witten. . Die Performance-Gruppe der Wittener Projektfabrik erntet oft verwirrte Blicke von Passanten. Jetzt könnten sogar Köpfe auf dem Asphalt rollen.
Mitten auf der Bahnhofstraße tanzen merkwürdig kostümierte Gestalten zu elektronischer Musik. Passanten werfen der Gruppe verwunderte Blicke zu. „Manche machen sofort einen Bogen um uns“, sagt Theaterpädagoge Hans-Ulrich Ender. Andere bleiben stehen und fragen nach. Was passiert hier? An jedem dritten Donnerstag im Monat zeigt die Wittener Projektfabrik eine Performance in der Fußgängerzone. „Salon“ nennt sich die Veranstaltungsreihe.
Nach der Performance geht der Abend an diesem Donnerstag (21.2.) im Obergeschoss in der Bahnhofstraße 11 weiter, dem ehemaligen Café Leye. Wittener kommen zusammen und reden über ein Ereignis der Kulturgeschichte. Im Dezember war Dantes Inferno dran. Davor ging es um Parzival. Diesmal steht die Französische Revolution auf dem Programm.
Keine schnöden Jahreszahlen und Faktenwissen
„Wir gehen weit zurück in die Geschichte und schauen von dort aus auf die Zeit, in der wir heute leben“, sagt Hans-Ulrich Ender. Er ist Dozent der Projektfabrik. Mit schnöden Jahreszahlen und Faktenwissen aus dem Geschichtsbuch haben die „Salon“-Abende nichts zu tun. „Es geht darum, ein graues Thema bunt zu gestalten“, sagt Karen Klein. „Und es regt einen zum Nachdenken über heutige Probleme an.“
Die 33-Jährige macht bei der Projektfabrik eine Ausbildung zur Sozialkünstlerin. Die sechs Azubis des aktuellen Jahrgangs stemmen die Veranstaltung gemeinsam mit den Dozenten. Vor ihrem Auftritt heute Abend hat Karen Klein keine Angst. „Ich liebe es, aus mir herauszugehen“, sagt die Wittenerin.
Gäste brauchen kein Hintergrundwissen
Die Passanten stoßen oft zufällig auf die Straßen-Performance. Es gibt aber auch Stammgäste, die jeden Monat kommen. Zehn bis dreißig Wittener nehmen an den Gesprächen im Obergeschoss der Projektfabrik teil. Dabei sind eine politische Meinung oder Hintergrundwissen gar nicht so wichtig. „Wir wollen möglichst wenig Meinungen“, sagt Hans-Ulrich Ender. „Die Leute sollen lieber offene Gespräche führen und neue Erfahrungen machen.“
Wie die Erfahrung mit der Französischen Revolution aussehen wird, verraten die Projektfabrikler noch nicht. Nur so viel: Sie werden einige Szenen aus Dantons Tod nachspielen. Das Geschichtsdrama von Georg Büchner spielt in der Spätphase der Revolution. Damals herrschte trotz der neu gewonnenen Werte eine große Unzufriedenheit im Volk. „Das kann man vielleicht mit der Pegida-Bewegung von heute vergleichen“, so Ender. Die Frage nun: Wie können wir die heutigen Probleme lösen, ohne dass wie damals die Köpfe rollen?
Sozialkünstler suchen nach Antworten
Dafür suchen die Sozialkünstler der Projektfabrik nach Antworten. Dozent Hans-Ulrich Ender: „Es kann keine Lösung sein, nur resigniert auf die Politiker da oben zu schimpfen.“
>>> Salon-Abend beginnt am Donnerstag um 18.30 Uhr
Der „Salon“-Abend beginnt am Donnerstag (21.2.) um 18.30 Uhr mit einer Performance auf der Bahnhofstraße, Höhe Parfümerie Douglas. Die Mitglieder der Projektfabrik werden mit einigen Szenen aus „Dantons Tod“ das Thema des Abends einleiten. Im Anschluss findet um 19 Uhr der gemeinsame Dialog in der Bahnhofstraße 13 statt.