. 1919 wurden erstmals Frauen in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Einige Wittenerinnen machten auch überregional von sich reden.
Als am 2. März 1919 die ersten demokratischen Wahlen zur Wittener Stadtverordnetenversammlung stattfanden, durften Frauen nicht nur erstmals auch hier ihr Kreuz auf dem Wahlzettel machen, sondern sich zudem selbst als Vertreterinnen der Bürgerschaft aufstellen lassen.
Vier Frauen zogen schließlich in das neu zusammenkommende Kommunalparlament ein: Hedwig Kromeyer von der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), Luise Engelhardt vom Zentrum, Berta Schulz von der Mehrheitssozialdemokratie (die damalige Bezeichnung der SPD) und Ottilie Brinkmann von der Deutschen Volkspartei.
„Schätze“ lagern im Stadtarchiv
Nur wenig ist bislang über diese lokalen Pionierinnen bekannt. „Zu diesen Frauen hat bislang niemand in die Tiefe geforscht. Daher wissen wir fast nichts über deren jeweilige Rolle“, sagt Martina Kliner-Fruck. „Das ist sehr bedauerlich.“ Die Leiterin des Stadtarchivs hat es sich auch selbst zur Aufgabe gemacht, diese Lücke nach und nach zu schließen.
Dokumente über oder von den ersten Lokalpolitikerinnen sind im Stadtarchiv gelagert, etwa Reiseausweise oder auch handschriftliche Redemanuskripte. „Das sind richtige Schätze, die müssen nur noch gehoben werden“, sagt Kliner-Fruck.
Lehrerin als Spitzenkandidatin ihrer Partei
Von Hedwig Kromeyer weiß man, dass sie als Lehrerin arbeitete und sich auch für die DDP als Kandidatin für die Nationalversammlung, die im Januar 1919 gewählt wurde, hatte aufstellen lassen. Sie schaffte es jedoch nicht in die verfassungsgebende Versammlung, trat dann aber als Spitzenkandidatin ihrer Partei zur Stadtverordnetenwahl an.
Bertha Schulz war 1919 eine von vier weiblichen Stadtverordneten. Foto von 1948. Foto: Kirchner/ Stadtarchiv Witten Bertha Schulz war bereits seit 1906 Mitglied der SPD und in der sozialdemokratischen Frauenbewegung aktiv. In der Wittener Stadtverordnetenversammlung saß sie bis 1920, dann zog sie als Nachrückerin in den Reichstag ein, dem sie bis 1933 angehörte.
Verein Frauenwohl setzte sich für Frauen ein
Wegbereiter für das Frauenwahlrecht war in Witten wohl auch der örtliche Zweig des Vereins Frauenwohl, 1902 von Martha Dönhoff und Rebecca Hanf gegründet. „Der Verein war ein Sammelbecken liberaler Frauen aus dem bürgerlichen Milieu“, sagt Historikerin Susanne Abeck.
1888 in Berlin gegründet, kümmerte sich der Verein und seine Ableger um soziale Fragen, richtete etwa Beratungsstellen für Frauen und Kinderhorte ein. Er hatte aber auch das erklärte Ziel „der Frauenbewegung Boden zu verschaffen“, wie es in einem Jahresbericht 1903 nachzulesen ist.
Wahlrechtsfrage war Thema im Frauen-Verein
Die Historikerin vermutet, dass die Entstehung der Zweig-Vereine im Ruhrgebiet ein Weg gewesen sein könnte, neben den sozialen Tätigkeiten auch das Vereinsrecht zu umgehen und die Wahlrechtsfrage zu verfolgen. Einige Mitglieder des Vereins sympathisierten mit der SPD-Forderung nach allgemeinen, freien und gleichen Wahlen.
Nicht in der Stadtverordnetenversammlung vertreten, aber überregional bedeutsam, waren Rosi Wolfstein und Martha Dönhoff. Wolfstein, 1888 in Witten geboren, war 1918/19 Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Dönhoff, 10. Kind der hiesigen Brauerei-Dynastie, saß von 1919 bis 1932 für die DDP im preußischen Landtag. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat sie in die FDP ein.
Internetseite zu Frauen im Ruhrgebiet
Mehr Informationen über die Geschichte der Frauenbewegung im Ruhrgebiet und einzelnen herausragenden Persönlichkeiten findet man auf der Internetseite: www.frauenruhrgeschichte.de
Am Samstag lädt die Frauengruppe Courage zu einer Kundgebung von 11 bis 13 Uhr auf dem Berliner Platz.