Witten. Die Liebe zum Trabi hält auch noch 30 Jahre nach dem Mauerfall. Das zeigte beim Treffen auf Zeche Theresia in Witten. Aber es gab nicht nur Lob.
Von der DDR ist nicht mehr viel übrig geblieben seit dem Mauerfall 1989. Nur die Ossi-Autos fahren ihre Runden wie eh und je. Beim inzwischen neunten Trabi-Treffen auf Zeche Theresia am Samstag (6. Juli) wird geölt, geknattert und gestunken, was das Zeug hält. Nichts für Grünen-Wähler, würde so manch einer sagen.
Denn hier wird noch rein aus Spaß an der Freude Auto gefahren – und das nicht zu sparsam. 62 Trabis und Wagen der Marke Wartburg, aber auch Zweiräder haben sich laut den Trabi-Freunden Witten in der Spitze versammelt. Die meisten kommen aus der Umgebung, doch selbst aus dem 300 Kilometer entfernten Worms in Rheinland-Pfalz ist einer mit seinem „Schätzchen“ angereist.
„Die Trabis sind Teil deutschen Kulturguts“
Mitorganisator Sebastian Honnacker ist mit seinem froschgrünen Trabi P 601 L vor Ort. „Die Trabis sind Teil deutschen Kulturguts. Ein Stück Autogeschichte.“ Mit dem politischen System in der DDR habe das nichts zu tun, betont der 35-Jährige aus Witten und schwärmt vor allem von der minimalistischen Technik. „Da kannst du dich wirklich drauf verlassen.“
Wer nett fragt, darf selbstverständlich auch eine Runde mitfahren in der 26 PS starken Kiste, Baujahr 1984, mit rosa Stoffsitzen und extra wenig Beinfreiheit.
Auf der Beifahrerseite klebt ein modernes Radio. „Nur zum Abdichten des Loches.“ Angeschlossen oder gar angeschaltet habe er es noch nie. „Wenn du einen Trabi fährst, dann willst du den Trabi hören und nicht das Radio.“ Geht die Lebenszeit einer lang gepflegten und geliebten Kiste zuneige, wird sie nicht einfach verkauft oder verschrottet, sondern dient als „Ersatzteillager“ für den nächsten Trabi. Der aktuelle Motor von Honnacker hat immerhin schon 35.000 Kilometer runter und hat bereits mehrere Trabi-Leben durchlaufen. „Der sifft und ölt an allen Enden. Aber er läuft.“
Das Modell fand lange Verwendung in der Nationalen Volksarmee
Gut getarnt zwischen Bäumen hat Gerald Brendike aus Hagen gemeinsam mit der Familie seinen Trabi 601a Kübel immer gut im Blick. Das Modell fand lange Verwendung in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR, weshalb sich Brendike immer wieder kritische Stimmen anhören muss. Doch Brendike versichert: „Aus diesem Auto heraus wurde niemals geschossen.“ Seit 15 Jahren ist das Auto im Besitz von Brendike, der nur durch seine ehemaligen Kontakte an den „Kübel“ herangekommen ist. Vorne mit einem herunterklappbaren Frontscheinwerfer ausgestattet, um bei Dunkelheit für den Gegner unsichtbar zu bleiben, ist der Trabi aus dem Jahr 1984 eine echte Rarität. Standheizung? Hat er. Klimaanlage? „Nö. Aber ein offenes Dach.“
Aufbruchstimmung schon nach der Preisverleihung am Nachmittag
Neben viel guter Stimmung gibt es aber auch Kritik an der Organisation des Events. Daniela (36) aus Wuppertal ärgert sich etwa über die schon gegen 15.30 Uhr angesetzte Preisverleihung. Tatsächlich herrscht schon kurz darauf rege Aufbruchstimmung und knapp eine Stunde vor Ende des Trabi-Treffens ist kaum noch etwas los.
Jubiläum im nächsten Jahr
Die Trabi Freunde Witten sind eine Interessengemeinschaft mit aktuell rund 25 aktiven Mitgliedern. Die Gemeinschaft hat zu dem Treffen gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Muttenthalbahn e.V. eingeladen.
Im kommenden Jahr – zum 10-jährigen Jubiläum des Trabi- und IFA-Treffens – wollen sich die Organisatoren etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Es findet statt am 13. Juni 2020.
Dennoch: Die Zuneigung, die so mancher Trabi-Liebhaber gegenüber seiner rollenden Blechbüchse an den Tag legt, ist beachtlich und gleicht einer harmonischen Ehe. Sebastian Honnacker von den Trabi-Freunden Witten – lachend und nicht ganz ernst gemeint: „Ich bin seit fünf Jahren mit meiner Frau verheiratet und seit 18 Jahren fahre ich Trabi. Wenn sie dazwischenkommt, ist das ihr Problem.“ Und wer weiß: So manche gute Beziehung hält vielleicht sogar ein paar Jahre länger als einst die Berliner Mauer.