Witten. Graffiti-Chaoten verschandeln seit Jahren das Stadtbild. Den Sprayern ist nichts heilig – jetzt wurde das Böckchen im Stadtpark attackiert.
Markus Bürger hat – wie immer in solchen Fällen – Anzeige bei der Polizei erstattet. Am Donnerstagmorgen (4.7.) wurde die Schmiererei auf der Rückseite des Hauptbahnhofsgebäudes entdeckt, das Bürger gehört. Ein oder mehrere Graffiti-Sprayer haben zugeschlagen und ein großes Bild in Blau-Rot hinterlassen, auf das ein grinsender, gesprayter Tierkopf in Lila blickt. Neben allem steht in Rot „Crew 19“. Bürger findet das nicht zum Lachen. „Ein Schaden von rund 3500 Euro.“
Der Bahnhofshallen-Eigentümer hat sich vorgenommen, auf Spray-Attacken sofort zu reagieren. „Mit einer Anzeige eben und auch damit, dass ich so etwas entfernen lasse.“ Es mache keinen Sinn, viel Geld in die Renovierung eines Gebäudes zu stecken, um es dann verwahrlosen zu lassen, findet er. Etwa 10.000 Euro habe er insgesamt schon in die Beseitigung von Graffiti-Schäden investiert.
„Bruz“ und „Raster“ wurden jeweils 100 Taten zur Last gelegt
Worüber sich Bürger besonders ärgert: „Diesmal wurden unsere historischen Kacheln beschmiert. Da muss man mit der Reinigung vorsichtig sein.“ Mit Blick auf die von Sprayern seit Jahren heimgesuchte Wittener Innenstadt betont er, dagegen müsse etwas unternommen werden. „Ich finde, da ist bei Hausbesitzern, die Graffiti nicht entfernen, und bei der Polizei noch viel Luft nach oben.“
Spaziergänger, die im Stadtpark einen liebevollen Blick aufs Böckchen werfen, dürften sich ebenfalls ärgern. Im Mai letzten Jahres wurde der neue Ziegenbock stolz vom Rotary Club Witten am Park-Eingang präsentiert – nachdem das Original von Unbekannten abgesägt worden war. Ein Sprayer hat sich nun an dem neuen Ruhrsandsteinblock vergriffen, auf dem die Statue steht. Außerdem sieht man, dass dem Böckchen blaue Farbe unters linke Auge geschmiert wurde.
Mancher Hausbesitzer gibt frustriert auf
Chaoten-Werk und ein Problem, das die ganze Wittener City betrifft. Hauswände, Stromkästen, Rolläden, Garagen, Straßenschilder, Parkautomaten, Autos, Baustellenabsperrungen, sogar Haus Witten – nichts ist vor Sprayern sichern.
So mancher Hausbesitzer gibt da offenbar frustriert auf und lässt die Schmierereien an den Wänden. Nach dem Motto: Wenn man den Dreck aus Dosen entfernen lässt, liefert man den Chaoten erneut die Leinwand für die nächste Aktion. Apropos „Leinwand“. Die kann manchem Sprayer offenbar nicht groß genug sein.
Hohe Sandsteinwand vermutlich mit Wasser-Pumpgun besprüht
Wand wurde An der Wetterstraße, neben dem Café del Sol, wurde die hohe Sandsteinmauer besprüht – oberhalb führen die Gleise zum Wittener Hauptbahnhof. Der Schriftzug „NORK“ prangt in weißen Riesenlettern an der Wand, vermutlich erzeugt mit einer Wasser-Pumpgun, in die Farbe gefüllt wurde. „NORK“ war auch an anderen Stellen in der Innenstadt aktiv.
Graffiti-Schäden der Polizei melden
Sachbeschädigungen durch Sprayer sollten der Polizei gemeldet werden. Auch Menschen, die solche Attacken beobachten, sollten unbedingt anrufen, so Kripo-Chef Rolf Schwake.
Die Polizei nimmt diese Hinweise unter folgenden Rufnummern entgegen:
0234/909-8305
(bis ca. 16 Uhr) oder
0234/909-3822
(24 Std.) zu erreichen.
Als Wiederholungstäter gelten auch die jungen Männer, die in der City an unzähligen Stellen die Schriftzüge „Bruz“ und „Raster“ hinterlassen haben – in der Sprayerszene kurz „Tag“ genannt. Ein großer Glücksfall: Beide Täter konnten dingfest gemacht – ihnen wurden jeweils 100 Taten zur Last gelegt.
Polizei ist auf Hinweise angewiesen
Wittens neuer Kripo-Chef Rolf Schwake rät von Sprayer-Schmierereien Betroffenen, die Sache unbedingt anzuzeigen. In diesem Jahr habe die Kripo 44 dieser Vorgänge bearbeitet. „Die Zahl der Anzeigen war aber geringer.“ Schwake betont, dass sich die Polizei in der Stadt nicht auf die Suche nach Sprayern machen könne. „Da sind wir schon auf Hinweise angewiesen.“
Ein solcher Hinweis samt Foto ist jetzt gerade auf Schwakes Schreibtisch gelandet. „Am Mittwochabend (3.7.) hat eine Zeugin in der Hevener Straße Auf dem Knick einen Mann fotografiert, der eine Garage besprüht hat.“ Dies sei gegen 21 Uhr gewesen. „Die Frau hat ihn auch angesprochen, was er denn da mache.“
Zeugin fotografierte Sprayer in Heven
Jungen Sprayer fotoger Man Dreist: Der etwa 18- bis 20 -Jährige beendete sein „Werk“ unbeirrt. Sein Schriftzug: „Gang“. Die Polizei beschreibt ihn als etwa 1,85 Meter groß, schlank, Brillenträger. Am Tattag sei er mit einer blauen Jogginghose mit weißen seitlichen Streifen und einem Shirt bekleidet gewesen. Wittens Kripo-Chef weist daraufhin, dass Graffiti-Schmierereien kein Kavaliersdelikt sind. „Sie können mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.“
Die Schmierereien im Stadtgebiet nehmen erschreckend zu