Zwei bis drei Jugendliche mit Vollrausch werden jede Woche in die Kinderklinik des Marien-Hospitals eingeliefert, sogar Zwölfjährige sind dabei. „Die Zahlen sind bis Anfang des Jahres stark angestiegen und jetzt stagnieren sie auf hohem Niveau”, sagt Chefarzt Dr. Jan Claudius Becker.

Vor fünf Jahren noch war es nur ein Jugendlicher pro Monat.

mmer wieder am Wochenende werden sie vom Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht – unter 18-Jährige, die im Schnitt 1,3 bis 1,5 Promille im Blut haben, manche sogar bis 3 Promille. Alle kommen in die Intensivstation, werden dort beobachtet und bei Bedarf auch beatmet.

Weil eine Unterzuckerung das Gehirn stark schädigen kann, bekommen sie eine Zuckerlösung über eine Infusion: „Das machen wir nicht gerne”, sagt Dr. Jan-Claudius Becker. Denn dann blieben am nächsten Morgen die Kopfschmerzen aus. Im Gedächtnis blieben ihnen aber auf jeden Fall die Pampers, die alle volltrunkenen Jugendlichen im Krankenhaus angezogen bekommen, damit sie nicht ins Bett machen.

„Wir schießen auch Fotos von den Jugendlichen, wie sie eingekotet und voller Erbrochenem bei uns ankommen”, erklärt Becker weiter. Die zeigen die Ärzte und Schwestern den jungen Leuten dann am nächsten Tag. „Das schreckt ab” – nicht nur die Jugendlichen, sondern vor allem auch die Eltern, die ihre Kinder abholen müssen. Vor der Entlassung sprechen die Ärzte eindringlich mit Eltern und Jugendlichen, bei „Wiederholungstätern”, so Becker, werde auch schon mal das Jugendamt eingeschaltet.

Alkoholisierte junge Leute sind leider auch im Evangelischen Krankenhaus keine Seltenheit, weiß Dr. Mario Iasevoli, Chefarzt der Medizinischen Klinik. Ein bis zwei würden pro Monat eingeliefert – allerdings nur über 16-Jährige, Jüngere kämen direkt in die Kinderklinik. Immer wieder müssten Alkoholspiegel von 2 bis 3 Promille behandelt werden: Wer so viel Alkohol im Blut habe, trinke wahrscheinlich regelmäßig, so Iasevoli. Denn Werte über 3 Promille seien eigentlich lebensgefährlich. Um überhaupt einen so hohen Alkoholspiegel zu erreichen, müssten die Jugendlichen schon sehr schnell sehr Hochprozentiges trinken.

Die jungen Patienten kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten und mittlerweile seien Mädchen genauso oft betroffen wie Jungs, weiß Dr. Jan-Claudius Becker. „Alkohol ist heute ein ganz massives Problem.” Nicht nur, weil die volltrunkenen Patienten im Krankenhaus viel Personal in Anspruch nähmen, das auch an anderer Stelle gebraucht würde. Die Gesellschaft gehe mit den Gefahren des Alkohols einfach zu sorglos um, unter 18-Jährige kämen zu leicht an Hochprozentiges.

Und die Gefahren seien nicht zu unterschätzen: „Bei jedem Vollrausch büßt man ein paar IQ-Punkte ein.” Das kann auch Dr. Mario Iasevoli unterstreichen: Er habe einen 24-jährigen Patienten, der schon mit 15 Jahren angefangen habe zu trinken. Sein Gehirn sei mittlerweile so geschädigt, dass er pflegebedürftig ist.