischen Ablauf des Gottesdienstes der Creativen Kirche. Der Himmelwärts-Chor sang viele Lieder, es wurde gebetet und zum Schluss wurden drei Blumensträuße an Besucher verteilt. Diese geben sie an andere Menschen weiter. Die kleine Helene hat zum Beispiel einen für ihre Oma entgegengenommen.

Der nächste Himmelwärts-Gottesdienst findet am Sonntag, 1. März, um 18 Uhr im Saalbau statt. Dann ist „Radiogesicht“ und WDR 5-Moderator Uwe Schulz mal wieder zu Gast. Für die Musik sorgen Chris Lass, Gospelkomponist und Workshopleiter, sowie Sängerinnen und Sänger des Chortags NRW.

In Indien habe sie ein Mädchen getroffen, das vor lauter Müdigkeit zwischen eine der riesigen Nähmaschinen geraten war. Diese hatte ihr die Beine zerfetzt. Die Kinderschutzorganisation sorge dafür, dass die Kinder lernen, wie sie Schmuck herstellen und Kleidung selber nähen können. So würden sie den schlechten Zuständen in den Fabriken entgehen und könnten auf eigenen Beinen stehen. „Kinder brauchen Werte, Kinder brauchen Vorbilder. Und auch wenn wir mal scheitern, ist es immer wichtig, Haltung zu wahren“, sagt Käßmann.

Diesmal trug Margot Käßmann in Witten ein rotes Kleid

Übrigens war die Theologin vor sieben Jahren schon einmal bei der Creativen Kirche zu Gast. Damals trug sie einen Talar – was beim Gottesdienst im Saalbau eigentlich nicht erlaubt sei, wie Moderator Matthias Kleiböhmer ihr damals erklärte. Käßmann hatte dies bewusst ignoriert – damit die Zuhörer sie nicht nach ihrer Kleidung beurteilen. Diesmal aber hat sie das Gewand zuhause gelassen, trägt ein rotes Kleid mit schwarzer Jacke. Es steht ihr gut. Doch den Beifall erntet sie zum Schluss für ihre eindringlichen Worte.

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