Witten. . Die Wittener SPD hat Axel Echeverria wie erwartet zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Er löste Ralf Kapschack ab und machte der Partei neuen Mut.
Dass er ein gutes Ergebnis bekäme, dürfte Axel Echeverria schon nach seiner Antrittsrede geahnt haben. Da klatschten die 85 Genossen laut und lange und es gab sogar Begeisterungsrufe. 88 Prozent erhielt der 39-Jährige bei der anschließenden Abstimmung auf der Hauptversammlung des Wittener Stadtverbandes im Forschungszentrum FEZ. Obwohl die Partei bundesweit am Boden liegt und auch in Witten ein miserables Ergebnis bei der Europawahl einfuhr, verbreitete der neue Parteichef so etwas wie Aufbruchstimmung.
Nur Insolvenzverwalter oder schon der Bestatter der Partei?
„Gerade jetzt heißt es: Rücken gerade machen und für die Partei kämpfen“, rief Echeverria den 85 Delegierten am Samstagmorgen (29.6.) neben der Uni zu. Er weiß offenbar, worauf er sich eingelassen hat. Als seine Nominierung bekannt wurde, hätten ihn Freunde gefragt, ob er nun als Insolvenzverwalter oder schon als Bestatter antrete. Natürlich habe man nicht alles richtig, aber auch nicht alles falsch gemacht, sagte der bisherige Schatzmeister in seiner Bewerbungsrede. Manche Kompromisse in der großen Koalition seien schwer zu verdauen gewesen, trotzdem „dürfen wir nicht alles kaputtreden“. Mindestlohn, sozialer Arbeitsmarkt, Kohlekommission, doppelte Staatsangehörigkeit, diese Erfolge müsse man auch vor Ort zeigen.
Echeverria: Die nächste Kommunalwahl wird die schwierigste sein
Die Wittener SPD habe vieles aus ihrem Wahlprogramm umgesetzt, sagte Echeverria. Sein Vorgänger Ralf Kapschack erinnerte unter anderem an die dritte Gesamtschule, „wir kümmern uns um Arbeitsplätze, Kitaplätze, Sportvereine und das Ehrenamt“. Dennoch, übertragen auf die Kommunalwahl, hätte sich die SPD bei einem Europawahlergebnis von 23 Prozent glatt halbiert, wie der neue Vorsitzende einräumte.
Er nannte die Kommunalwahl im nächsten Jahr denn auch die schwierigste, die es je gab. In den letzten Jahren habe die Partei keine eigenen großen Themen gesetzt. Die SPD müsse wieder politischer werden und die Inhalte in den Vordergrund stellen. Echeverria: „Wir müssen klar und deutlich sagen, wohin wir wollen und wofür wir stehen, gerade in Witten.“
Seitenhiebe auf die Grünen: „Sie müssen ja nicht liefern“
Die Grünen, die bei den Europawahlen auch in Witten stärkste Partei wurden, verdankten ihren Höhenflug nicht einer eigenen guten Politik, sondern dem zentralen Thema Klimawandel, das gerade durch die „Fridays For Future“-Demos befördert worden sei. Echeverria: „Die Grünen können sich an die Seitenlinie stellen und reinrufen. Sie müssen nicht liefern.“ Sie hätten es sogar geschafft, sich als Hauptgegner der AfD hinzustellen. Das finde er am schlimmsten, so Echeverria. wo doch die SPD die Partei sei, die für den Kampf gegen Rechts stehe.
Um die AfD zu bekämpfen, „brauchen wir eine starke SPD“
Auch in Witten treibe die AfD ihr hetzerisches Unwesen. Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsident zeige, dass auf Worten Tagen folgen können. „Da müssen wir mit der gesamten Kapelle reingehen und deutlich machen, dass wir die Ansprechpartner für die Menschen sind“ und nicht die AfD und die Populisten“, sagte Echeverria. „Kein Fußbreit den Faschisten“, forderte er. „Dafür braucht es in Witten eine starke SPD. Das werden wir hinkriegen.“ Dafür gab es viel Applaus.
In der Umwelt- und Klimapolitik sieht der neue Stadtverbandsvorsitzende eine der zentralen Zukunfts- und Gegenwartsfragen. Echeveria will beim Klimawandel „alle Menschen mitnehmen, auch die weniger Betuchten“. Es gelte, die Umwelt-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik miteinander zu verbinden.
„Bürgermeisterin und Ratsfraktionen haben verdammt gute Arbeit geleistet“
Auf Ortsebene bleibe die Finanzausstattung das zentrale Thema. „Da muss was kommen. Sobald sich die Zinsen ändern, implodiert unser Haushalt“, warnte er. Die örtliche Kassenlage bleibe der „Horizont des Machbaren. Innerhalb dieser Grenzen haben Bürgermeisterin und Ratsfraktion verdammt gute Arbeit geleistet“. Das honorierten die Genossen mit viel Applaus.
SPD soll sich stark verjüngen, aber jeder werde gebraucht
Echeverria schwor die Genossen ein, einheitlich aufzutreten. Bei Umfragewerten von 13 Prozent dürfe es nicht um den einzelnen Ortsverein gehen, sondern nur um drei Buchstaben: „SPD. Da müssen alle mit anpacken“, rief Echeverria unter dem Beifall der Delegierten. Er setzt auf ein „neues Wir-Gefühl“, will die überalterte Partei stark verjüngen. Es sei überlebenswichtig, sich für die Jüngeren zu öffnen. Nur acht Prozent der unter 25-Jährigen hätten bei den Europawahlen SPD gewählt. Genauso benötige man aber auch die Erfahrung der Älteren. Echeverria: „Wir brauchen jeden von euch!“