Witten. Buftis und FSJler sind Mangelware – auch in Witten. Und die jungen Leute, die zum DRK oder der Lebenshilfe gehen, bleiben oft nicht lange.

In ganz NRW beklagen Anbieter des Bundesfreiwilligendienstes (BDF) und des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) sinkende Bewerberzahlen. Auch in Witten würden sich das Rote Kreuz, die Awo und die Lebenshilfe über mehr engagierte junge Menschen freuen. Und die, die kommen, gehen oft vor der vereinbarten Zeit.

Laut Kreisrotkreuzleiter Wilm Ossenberg Franzes absolvieren beim DRK in Witten derzeit zwei junge Leute ein Freiwilliges Soziales Jahr. Einen Bufdi habe man nicht. Die beiden FSJler seien „Zufallsfunde, sie haben keinen Studienplatz bekommen“. Der Wunsch des DRK-Vorstands für 2020: „Vier Freiwillige!“ Eventuell sei der Anreiz für junge Leute auch zu gering, sich nach dem Abi im Freiwilligendienst zu engagieren, meint Ossenberg Franzes. Mancher, der sein Abi in der Tasche habe, gönne sich heute erst einmal ein halbes oder ein Jahr Auszeit, gehe auf Reisen. Andere, die als Freiwillige zum DRK gekommen seien, hätten dieses schon nach einem halben Jahr wieder verlassen. „Das erleben wir in den letzten Jahren häufig. Da hat einer dann einen Studienplatz gefunden oder eine Freundin, jemand zieht um oder sonstwas.“

Sieben freie Stellen für Freiwillige allein in den Awo-Seniorenheimen in Witten

Es sei für eine Organisation wie das DRK nicht einfach, „wenn jemand von jetzt auf gleich weg ist“. So etwas sei sogar ärgerlich, da die Leute ja auch eingearbeitet würden. Ossenberg Franzes Fazit zum Thema Freiwilligendienste: „Manchmal viel Aufwand und wenig Ertrag.“

Im 2011 gestarteten Bundesfreiwilligendienst können sich Frauen und Männer jeden Alters engagieren. Das Freiwillige Soziale Jahr, häufig angeboten von Wohlfahrtsverbänden, richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene bis 26 Jahre. Ende 2019 engagierten sich bei der Awo EN insgesamt 25 junge Leute im Freiwilligendienst, davon sechs in Wittener Kitas der Arbeiterwohlfahrt. „Sie arbeiten dort unterstützend im hauswirtschaftlichen Bereich, entlasten die Erzieher und werden auch in die Kita-Aktivitäten eingebunden“, erklärt Jochen Winter, Awo EN-Geschäftsführer. Sieben freie Stellen für Freiwillige habe es Ende letzten Jahres noch in den Wittener Seniorenheimen der Awo in der Egge und an der Kreisstraße gegeben, sowie zwei unbesetzte Stellen beim ambulanten Dienst.

Der Freiwilligendienst als Orientierungshilfe für eine Berufsausbildung

Was Winter freut: „Wir haben oft junge Leute, die als Freiwillige bei uns angefangen haben und als Auszubildende bei uns weitermachen.“ Für diese sei der mit einem Taschengeld honorierte Freiwilligendienst eine Orientierungshilfe gewesen. Auch wenn nicht alle Freiwilligenstellen besetzt werden könnten, spricht sich Winter gegen das von der Bundespolitik diskutierte soziale Pflichtdienstjahr aus. „Die, die zu uns kommen, sollen mit Spaß und Interesse bei der Sache sein.“

Taschengeld und Zulagen

Nach Angaben der Awo EN erhalten Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilligen Sozialen Jahr ein monatliches Taschengeld in Höhe von 393,20 Euro. Geschäftsführer Jochen Winter: „Das Taschengeld wird pauschal um 60 Euro Fahrgeld aufgestockt.“

Zusätzlich erhalten die Freiwilligen der Awo eine Mittagsverpflegung, die im Einzelfall auch als zusätzliche Geldleistung in Höhe von 99 Euro im Monat ausgezahlt werden kann. Winter: „Außerdem übernimmt der jeweilige Träger natürlich auch die Sozialversicherungspflichten, wie bei jedem anderen Arbeitnehmer.“

Ein Wunsch, den auch der Geschäftsführer der Wittener Lebenshilfe, Dieter König, teilt. Die Lebenshilfe beschäftigt derzeit 16 junge Leute im Freiwilligendienst. „Die Zahl ist zwar ausreichend“, so König. Allerdings sei es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, junge Menschen für eine solche Arbeit zu finden, „vor allem geeignete“. Was der Lebenshilfe-Geschäftsführer immer wieder erlebt: „Interessierte, die zu uns kommen wollten, treten dann gar nicht an, weil sie einen Studienplatz gefunden oder andere Pläne haben.“ Andere kämen zum Freiwilligendienst, hielten das vereinbarte Jahr dann aber nicht durch.

Durch den Freiwilligendienst die Fachhochschulreife erreichen

Was viele junge Menschen nicht wissen, den Freiwilligendienst für sie aber interessant machen könnte, erklärt Awo EN-Geschäftsführer Jochen Winter: „Zwölf Monate Freiwilligendienst wird für die, die ohne Abitur nach der zwölften Klasse die Schule verlassen oder die, das Abitur nicht bestehen, als Praxisbezug anerkannt.“ Durch den Freiwilligendienst werde dann die Fachhochschulreife erreicht.