Witten. Am Tag zuvor hatten Gäste im Wittener Ratskeller noch ein Bierchen getrunken, am Freitag (28.6.) standen sie plötzlich vor verschlossenen Türen.

Trotz der warmen Temperaturen: Diese Nachricht hat die Menschen kalt erwischt. Denn nichts deutete darauf hin, dass der Ratskeller – Wittens gute Stube – seine Pforten schließt. Vorbei die Zeiten von Schweinelendchen, Schnitzel und Bratwurst mit Bierkutschersoße.

Robin Schmidt im weihnachtlich geschmückten Ratskeller. Damit ist jetzt Schluss.
Robin Schmidt im weihnachtlich geschmückten Ratskeller. Damit ist jetzt Schluss. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Eine 79-jährige Hevenerin steht mit ihrem Rollator am Freitag gegen zwölf an der Treppe, die nach unten zum Haupteingang führt. Sie hat sich schon über die gähnende Leere im Biergarten gewundert. Dann sieht sie die Zettel, die an der Tür hängen. Darauf informiert das Ratskeller-Team über die plötzliche Schließung. „Ich wollte eigentlich hier Mittagessen gehen“, sagt die Seniorin, die immer gerne herkam, „weil es so nah zum Bus ist“. Außerdem wollte sie ihren runden Geburtstag im Ratskeller feiern und hatte sich schon nach einem passenden Raum erkundigt. „Ach je“, sagt sie, „da wird aber so mancher überrascht sein, wenn er am Wochenende vor geschlossenen Türen steht“.

„Das ist so schade“, sagt Justine Kaczybura, Wirtin im benachbarten Casa Cuba. „Aber es sind ja auch keine einfachen Zeiten für die Gastronomie. Und der Ratskeller ist so groß.“ Rund 250 Plätze fasst das Lokal. Bis Donnerstag sei dort noch geöffnet und auch was los gewesen. „In den Tagen davor war zwar erst ab 17 Uhr geöffnet. Da haben wir uns etwas gewundert, dachten aber, das hätte mit der Hitze zu tun“, sagt sie. Von ihrem Gast Michael hatte sie dann am Freitagmittag von der Schließung erfahren. „Ich war gestern noch im Ratskeller mit Freunden ein Bierchen trinken“, sagt der 54-Jährige. „Wir sind da ganz gerne hingegangen.“ Jetzt sitzt er im Casa Cuba, vor sich einen Kaffee.

Wittener Gäste reagieren geschockt

Regelrecht geschockt reagiert Sabine Wirths-Hohagen von der Buchhandlung Lehmkul, die mittags öfter dort essen war. Nicht nur das wird ihr fehlen. Sie ist Mitglied der Sektion Witten des Deutschen Alpenvereins, der gerade seine Treffen von der ebenfalls geschlossenen Sportlerklause in Stockum in den Ratskeller verlegt hatte. Sabine Wirts-Hohagen gehört auch der Standortgemeinschaft Witten-Mitte an, die ihre Jahreshauptversammlungen in dem Traditionslokal abgehalten hat. „Solch ein großer Raum fehlt uns doch dann hier in Witten.“ Nicht zuletzt sei der Ratskeller so etwas wie ein Aushängeschild für die Stadt.

Wechselnde Gastro-Szene

Werner Schmidt, der zuletzt den Ratskeller gepachtet hat und von seinem Sohn Robin führen ließ, ist ein Wittener Gastro-Urgestein und seit 1982 in der Szene unterwegs.

Von 1982 bis 2004 führte er die Annener Pilsbörse, von 2001 bis 2008 den Ratskeller. Danach wechselte er zur Saalbau-Gastronomie (Restaurant Mondo und Gesellschaftsraum Mondolino). Im April 2017 kehrte Schmidt in den Ratskeller zurück. Dieser wurde ab 2009 von Joyce Kuypers und ab 2011 von Surijan Ramoska geführt.

Deshalb lässt die gemeinsame Mitteilung der Firma Kuypers, die das Ladenlokal gepachtet hat, und der Stadt als Vermieter ein wenig hoffen. Ein möglicher Nachfolger sei schon dabei, sein Team zusammenzustellen, „um den Ratskeller mit einer Mischung aus Bewährtem und neuen Ideen zum Erfolg zu führen“. Das neue Team werde größtenteils aus der alten eingespielten Mannschaft des Ratskellers bestehen und gezielt verstärkt. „Stadt Witten und Firma Kuypers sind zuversichtlich, dass die Schließung nur von kurzer Dauer sein wird“, heißt es in dem Schreiben lediglich.

Mancher Gast dürfte hoffen, dass sich bis dahin zumindest jemand um die großen Kübelpflanzen im Außenbereich der Gastronomie kümmert. Damit sie nicht so traurig die Blätter hängen lassen.