Witten. Unser historisches Rätsel zeigte den Bau der Autobahnbrücke über die Ruhr in Witten. Der Bau war wegen des Untergrunds sehr trickreich.

Spielende Kinder im Fluss und im Hintergrund eine Eisenkonstruktion – das zeigte unser historisches Foto diese Woche. Aufgenommen hat es Fotograf Davide Bentivoglio von der Herbeder Brücke aus in Richtung Nordwest rund um das Jahr 1967. Für unsere Leser war das Rätsel leicht zu knacken: Es handelt sich natürlich um die Brücke der Autobahn A43 über die Ruhr, die damals erbaut wurde.

Feierliche Stimmung unter flatternden Fahnen an einem Nachmittag 1971: Die Einweihung des letzten Bauabschnittes zwischen dem Kreuz Bochum und der Abfahrt Witten-Heven, direkt neben der Kleinherbeder Straße.   
Feierliche Stimmung unter flatternden Fahnen an einem Nachmittag 1971: Die Einweihung des letzten Bauabschnittes zwischen dem Kreuz Bochum und der Abfahrt Witten-Heven, direkt neben der Kleinherbeder Straße.    © Davide Bentivoglio

Hinten am Horizont ist bereits eines der Gebäude der Ruhruniversität zu sehen, die damals noch in der Entstehungsphase war. Von der Brücke selbst sah man damals zu diesem Zeitpunkt lediglich die Hilfskonstruktion, mit der die Fertigbauteile für die Brücke verlegt wurden. Auch die trapezförmigen Pfeiler der Brücke sind auf dem Bild schon erkennbar.

Träger der Autobahnbrücke Witten wurden vor Ort gegossen

Viele unserer Leser verbinden persönliche Erinnerungen mit der Brücke – und glänzen mit technischem Detailwissen. So schreibt uns etwa Dieter Bergmann, der selbst am Bau der Brücke beteiligt war: „Jedes Brückenfeld bestand aus nebeneinanderliegenden Stahlbetonträgern, die in beheizbaren und wiederverwendbaren Schalungen gegossen wurden. Die so gefertigten Träger wurden von dem Portalkran-ähnlichen Brückenvorbaugerät in ihre Position auf den Pfeilern transportiert und später darauf die Fahrbahnplatte gegossen. Das Brückenvorbaugerät und mehrere Schalungen wurden von der ehemaligen Firma Dortmunder Brückenbau C.H. Jucho gebaut und geliefert. Ich war damals bei der Firma Jucho an dem Projekt beteiligt.“

Witten Fotorätsel A43    
Witten Fotorätsel A43     
Witten Fotorätsel A43     © - Davide Bentivoglio

„Das Bild zeigt die ersten zwei von insgesamt zehn Brückenfeldern der Autobahnbrücke der A43 über die Ruhr“, weiß Gerd Gahr. „Rechts ist das Widerlager auf der Hevener Seite zu erkennen, dahinter Gebäude der Ruhruni. Bei dem Kasten handelte es sich um einen sogenannten Portalkran, bestehend aus drei großen Toren-Portalen, an denen horizontal Laufkatzen angebracht waren zur Beförderung der Baumaterialien. Nach Fertigstellung von diesen zwei Feldern wurde der Kran nach Süden (nach links im Bild) umgebaut und die nächsten zwei in Angriff genommen.“

Leser hatte an Brücke ersten Einsatz als Industrie-Fotograf

„So alt wie die Jungs auf dem Foto“ war damals auch Bernd Leibfritz. „Beim Bau der nächsten Brücke an der Auffahrt Herbede hat ein Freund meiner Eltern mitgebaut. Er war bei einer großen Düsseldorfer Baufirma beschäftigt.“ Rainer Kracht ist „auf den Feldern des späteren Geländes der Uni oft mit den Eltern spazieren gegangen.“

Teilabschnitt wurde bis 1971 fertig gestellt

Der 16,4 km lange Abschnitt der A 43 von der Abfahrt Witten-Heven bis Kreuz Wuppertal-Nord, wurde 1970 fertiggestellt. Die Autobahn trug damals allerdings noch die Bezeichnung „Autobahn 77“.

Die restlichen 5,6 km vom Kreuz Bochum bis zur Abfahrt Witten-Heven wurden 1971 fertig gestellt. Damit war die Gesamtstrecke Münster-Wuppertal Nord befahrbar.

Sehr gut an den Bau der Brücke erinnern kann sich auch Hubert Harst: „Ich hatte 1967 gerade als Industriefotograf angefangen und diese Baustelle war eine meiner ersten Foto-Einsätze. Durch die oftmalige Überflutung der Ruhrauen konnte man keine traditionelle Baustelle mit stationären Gerüsten einrichten, daher hat man die Pfeiler gesetzt und das Verlege-Gerüst auf den Pfeilern installiert. Der Beton für die Doppel-T-Träger wurden in eine beheizte Schalung gegossen, dadurch ergab sich eine kurze Abbindezeit des Betons und die Träger wurden nach dem Ausschalen mit dem auf dem Foto erkennbaren Verlege-Gerüst auf die Pfeiler gelegt, sechs Stück nebeneinander. Das Gerüst schob sich dann auf die abgelegten Träger ein Feld weiter und konnte so die nächsten Träger verlegen. Diese Methode erlaubte eine zügige Bauzeit. Nach demselben Prinzip wurde übrigens auf der A45 eine Brücke in Höhe der Ortschaft „Bleche“ gebaut.“

So sieht es dort heute aus. Auffällig sind die Bauten der Ruhruni im Hintergrund, damals war nur ein Gebäude zu sehen.
So sieht es dort heute aus. Auffällig sind die Bauten der Ruhruni im Hintergrund, damals war nur ein Gebäude zu sehen. © Bentivoglio

Eine Anekdote zum Schmunzeln kann Christina Wildvang beitragen: „Ich war einige Jahre beim Drachenboot-Training und einmal überraschte uns ein Gewitter am Kemnader See. Wir paddelten schnell zurück und erreichten die Brücke knapp, ehe der dicke Regen niederprasselte. Nur die Paddler in der Bootsmitte hatten Pech, denn sie wurden aufgrund der Lücke zwischen den getrennten Fahrbahnen der Autobahn trotzdem nass.“