Witten. Der Pfarrer hat sie „Heilige“ genannt und ihnen im Namen von ganz Herbede gedankt. Wittens Ortsteil feierte seine wahren Helden, die Feuerwehr.
Stimmungsvolle Hits zum Tanzen, anrührende Kirchenlieder und dumpfe Paukenschläge zum festlichen Finale: Bei der Jubiläumsfeier der Freiwilligen Feuerwehr Herbede zum 150-jährigen Bestehen hat am Wochenende wirklich nichts gefehlt. Nach den Feiern am Freitag und Samstag im Zelt auf dem Lohmann-Parkplatz folgten am Sonntag mit Gottesdienst, Festumzug und Frühschoppen weitere Höhepunkte.
Stolz wären sie wohl gewesen, die Gründungsväter um den Kaufmann Ludwig Ruhrmann, hätten sie diesen Marsch der Blauröcke aus ganz Witten und die Fahrzeugparade mit den prächtigen roten und rosa Löschfahrzeugen samt Drehleiter gesehen, die sich am Sonntagmorgen von der Wache am Jever Krog zum Parkplatz nahe der Lakebrücke in Bewegung setzten. Die Kinder der Jugendfeuerwehr laufen in ihren blauen Schutzanzügen mit den orangefarbenen Schulterklappen mit, die Erwachsenen in ihren schönen Uniformen und auch die drei einzigen Feuerwehrfrauen unter den 42 Herbeder Aktiven dürfen nicht fehlen. Tatsächlich schiebt eine von ihnen sogar einen Kinderwagen!
Drei Frauen gehören in Witten-Herbede zur aktiven Truppe
Das ist kein getarntes Minilöschfahrzeug, sondern darin liegt die knapp zehn Monate alte Emma, die Tochter von Carolin Konrad. Die 36-Jährige ist seit 2016 in der Löschgruppe dabei und macht alles, was die Männer auch tun. Über einen Freund und ihren Bruder brach sie in die Männerdomäne ein, und hat viel Spaß an dem freiwilligen Dienst. „Helfen und Kameradschaft“ nennt sie wie viele Kameraden als Grund, warum sie sich selbst unter der Dusche per Funkmelder zum Einsatz rufen lässt.
Mal ist es eine Mülltonne, die in Flammen steht, es können aber auch Unfälle und Großbrände sein. „Bei Kogelheide hat’s damals gebrannt, auf der Autobahn, es gibt viele Einsätze“, sagt Andreas Schirrmacher, der ebenfalls im Festumzug mitläuft. Er ging zur Freiwilligen Feuerwehr als Ersatz für die Bundeswehr. „Es hat sofort Spaß gemacht und dann bin ich dabei geblieben.“ Dass sich das Ehrenamt oft weder mit dem Beruf – der 41-Jährige ist selbstständig – noch mit der Familie vereinbaren lässt, verhehlen die Mitglieder nicht. Doch sie wissen ihre Angehörigen hinter sich, wie sich auch im Gottesdienst am Morgen zeigt.
„Die Heiligen, das seid nicht zuletzt ihr“, sagte der junge Pfarrer
Dort sieht man viele blaue Uniformen in den Reihen, aber auch Mütter und Kinder, die den Papa öfter entbehren müssen, weil der Pieper wieder geht oder nur eine Übung ansteht. Diesen besonderen Dienst an der Allgemeinheit würdigt Pfarrer David Raasch (34). „Löschen, bergen, retten, schützen“, meint er, „das ist Freiwillige Feuerwehr“. Und das mit dem Retten und Schützen habe schon Jesus gesagt. „Deshalb kommt ihr in den Himmel“, so der junge Pfarrer. Er dankt und gratuliert der Einheit „im Namen von Herbede“. Dann stimmt die volle Kirche „The Saints“ an und der Geistliche sagt dazu: „Die Heiligen, das seid nicht zuletzt auch ihr.“
Sein katholischer Amtsbruder Thomas Becker (60) segnet, natürlich mit Wasser, die neue Standarte, die sich Herbede extra zum Jubiläum anfertigen ließ. Berühren lassen sich viele in diesem Gottesdienst von der Erinnerung an einen verstorbenen Feuerwehrkameraden aus Hagen.
Erinnerung an verstorbene Kameraden
Er starb bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg zum Einsatz. Die Kollekte am Ausgang ist für seine Angehörigen bestimmt. Gedacht wird weiterer verstorbener Feuerwehrleute, aus Herbede und in der ganzen Welt. 9/11, der 11. September 2001, darf da nicht fehlen, New York, die zerstörten Türme, in denen auch viele Feuerwehrmänner ihr Leben ließen, um andere zu retten.
Selbst beim Gottesdienst in der evangelischen Kirche geht der Funkmelder
Beeindruckt vom Engagement der Herbeder Löschgruppe zeigt sich Stahlunternehmer Gunnar Lohmann-Hütte, der Schirmherr der Festveranstaltung. Imponiert hat ihm auch, wie die Truppe feiern konnte. Allerdings mussten zwei Mitglieder die Kirche am Sonntag schnell wieder verlassen. Ein Einsatz rief. So ist das, wenn man bei der Feuerwehr ist. Diesmal war’s nur ein vergessener Topf auf dem Herd.