witten. . Bei einer Arbeitnehmer-Debatte in Wittens Popakademie hat EU-Kandidat Köster eine Sozialunion gefordert. Sie halten manche für unrealistisch.

Europapolitik statt Kirchenpop: Der EU-Abgeordnete Dietmar Köster hat sich bei einer Veranstaltung zur Europawahl in der evangelischen Popakademie für eine europäische Sozialunion stark gemacht. Eingeladen hatten die Jusos aus dem Kreis und die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) Ennepe-Ruhr.

Die Veranstaltung war schon fast gelaufen, als der Wetteraner Professor und Europapolitiker Dietmar Köster einen Satz fallen ließ, der die vorangehende Diskussion in ein anderes Licht rückte: „Wir brauchen die Kraft zu träumen, sonst haben wir nicht die Kraft zu kämpfen.“ Köster setzt sich dafür ein, die EU zu einer Sozialunion mit europäischem Mindestlohn und europäischer Arbeitslosenversicherung auszubauen.

„Dieses Europa ist ein Europa der Banken und Konzerne“

Angesichts einer von linkeren Kritikern als überwiegend wirtschaftsliberal bezeichneten EU-Politik versagte bei manchem Genossen an diesem Abend in der Popakademie jedoch die Vorstellungskraft. „Die Idee eines solidarischen Europas klingt verlockend. Allerdings müsste man dafür die Gründungsverträge unter Zustimmung aller 28 Mitgliedsstaaten ändern – völlig illusionär“, kritisierte ein Besucher Kösters Vorschläge. Und fügte hinzu: „Dieses Europa ist ein Europa der Banken und Konzerne und nicht für Arbeitnehmer gedacht.“

„Nicht die Flinte ins Korn werfen“: Bei der Europa-Debatte in der Popakademie ergriff auch Mathias Hillbrandt, Vorsitzender des DGB Ennepe-Ruhr, das Wort.
„Nicht die Flinte ins Korn werfen“: Bei der Europa-Debatte in der Popakademie ergriff auch Mathias Hillbrandt, Vorsitzender des DGB Ennepe-Ruhr, das Wort.

Dem widersprach Mathias Hillbrandt, erster Bevollmächtigter der IG Metall Witten, energisch: „Jetzt die Flinte ins Korn zu pfeffern, wäre voreilig. Ebenso wie in der Vergangenheit unternehmerische Freiheiten in Europa großgeschrieben wurden, könnten in Zukunft soziale Rechte gestärkt werden.“ Die Frage nach der Auslegung der europäischen Verträge sei vor allem eine der politischen Kräfteverhältnisse. Ein Verdi-Mitglied fügte hinzu: „Arbeitnehmerbewegungen müssen sich endlich grenzübergreifend zusammenschließen, um Druck in Brüssel aufzubauen.“

Ruf nach grenzüberschreitendem Druck auf Brüssel

Der AfA-Vorsitzende Nicklas König wies während der Diskussion auf Probleme in der grenzüberschreitenden Gewerkschaftsarbeit hin. „Aufgrund der unterschiedlichen nationalen Mitbestimmungskulturen fällt es uns bislang schwer, unsere Forderungen mit Gewerkschaften aus anderen Ländern abzustimmen und gemeinsam erfolgreich aufzutreten.“

Einigen konnten sich die Diskussionsteilnehmer schließlich darauf, dass ein Rückzug in die nationale „Wagenburg“ auch keine einfache Lösung anbiete. „Der Geist der wirtschaftlichen Integration Europas ist aus der Flasche. Jetzt geht es darum, diese gemeinsam sozial zu gestalten“, lautete Dietmar Kösters Resümee. Ob der sozialdemokratische Griff nach den 28 Sternen Aussicht auf Erfolg hat, wird sich am kommenden Wochenende zeigen. Denn dann ist Europawahl.