Witten. Mit über 400.000 Euro Förderung ist das „Haus im Park“ weitere drei Jahre gesichert. Die Anlaufstelle für Junkies bekam deshalb hohen Besuch.

Während Martin (61) und Manuel (49) draußen die Tomatenpflanzen schneiden, stellen die Offiziellen drinnen die Weichen für die Zukunft. Das „Haus im Park“, eines von zwei niederschwelligen Angeboten für Drogen- bzw. Alkoholabhängige im EN-Kreis, ist finanziell für weitere drei Jahre gesichert. Anlässlich der Vertragsverlängerung kamen Landrat, Bürgermeisterin, die Sozialdezernenten von Stadt und Kreis mit den Vertretern des gleichnamigen Vereins am Rande des Lutherparks zusammen.

Nirgendwo im EN-Kreis gibt es eine solche niederschwellige Einrichtung, die so in das Gemeinwesen integriert ist“, sagte Vereinsvorsitzender Jochen Winter von der Awo bei dem Ortstermin am Mittwochmorgen. Landrat Olaf Schade wies auf die gute Zusammenarbeit des Kreises mit der Stadt Witten hin und Bürgermeisterin Sonja Leidemann ergänzte: „Es ist wichtig, dass es so unaufgeregt läuft.“

Die Spitzen von Kreis, Stadt und Verein trafen sich anlässlich der Vertragsverlängerung am Mittwoch (28.8.) in dem Haus am Rande des Wittener Lutherparks. Vorne: Bürgermeisterin Sonja Leidemann (2.v.re.) mit Landrat Olaf Schade (2.v.li.), dem Vereinsvorsitzenden Jochen Winter (links) und der Sozialdezernentin des EN-Kreises, Astrid Hinterthür (re.). In der zweiten Reihe links steht Hausleiter Markus Reckert.
Die Spitzen von Kreis, Stadt und Verein trafen sich anlässlich der Vertragsverlängerung am Mittwoch (28.8.) in dem Haus am Rande des Wittener Lutherparks. Vorne: Bürgermeisterin Sonja Leidemann (2.v.re.) mit Landrat Olaf Schade (2.v.li.), dem Vereinsvorsitzenden Jochen Winter (links) und der Sozialdezernentin des EN-Kreises, Astrid Hinterthür (re.). In der zweiten Reihe links steht Hausleiter Markus Reckert. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

15 bis 20 Abhängige kommen täglich in das Haus am Rande des Lutherparks

15 bis 20 Drogenabhängige suchen das Haus im Schnitt zur Zeit täglich auf, tauschen dort Spritzen, frühstücken, essen Mittag, waschen Wäsche oder lassen sich beraten. Sie in eine qualifizierte Entgiftung zu vermitteln, sei ein Ziel, sagt Einrichtungsleiter Markus Reckert (53). Er hebt aber die Freiwilligkeit dabei hervor, diese Angebote in Anspruch zu nehmen.

Ein Großteil der Klienten ist im Methadonprogramm, das heißt, Heroin wird durch Methadon oder andere, die körperlichen Entzugserscheinungen hemmende medizinischen Stoffe. Mehrere niedergelassen Ärzte in Witten beteiligen sich an diesem Substitutionsprogramm, sogar mit abwechselnden Diensten am Wochenenden. Auch dieses Netz ist im Kreis einmalig. Einen Automaten für saubere Spritzen gibt es ebenfalls im Haus. Die Polizei zählte 2018 insgesamt 183 Rauschgiftdelikte, 2017 waren es noch 237.

Wittens Sozialdezernent Frank Schweppe erinnerte daran, wie es bei der Gründung des Hauses im Park im Jahre 1998 gelungen sei, Ärzte, Polizei, Kirchengemeinde und andere Beteiligte ins Boot zu holen. Damals habe es eine offene Drogenszene gegeben, die sich unter anderem an der Bruchsteinmauer der Johanniskirche aufhielt. In der Szene war sie nur als „Die Mauer“ bekannt. Mit Geldern der Software AG wurde die ehemalige städtische Gärtnerunterkunft umgebaut.

Als das Haus im Park gegründet wurde, gab es eine offene Drogenszene in Witten

„Es gab überdurchschnittlich viele Drogenabhängige in Witten, als der Verein gegründet wurde“, erinnert sich Hausleiter Markus Reckert. Es gebe zwar immer noch viele, aber andere Städte hätten deutlich mehr Probleme, auch mit der Verdrängung von bestimmten Plätzen. „Als wir anfingen, lagen draußen mehr Spritzen herum“, sagt Reckert. Heute würden die Klienten immer älter, meist seien sie über 40. „Wir haben aber auch noch bis zum letzten Jahr viele Todesfälle zu verzeichnen gehabt.“

Längst weg vom Heroin: Manuel, der gerade die Pflanzen gießt, ist froh über seinen 1,50-Euro-Job beim „Haus im Park“ in Witten.
Längst weg vom Heroin: Manuel, der gerade die Pflanzen gießt, ist froh über seinen 1,50-Euro-Job beim „Haus im Park“ in Witten. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Zurück zu Martin und Manuel, die draußen das Grün bearbeiten. Martin hat keine Suchtproblematik, versucht aber, mit 61 Jahren „arbeitsmäßig noch was zu machen“. Arbeitsbeschaffung wie Gartenpflege gehört zu den weiteren Betätigungsfeldern des Vereins. Manuel, der Jüngere, ist froh, nach zehnjähriger Abhängigkeit vom Heroin los zu sein, das nun schon seit 13 Jahren. Er ist im Methadonprogramm. Ob es noch eine Drogenszene im Park gebe? „Ja“, sagt er, „30 oder 40 Leute sitzen immer noch vorne auf der Bank.“ Die meisten konsumierten aber im Privaten. Er selbst sei froh, den 1,50-Euro-Job zu haben. „Es gibt Geld und ich bin unter Leuten.“