Witten. . Auf einer Bergehalde steht ein Ehrenmal für Gefallene versteckt und in erbärmlichem Zustand. Ein Steinmetz wünscht sich eine bessere Lösung.

Andreas Junker (45) schlägt sich in seiner Freizeit gern in die Büsche. „Urban Exploring“, kurz „Urbexing“, nennt sich das Hobby des gelernten Naturwerksteinmechanikers, sprich: Steinmetzes. Wenn er beruflich nicht gerade Küchenarbeitsplatten, Fassadenplatten oder Kamingesimse schneidet und bearbeitet, macht er sich auf die Suche nach „Lost Places“ – Industrierelikten oder anderen Ruinen, „verlorenen Orten“ also, die in Vergessenheit geraten sind.

Als solchen hat der Annener das Kriegerehrenmal ganz oben auf der Halde der Zeche Vereinigte Bommerbänker Tiefbau ausgemacht. Die Zeche, unweit vom unteren Bodenborn, wurde 1925 dicht gemacht. Vom kleinen Park hinter dem früheren Edeka, in dem ein Industriedenkmal noch an die 1978 nach Hamm umgesiedelte Gesenkschmiede Stahlhammer Bommern erinnert, ist es bis zur Spitze der steilen Halde eine ordentliche Kraxelei.

Ein schöner Aussichtspunkt

Man sucht Halt an Bäumen und mächtigen Wurzeln, die man übersteigen muss. Der Ausblick von der Höhe ins Ruhrtal entschädigt ein wenig. Die Kuppe, auf der Lebensbäume einst offenbar im Halbrund angepflanzt wurden, könnte mal ein durchaus repräsentabler Ort gewesen sein.

Das war einmal. Zwei Natursteinbänke wurden von ihren Stützen gerissen. Bretter jeder Art, teils an Bäume genagelt, zeugen davon, dass die Halde ein beliebter Platz zum Budenbauen ist. „Das ist ein Abenteuerspielplatz hier“, stellt Andreas Junker fest. Dafür hat er als „Urban Explorer“ natürlich grundsätzlich auch Verständnis.

Auf allen Seiten mit Graffiti verschandelt

Das Ehrenmal aber ist in einem erbärmlichen Zustand. In mehreren Arbeitsgängen haben sich Graffiti-Schmierer darauf verewigt. Der letzte hat es vorne wie hinten zum „WC“ deklariert. Man sucht nur noch die Eingangstür.

Der Steinmetz mustert den Befund. Am Fuße sind rundherum Bruchsteinplatten zu sehen, der Sockel ist auf drei Seiten mit Ruhrsandsteinen hochgemauert. Auf der vierten Seite ist eine mannshohe Platte eingelassen, aus der oben noch kurze Enden von Baustahl herausragen. Andreas Junker: „Das ist ein armierter Betonstein, Terrazzo, das verwendet man üblicherweise für Bodenbeläge, für Stufen – oder eben für Denkmäler.“

Die Schrift auf der Tafel ist trotz der Graffiti noch gerade zu erkennen. Junker hat aber auch eine große Wachsfolie davorgehalten und einen „Abrieb“ gerubbelt, eine Steinmetz-Kopie, um sicher zu gehen. Neben einem Kreuz stehen die Jahreszahlen des Ersten Weltkriegs (1914–1918), die Widmung „Unseren Gefallenen“, darunter die Daten des Zweiten Weltkriegs (1939–1945). Weiter nichts.

Zweiter Weltkrieg später vermerkt

Die Gravuren, alle in „Antiqua“-Schrift ausgeführt, verraten Junker aber auch, dass das Denkmal schon irgendwann nach dem Ersten Weltkrieg aufgestellt worden sein muss. „Der Zweite Weltkrieg ist nachgetragen. Jeder Steinmetz hat seine Handschrift. Die oberen Neunen sind wesentlich sauberer ausgeführt, wie aus einem Guss, vielleicht hat da unten einer seinen Lehrling drangesetzt.“

Junker schmerzt es, das Denkmal so verwahrlost zu sehen. Ihm liegen die Heimatgeschichte und ihre Zeugnisse am Herzen und schon berufsbedingt natürlich auch Steinmetzarbeiten. Bezüglich des Kriegerehrenmals will er aber auch nicht falsch verstanden werden: „Es ist doch gleichzeitig ein Mahnmal, dass uns daran erinnert, das so etwas Furchbares nicht noch einmal passieren darf.“

Plädoyer: Wenigstens die Tafel bergen

Junker wünscht sich, dass ein Verein oder vielleicht eine Kirchengemeinde sich des vergessenen Denkmals annimmt. Entweder müsse es komplett hergerichtet und gepflegt werden – dafür müsste aber erst einmal ein Zuweg geschaffen werden. Das sieht Junker selbst skeptisch. Allenfalls von der anderen Seite, vom Tennisclub aus, könnte das klappen. Da wäre der Höhenunterschied nicht so groß. Oder: „Wenigstens die Tafel selbst könnte man bergen und reinigen und irgendwo hinstellen. Der Betonstein ist robust genug dafür.“

>> Das Gelände gehört dem TuS Bommern

In einigen Karten ist das Denkmal als „Püppchen“ eingezeichnet. In Wittens Denkmalliste steht es nicht. Wer Andreas Junker kontaktieren möchte: stoneskulpter63@gmail.com. Das Gelände der früheren Zeche gehört dem TuS Bommern, der es an den TC Bommern verpachtet hat. Der TuS habe das Denkmal irgendwann errichten lassen, weiß Werner Jacob (83).

In seiner Zeit als Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Bommern (2001–2010) wurden mit dem Bommern-Denkmal (Bodenborn/Wengernstr.) und dem Liegenden Löwen (Wacholderstr.) zwei Ehrenmale hergerichtet. Mit dem TuS Bommern habe man über das Denkmal auf der Halde gesprochen. Dieser habe damals kein Interesse an einer Restaurierung gezeigt.