Witten. Studentinnen haben zur Kleidertauschparty in den Wittener Unikat-Club geladen. Der Andrang war riesig.

Susanne Schild


Als noch Tedi im Eckhaus Bahnhofstraße/Poststraße seine Waren verkaufte, hat man diesen Anblick nicht gesehen: Dass Kunden vorm Laden Schlange stehen. Am Dienstagabend aber warteten Frauen mit großen Taschen vor dem dort seit Kurzem beheimateten Unikat-Club. Sie wollten nichts kaufen, nur tauschen.

Die Kleidertauschparty ist Teil der „Woche der Nachhaltigkeit“, die zurzeit an der Uni läuft. Auf dem Campus gab es bereits mehrere Kleidertauschaktionen der studentische Initiative Oikos. Erstmals fand nun eine solche Aktion in der Innenstadt und für alle Wittener statt. Und: Es kamen viel mehr Leute, als Organisatorin Barbara Herr gedacht hätte.

Nur wer bis zu 15 aussortierte Kleidungsstücke mitbringt, wird zur Tauschparty zugelassen. Rita (61), die in der Warteschlange steht, hat „ein paar Sommersachen“ dabei. „Ich finde diese Idee so klasse“, sagt sie. „Zur Uni wäre ich nicht rausgefahren, aber hier will ich mal reingucken.“ Die Wittenerin kauft sich wenig Anziehsachen selbst, meist wird sie auf Flohmärkten fündig.

Reparaturen an der Nähmaschine

Zum siebten Mal haben die Studenten einen Kleidertausch organisiert. Bislang fand diese Börse im Foyer der Uni statt.

Im Unikat-Club hatte auch das „Repair-Café“ geöffnet. Wer wollte, konnte sich an eine Nähmaschine setzen und Kleidung reparieren. Sachen, die keinen neuen Besitzer fanden, gehen an ein Flüchtlingsprojekt.

Der kritische Blick aufs Konsumverhalten und ein Herz für den Umweltschutz sind den Partygästen gemein. Alissa (16) möchte nachhaltig leben und „findet den Style cool“, so die Schülerin. Sie tritt an den Abgabetisch, wo Barbara und Caro die Klamotten durchsehen. Unterwäsche, Bademode, Socken, Schals müssen wieder eingepackt werden. Oberteile, Röcke und Hosen wandern weiter zu Jannika, die sie auf Bügel hängt oder auf Tischen auslegt. Dort verweilen die Stücke nur kurz, in Windeseile haben viele Teile neue Besitzerinnen gefunden.

Auch Männer kommen vorbei

Wie viele Teile sie an diesem Abend schon auf Bügel gehängt hat? Jannika sagt gestresst: „Ich habe den Überblick verloren, aber es ist so cool, wie viele Leute hier sind. Und so verschiedene Mädels.“

Aber halt! Da sind ja auch Jungs. Die Medizinstudenten Max (23) und Arjan (24) stehen an. „Das ist eine gute Gelegenheit, mal ein paar Klamotten loszukriegen, ohne sie wegwerfen zu müssen“, sagt Arjan. Er versuche gerade, sich zu reduzieren. „Ich habe einfach zu viel Zeug.“

Johanna (21) und Latoja (21,r.) bei der Kleidertauschparty im Unikat-Club.
Johanna (21) und Latoja (21,r.) bei der Kleidertauschparty im Unikat-Club. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Später sieht man die beiden sind Sesseln sitzen und Bio-Limonade zu Lounge-Musik trinken. Die Auswahl für Männer ist gering. Die Frauen dagegen wühlen, halten Kleidungsstücke vorm Spiegel an, stülpen Pullis über oder ziehen sich mal eben bis auf die Strumpfhose aus. Das Publikum ist jung, aber es sind mitnichten nur Studentinnen der Wittener Uni. Jana (22) und Carlotta (21) zum Beispiel studieren in Bochum. Bis vor einem Jahr, erzählt Carlotta, hätte sie Hemmungen gehabt, Gebrauchtes zu kaufen. Längst sei das für sie Alltag – fündig wird sie in Second-Hand-Läden oder über die App Kleiderkreisel. „Es tut gut, Dinge abzugeben und sich Neues bewusster auszusuchen.“ Maria (64) lebt schon länger nachhaltig. Sie kaufe wenig, bekomme Sachen geschenkt oder gebe sie weiter. „Wenn ich in die Klamottenläden gucke, denke ich oft: Wer braucht denn das ganze Zeug?“