Witten. . Die Amtsleiterin bestätigt die Personalnot wegen Krankheit und zusätzlichen Aufgaben. Thomas Richter erinnert die Stadt an ihre Fürsorgepflicht.
Die Personalnot im städtischen Jugendamt spitzt sich zu. Im Jugendhilfe- und Schulausschuss schoben sich Politik und Stadtverwaltung dafür den Schwarzen Peter zu.
Lebenshilfe: Wichtige Anträge bleiben liegen
Dieter König, Geschäftsführer der Lebenshilfe Witten, berichtete dort, dass über Anträge „gar nicht oder falsch entschieden werde“. Kinder, die in einer Kita der Lebenshilfe gefördert wurden, seien nach dem Wechsel auf eine Grundschule vom ersten Tag an auf einen Schulbegleiter angewiesen. „Die Bewilligung kommt aber erst zwei bis vier Monate nach dem Schulbeginn oder gar nicht. Das heißt doch: Ein Kind muss erst scheitern, dann kommt der Bescheid“, beklagte König. „Dann ist doch die ganze Inklusion in Frage gesellt.“
Amtsleiterin: Mitarbeiter „kapitulieren“
Ein bis zwei Personalstellen fehlen laut König bei den Eingliederungshilfen. Jugendamtsleiterin Corinna Lenhardt bestätigte: „Wir können die pflichtigen Aufgaben nicht so erfüllen, wie wir es sollten. Es gibt diesen Missstand.“ Bei der Unterhaltsvorschusskasse fehlten rechnerisch acht Planstellen. Bei den Kolleginnen, die Elternbeiträge für Kita und OGS berechnen, seien wegen Krankheit oder anderer Probleme nur zwei von sechs da. „Und die krankheitsbedingten Ausfälle sind zum Teil auch arbeitsbedingt.“ Der Personalmangel belaste auch die Mitarbeiter. „Selbst die Motivierten schaffen das nicht mehr und kapitulieren zum Teil vor dem Berg von Arbeit.“ Aus mehreren Abteilungen, auch aus der wirtschaftlichen Jugendhilfe, häufen sich die Überlastungsanzeigen. Im Januar war das Jugendamt das Amt, aus dem die meisten Hilferufe ans Personalamt ergingen.
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Für Ausschussvorsitzenden Thomas Richter (Solidarität für Witten) ist es „nicht mehr verantwortbar, dass die Stadt es nicht schafft, die Fachämter vernünftig auszustatten“. Er erinnerte an die „Fürsorgepflicht“ von Rat und Politik. Auf seinen Antrag beschloss der Ausschuss, dass die Stadt und die Fraktionen im Rat Farbe zur Personalnot bekennen müssen. „Ungehörig“ nannte es Richter, welche freiwilligen Leistungen die Stadt noch übernehme. „Für die Städtepartnerschaften sind vier Leute im gehobenen Dienst tätig. Das ist mehr als fahrlässig von der Verwaltungsspitze.“
Kompliziertes Beitragssystem
Sozialdezernent Frank Schweppe verwies darauf, dass man krankheitsbedingte Ausfälle von der Frage des Stellenplans trennen müsse. „Die Personaldecke im Jugendamt ist dünn, aber sie ist überall dünn.“ Man bemühe sich, offene Stellen neu zu besetzen. Schweppe beklagte zugleich, dass die Politik die Verwaltung mit zusätzlicher Arbeit eindecke – wie bei dem vom Rat gewünschten Beitragssystem beim Offenen Ganztag und den Kitas. Es sei eine „schöne Idee“ gewesen, dieses „sehr auszudifferenzieren, um möglichst gerecht zu sein“. Das habe das Verfahren aber auch erheblich verkompliziert.