Witten. Die Juni-Hitze hat vielerorts Gras vertrocknen lassen, neues wächst nicht nach. Schäferin in Sorge: „Ich bekomme meine Tiere nicht satt.“
Temperaturen von um die 36 Grad im Juni, wochenlang nicht wirklich Regen: Was für den einen Grund zur Freude sein mag, ist für Schäferin Dunja Berendsen eine Katastrophe. „Ich habe große Probleme, meine Tiere satt zu bekommen“, sagt die 47-jährige. Denn dort, wo ihre Schafe sonst weiden, blickt Berendsen statt auf saftiges Grün auf „verbrannte Erde und Heu am Halm“. Auf Facebook hat die 46-Jährige daher schon einen Aufruf gestartet und sucht nach zusätzlichen Weideflächen für ihre Schafe.
Das Problem: Wo die Tiere bereits ihren Hunger gestillt haben, wächst derzeit einfach nichts nach – ob daran der aktuelle Regen etwas ändern wird, wird sich erst zeigen. Die 120 Schafe grasen normalerweise nicht nur auf den hofeigenen Flächen, sondern auf verschiedenen Weiden, etwa auf der Streuobstwiese neben Sonnenschein und der Fläche der Firma Lohmann am Ruhrufer. „Damit sind wir sonst immer über den Sommer gekommen, aber jetzt reicht es überhaupt nicht mehr“, sorgt sich Berendsen, die seit zehn Jahren Schafe züchtet.
Schäferin musste Tiere zurück auf den Hof holen
Die Herde, die auf der Wiese bei Sonnenschein stand, musste Berendsen Anfang Juli abholen und auf den Hof bringen, weil die Fläche komplett abgegrast war. Nun füttert sie die Tiere mit Heu. An der Ruhr steht noch eine Gruppe ihrer Schafe. „Aber die muss ich auch bald nach Hause, wenn sich keine neue Fläche findet. Ich kann froh sein, wenn ich die Tiere irgendwie über den Sommer bringe.“
Normalerweise stehen die Tiere des Naturhofs fast das ganze Jahr hindurch auf verschiedenen Weiden, auch im Winter. Es sind „Coburger Füchse“, eine vom Aussterben bedrohte, alte Landschaf-Rasse. „Die Tiere sind sehr robust“, sagt Berendsen. Nur für die Lammzeit zwischen Ende Februar und Mai kehren die trächtigen Weibchen zurück in den Stall – und werden dort mit Heu gefüttert. Nun muss Berendsen ihre Tiere bereits im Sommer mit Heu über Wasser halten.
Eigenes Futter reicht nicht mehr aus
Einen Großteil des benötigten Heus konnte die Schäferei bislang selbst bereitstellen. Denn zum Hof gehören auch rund 3,5 Hektar Wiese für die Heuproduktion. „Die Wiese war früher viel grüner, saftiger, üppiger“, so Berendsen. Doch nun reicht das eigene Futter nicht mehr aus.
„Für die Lammzeit dieses Jahr mussten wir etwa 14 große Heuballen zukaufen, um die Tiere vernünftig satt zu bekommen“ sagt Berendsen. Rund 150 Kilo Heu sind in einem solchen Ballen zusammen gepresst, er koste für gewöhnlich 45 Euro. In diesem Jahr aber sei der Preis auf 95 Euro gestiegen, erzählt Schäferin Berendsen. Eine Belastung für die kleine Schäferei. „Das holen wir einfach nicht mehr rein.“
Große Probleme und große Anteilnahme
Bereits im vergangenen Sommer kämpfte der Hof mit Trockenheit und Hitze, hatte Probleme, ausreichend Futter zu finden. Im Januar 2018 hatte zudem Sturm Friederike den damaligen Schafstall zerstört, ein neuer musste gebaut – und finanziert – werden. „Das letzte Jahr hat uns arg gebeutelt“, sagt die gelernte Bürokauffrau.
Hoffnungsvoll stimmt sie aber die große Anteilnahme, die ihr nach ihrem Hilferuf auf Facebook zuteil wurde. Der Beitrag wurde über 300 Mal geteilt, hat knapp 17.000 Nutzer erreicht. Zahlreiche Hilfsangebote hat der Naturhof erhalten, viele Nutzer boten Weideflächen an. „Das hat mich sehr gerührt“, freut sich die 47-Jährige. „Ich muss mir jetzt erstmal einen richtigen Überblick verschaffen. Und ich versuche, jedem einzelnen zu antworten.“ Welche Angebote letztendlich tatsächlich in Frage kommen, müsse sich noch zeigen. „Die Weide sollte nicht all zu weit weg und ausreichend groß sein, sonst ist das für uns logistisch fast nicht machbar.“ Doch sie ist optimistisch: „Ich glaube nicht, dass wir notschlachten werden müssen.“