Witten. Wer alte Musikaufnahmen oder Fotografien für die Zukunft bewahren will, ist bei Heinz Gruß richtig: Der Wittener digitalisiert analoge Schätze.

Nein, Heinz Gruß ist kein Messias. Er sieht sich aber als Retter – als „Retter der analogen Schätze“. Denn der Wittener Musik­produzent kopiert, überspielt und scannt ganz per­sönliche „alte Schätzchen“, nämlich Langspielplatten, VHS-Kassetten, Musikkassetten und auch Fotos. Durch Digitalisierung rettet er analoge Dokumente für die Zukunft.

„Meine Kunden kommen mit selbstgedrehten Filmen von Familienfeiern oder Kindergeburtstagen“, erzählt der 62-Jährige. Andere wiederum haben alte Kassetten in der Schublade gefunden, die sie von Radiosendungen aufgenommen haben. „Auch wenn die Moderatoren wie Mal Sondock oder Alan Bangs reinge­quatscht haben – die Leute wollen solche Erinnerungsstücke kom­plett überspielt haben“, schmunzelt Gruß.

Sogar das Knistern der LP soll beibehalten werden

Auch Reden und Jubilarehrungen, kleine Sketche oder selbstgeschriebene Hörspiele aus der Jugendzeit werden dem Multi-Media-Betreiber ins Ledderken gebracht. „Manche LPs sind staubig und ich kann sie nach dem Transfer mit einem sogenannten De-Clicker säubern, aber manche Besitzer möchten sogar das Knis­tern ihrer Scheibe auch in der neuen Datei hören“. Das so gerettete Vi­nyl be­kommen die Musikliebhaber dann als CD oder auf dem USB-Stick mit nach Hause.

Musik- und VHS-Kassetten im Tonstudio von Heinz Gruß in Witten.
Musik- und VHS-Kassetten im Tonstudio von Heinz Gruß in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Und einige Plattensammler trennen sich dann immer noch nicht von ihrer LP – weil die Hülle klasse aussieht oder weil sie sie beim Hören in den Händen halten möchten, um die Texte mitzulesen. Man denke nur an solche Kunstwerke auf Alben wie „Stand Up“ von Jethro Tull, „Sticky fingers“ von den Rolling Stones oder „Sgt. Pepper“ von den Beatles. Ganz zu schweigen von aufwändig gestalteten Klapp-Co­vern mit Beilagen von Pink Floyd, Yes oder Paul McCartney, die un­trennbar zur Musik gehören.

Kunden wollen Cover der Langspielplatten behalten

Selbst wenn ein Sammler schon längst keinen Schallplattenspieler mehr hat, wollen die Kunden von Heinz Gruß also das Cover behalten, auch wenn die Musik nun aus dem CD-Player oder dem PC ertönt. Denn auf der Hülle der Tonträger finden sich auch Widmungen oder Auto­gramme – oder sie erinnern an die erste Liebe, die im Partykeller der verreisten Eltern begann. Also scannt der ehemalige Sparkassen-Betriebswirt auch kleine und große Hüllen oder brennt sie auf die CD-Oberseite und druckt das Inlay, die Innenhülle der LP, dazu.

In erster Linie Musikproduzent

In erster Linie ist Heinz Gruß Musikproduzent u.a. für die Rockband „Cris“ und den Schlagersänger Luca Engels. Dazu kommen noch Video­produkti­onen von Konzerten und Veranstaltungen.

Weitere Infos unter www.ceem-records.de

Doch Heinz Gruß rettet nicht nur musikalische Schätze, sondern auch auf Fotografien festgehaltene Erinnerungen. So digitalisiert er etwa auch alte Dias: „Eine Sauarbeit, für die man lange mit einem Rollei-Scanner braucht, wenn der Kunde zehn Magazine mit 720 Bildern bringt“, sagt Gruß. „Aber ich mache das gerne, denn die meisten Leute gehen mit einem guten Gefühl nach Hause.“

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Und wer einen alten Film für die Zukunft festhalten will, dem bietet der Musikproduzent noch mehr als nur das bloße Überspielen: Er kann Farbtöne auf­hel­len, verwackelte Szenen aus dem Film ­schneiden, oder sogar Kamerafahrten simulieren. Und schon ist das alte Schätzchen aufpoliert und wirkt fast schon wie ein neuer Film. Ge­rettet auf DVD.