Witten. 514 Menschen haben im Vorjahr Rat und Tat bei der Wohnungslosenhilfe der Diakonie in Witten gesucht. Beim Start vor 20 Jahren waren es 90.

Immer mehr Menschen sind davon bedroht, wohnungslos zu werden. Musste sich die Wohnungslosenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr vor 20 Jahren um rund 90 Betroffene kümmern, suchten 2018 schon 514 Menschen in Witten, Wetter und Herdecke ihre Unterstützung.

„Die Zahl der Menschen, die in Armut in diesem reichen Land lebt, wächst immer weiter’“, sagt Sozialarbeiter Rolf Ellmer. „Und es wird immer schwieriger, eine Wohnung zu finden“, ergänzt sein Kollege Jürgen Pass. „Ende der 90er Jahre war der Wohnungsmarkt sehr offen. Die Wohnungsunternehmen oder Privatpersonen sind sogar auf uns zugekommen, um Mieter zu finden. Heute sieht das ganz anders aus. Wir telefonieren die Annoncen ab, um für Wohnungssuchende etwas Passendes zu finden.“ Diese Tendenz lässt sich auch an Zahlen ablesen: 2017 fanden noch 148 Personen, also 30 Prozent, mit Unterstützung der Beratungsstelle eine neue Wohnung. 2018 waren es 125, also 25 Prozent.

„Wir holen, wenn nötig, auch noch Kollegen ins Boot“

Die gute Nachricht: 352 Ratsuchende brauchten nach 2018 nicht mehr die Hilfe der Diakonie. Aber 162 Personen blieben über den Jahreswechsel hinaus in einem Betreuungs- und Beratungsverhältnis. Und nicht jeder, dem aus der prekären Situation geholfen werden konnte, bleibt in einer stabilen Lage. Rund 30 Prozent nehmen über kurz oder lang die Dienste der Wohnungslosenhilfe nochmal in Anspruch.

Das betreute Wohnen

2018 nahmen zehn Menschen das Angebot für ambulant bereutes Wohnen wahr. Die Betreuungsdauer fällt sehr unterschiedlich aus.

Vier Personen wurden bis zu zwei Jahren betreut, eine Person drei Monate und eine Person einen Monat. Zwei Fälle wurden 2018 abgeschlossen. Die anderen acht Personen nehmen das Angebot 2019 weiter wahr.

„Wir machen mit denjenigen, die unsere Unterstützung brauchen, Einstiegsgespräche“, sagt Mitarbeiter Jürgen Paas. „Da stellen wir dann fest, wo genau das Problem liegt. Und wir holen, wenn nötig, auch noch Kollegen ins Boot.“ Beispielsweise von der Drogenberatung. Oder von der Jugendhilfe. Denn der Anteil der jungen Erwachsenen bis 27 Jahren, die sich an die Wohnungslosenhilfe wendet, liegt bei 39 Prozent, der Anteil der Frauen bei 21 Prozent. „Häufig sind es jüngere Frauen, die Krach mit ihren Eltern haben und aus der Wohnung fliegen“, sagt Rolf Ellmer. Aber die Frauen, die im vorigen Jahr in die Beratungsstelle an der Röhrchenstraße kamen, waren bis zu 64 Jahren alt.

Viele haben zu Beginn der Beratung kein Einkommen

Eine weitere kritische Zahl: 156 Personen hatten zu Beginn der ersten Gespräche kein Einkommen. „Ihnen fehlt eine feste Adresse oder sie haben keinen Kontakt zu den Jobcentern. Hier versuchen wir, Kontakte herzustellen“, sagt Pass. Häufig mit Erfolg: Zum Betreuungsende im vorigen Jahr hatten nur noch 24 Personen kein Einkommen. Die Wohnungslosenhilfe bietet auch direkte Hilfe an: Ein günstiges Frühstück kostet einen Euro, ein Mittagessen 1,80 Euro. Außerdem gibt es eine Kleiderkammer, Dusche und Waschmaschinen.

Als wichtiger zusätzlicher Baustein zur Unterstützung von Menschen in schwierigen Wohn- und Lebensverhältnissen hat sich das Betreute Wohnen erwiesen. Seit Herbst 2018 wurde das Ambulante Betreute Wohnen um eine zusätzliche halbe Stelle aufgestockt. Durch die Anbindung und unmittelbare Nähe zur Beratungsstelle an der Röhrchenstraße besteht ein enger Kontakt und für die Klienten ist die unkomplizierte Erreichbarkeit von Vorteil.