Witten. Wie übersteht man die Hitzetage? Worauf müssen Herzkranke achten? Dr. Hans-Jörg Hippe, Chef-Kardiologe am Marien-Hospital, erklärt’s.
Extrem hohe Temperaturen von weit über 30 Grad sind schon für gesunde Menschen eine Belastung. Für Herzpatienten und ältere Menschen kann die Hitze aber zu einer Gefahr für die Gesundheit werden. Der Chefarzt der Kardiologischen Klinik des Marien-Hospitals erklärt, worauf alte und herzkranke Menschen in diesen Tagen achten sollten.
„Die meisten Menschen, die an einer Herz-Kreislauferkrankung leiden, nehmen blutdrucksenkende oder entwässernde Medikamente ein, um ihr geschwächtes Herz zu entlasten“, erklärt Privatdozent Dr. Hans-Jörg Hippe. Genau hier liege für sie die größte Gefahr bei extremer Hitze. Der Grund: Bei Wärme erweitern sich die Blutgefäße, der Blutdruck sinkt. Kommt dann ein blutdrucksenkende Mittel hinzu, kann es passieren, dass der Blutdruck zu weit absinkt und Schwindel oder sogar ein Kreislaufkollaps drohen.
Bei Herzkranken muss eventuell die Medikamenten-Dosis geändert werden
„Daher sollten Herzpatienten, gerade wenn es sehr warm ist, den Blutdruck regelmäßig kontrollieren“, rät der Mediziner. Sei der Blutdruck auffallend niedrig, sollte der Patient Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten. Hippe: „Dieser kann die Dosis der Medikamente gegebenenfalls vorübergehend reduzieren.“ Auch die Einnahme von Entwässerungstabletten – so genannte Diuretika – kann für Herzkranke während einer Hitzewelle zum Problem werden. Der Chefarzt: „Durch die extremen Temperaturen gehen Flüssigkeit und Mineralien wie Kalium, Magnesium und Natrium (Elektrolyte) verloren.“
Entwässerungstabletten, die Patienten mit Herzschwäche, Nierenerkrankungen oder Bluthochdruck einnehmen müssten, verstärken diesen Verlust unter diesen Umständen so stark, dass es zu Schwindel, Austrocknung oder Herzrhythmusstörungen kommen könne. Hippe: „Eventuell muss auch hier die Medikamentendosis in Absprache mit dem Arzt gesenkt werden.“
Trinken ältere Menschen zu wenig, kann dies zu einem Kreislaufkollaps führen
Was bei Hitze älteren Menschen auch gefährlich werden kann: Sie trinken häufig zu wenig, weil bei ihnen das Durstempfinden nicht mehr so stark ausgeprägt ist. Der Herzspezialist: „Schwitzen diese dann noch vermehrt, drohen Austrocknung und ein Mangel an Elektrolyten, was schnell zu einem Kreislaufkollaps führen kann.“
Gesunde Menschen könnten so viel Flüssigkeit zu sich nehmen, bis ihr Durstgefühl gestillt ist. Wer aber etwa unter einer Herzschwäche leide, könne Gefahr laufen, zu viel zu trinken, so der Mediziner. „Diese Flüssigkeitsmenge kann das Herz dann nicht mehr bewältigen. Es kommt zu einem Rückstau mit Wassereinlagerungen in den Beinen oder in der Lunge.“ Der Herzpatient bemerke das Problem, wenn er vermehrt unter Atemnot und einer kurzfristigen Gewichtzunahme leide. Der Chefarzt empfiehlt diesen Patienten, ihren Flüssigkeitshaushalt durch regelmäßiges Wiegen am Morgen und am Abend zu kontrollieren, auf Flüssigkeitseinlagerungen in den Beinen oder Atemnot zu achten.
A
uch gesunde Menschen sollten körperliche Belastungen vermeiden
Grundsätzlich komme es bei Hitze nicht nur auf die Trinkmenge an. Der Chefarzt: „Beim Schwitzen verlieren wir Elektrolyte, die für den Erhalt der Körperfunktionen wichtig sind. Daher sollte man zu Mineralwasser greifen, aber auch zu Saftschorlen.“ Wer zwischendurch eine Banane esse, führe seinem Körper Kalium und Magnesium zu.
Auch gesunden Menschen rät der Mediziner, bei großer Hitze zusätzliche Belastung für den Körper so gering wie möglich zu halten. „Man sollte sich körperlich nicht zu sehr anstrengen und sich auch nicht der direkten Sonne aussetzen.“ Luftige Kleidung und regelmäßige Abkühlungen mit kaltem Wasser (Gesicht, Hände, Füße) würden ebenfalls helfen, die Hitze erträglicher zu machen.
Einmal messen, ob der Blutdruck und der Puls in Ordnung sind
Und was tun bei plötzlichem Unwohlsein? „Sollte man sich bei großer Wärme plötzlich nicht gut fühlen, empfehle ich, wenn möglich, zunächst einmal zu Hause zu messen, ob Blutdruck und Puls in Ordnung sind“, erklärt der Arzt. „Außerdem sollte man ein großes Glas Mineralwasser oder verdünnten Saft trinken und sich ausruhen.“ Fühlt man sich danach noch immer nicht besser, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Andreas Vincke, Leiter des Altenzentrums am Schwesternpark Feierabendhäuser, freut sich, dass keiner seiner 111 Bewohner bislang aufgrund der Hitze ins Krankenhaus musste. Zig Mal am Tag würden Mitarbeiter im Haus die Bewohner zum Trinken auffordern. „Und unsere Mitarbeiter trinken dabei auch etwas. Für sie ist die Arbeit bei diesen Temperaturen, pflegen, waschen, duschen auch eine große Belastung.“