Witten. 2024 startet der Neubau der Ruhrbrücken mit einem Komplettabriss der alten. Dann droht Herbede für Jahre vom übrigen Witten abgenabelt zu werden.
Wird Herbede für bis zu vier Jahre vom übrigen Wittener Stadtgebiet abgeschnitten? Diese Befürchtung macht im Dorf die Runde, seitdem die Pläne von Straßen NRW konkreter werden. Für die Sanierung der dreiteiligen Ruhrbrücke ab 2024 ist eine Vollsperrung der Wittener Straße offenbar unausweichlich.
Die drei maroden Brücken sollen komplett ersetzt werden. Das sind die Omega-Brücke über die Bahngleise, eine kleine Brücke über die Straße „Ruhrtal“ und das 375 Meter lange Stück, das über Mühlengraben und Ruhr führt. Außerdem ist auf der Hevener Ruhrseite ein Kreisverkehr geplant, um den häufigen Rückstaus an der Kreuzung Seestraße, Fahrendelle und Herbeder Straße ein Ende zu machen. 20 Millionen Euro soll das Projekt kosten, das Auswirkungen bis zur Ecke Herbeder Straße/Alter Fährweg hat.
Neubau gleichzeitig in zwei Richtungen
Im Verkehrsausschuss im März 2018 war noch die Rede davon, die neuen Brücken erst parallel zu errichten und dann zu verschieben, so dass weiterhin Verkehr möglich ist. Von diesen Plänen ist der Landesbetrieb nun abgerückt, wie die zuständige Planerin Heike Ischebeck bestätigt. „Das geht nicht, weil der Brückenzug zu lang ist und wir außerdem die doppelte Gewässersituation haben.“ Außerdem sei im Bereich von Haus Herbede für ein Parallelbauwerk kein Platz. Das heißt: Alle drei Brücken werden am Stück abgerissen. Von der Straße „Ruhrtal“ aus startet der Neubau in beiden Richtungen. Der Landesbetrieb rechnet mit einer Bauzeit von zwei bis vier Jahren. „Das heißt aber nicht, dass die Brücken volle vier Jahre gesperrt sind.“
Abbruch muss für die Nachwelt dokumentiert werden
Mindestens 12.000 Fahrzeuge – so eine Zählung aus 2015 – passieren täglich die Herbeder Ruhrbrücken. Ein Teil, nämlich die Omega-Brücke, ist denkmalgeschützt. Ihr Abbruch ist möglich, muss aber genau dokumentiert werden. Die meisten Brücken mit Tragebögen in Form des (in die Breite gezogenen) griechischen Buchstabens „Ω“ – Omega – wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ein Grund, warum sich die Denkmalpflege für den Erhalt der 1934 erbauten Wittener Brücke eingesetzt hatte.
Regelmäßig fordern die Herbeder Bürger, die Wittener Straße im Bereich der Bahngleise und Haus Herbede ebenerdig zu führen. Das ist aber nach dem „Eisenbahnkreuzungsgesetz“ unmöglich, nach dem neue Kreuzungen zwischen Bahnstrecke und Straße grundsätzlich als Überführungen auszuführen sind. Zwar werden die Herbeder Gleise aktuell nur vom Museumszug und den Zügen des Schrott-Verwerters Boetzel genutzt. Sie sind aber auch eine Ersatzstrecke der Deutschen Bahn bei Streckensperrungen.
Heike Ischebeck betont, dass die Planungen derzeit auf Hochtouren laufen und Umleitungen noch ausgetüftelt werden. Im Vorfeld werde es dann Informationsveranstaltungen für die Bürger geben, „wir planen das nicht im stillen Kämmerlein“. Viele Wittener werden während der Bauzeit sicherlich auf die A 43 ausweichen. Ischebeck: „Aber eine Bedarfsumleitung wird nicht über die Autobahn gehen.“ Genaue Details gebe es noch nicht.
Die Herbeder fürchten einen langen Umweg über Vormholzer Straße, Durchholz und Bommern. So abgenabelt zu sein, sorgt viele. Deutlich wurde das bei den Stadtteilgesprächen, die der SPD- und CDU-Ortsverein in den letzten Monaten angeboten haben. „Die Politik tut gut daran, die Leute darauf vorzubereiten, was auf uns zukommt. Das wird ein Riesenproblem“, prognostiziert SPD-Ratsherr Klaus Pranskuweit. Vieles sei unklar.
Wie etwa läuft der Busverkehr? Allein fünf Linien passieren Herbede plus Schulbusverkehr zur Gesamtschule Hardenstein. Immerhin habe man eine Rettungsdienststelle und die Feuerwehr in Herbede, sagt Pranskuweit. An Geschäftseinbußen, wie sie etwa Edeka-Chef Dominik Grütter befürchtet habe, teilt er nicht. „Zwar können keine Wittener nach Herbede kommen. Aber die Herbeder wären gezwungen, im Ort einzukaufen.“
Bei allen Sorgen: „Wir brauchen eine funktionierende Ruhrüberquerung für Herbede“, sagt Pranskuweit „Das ist wie mit dem Bau der Pferdebachstraße. Manche Sachen muss man einfach in Kauf nehmen.“