Witten. . Oguzhan Karaca und Stefan Brzechwa haben sich in Annen mit einer Industriestickerei selbstständig gemacht. Unlängst schaute ein Popstar vorbei.
Anfang der 70er Jahre verließ der Vater von Oguzhan Karaca seine Heimat, ein Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste, und ging als Gastarbeiter nach Witten. Hier verdiente er als Schweißer das Geld für seine Familie. Sein Sohn Oguzhan wuchs mit zwei Brüdern in der Ruhrstadt auf – und ist heute sein eigener Arbeitgeber. Der 37-Jährige hat sich mit seinem Freund Stefan Brzechwa mit einer Industriestickerei selbstständig gemacht. Die findet man in Annen in einer Produktionshalle – direkt gegenüber vom Baustoffhersteller Ardex.
Oguzhan Karaca, angehender Diplom-Kaufmann, hatte immer einen Hang zu Textilien. Er hat früher Berufsbekleidung verkauft, Dinge, die er heute mit seinen Stickmaschinen bestickt. Hemden, T-Shirts, Hosen, Kappen, Mützen, Gärtnerschürzen und vieles mehr erhalten bei ihm in Annen Logos, Schriftzüge, Tierbilder, Telefonnummern oder Internetadressen. Auftraggeber sind Handwerks- und Industriebetriebe, aber auch Restaurants und Vereine, die ihren Kunden oder Fans besondere Geschenke machen möchten.
„Etwas Billiges zu besticken, zahlt sich nicht aus“
Für das Kohle-Ausstiegsjahr 2018 haben die Jungunternehmer Jacken mit dem Bergmanns-Symbol Schlägel und Eisen sowie dem Schriftzug „Ruhrpott“ bestickt – ein Auftrag des Wittener Stadtmarketings, das die Jacken im Tourist- & Ticket-Service an der Marktstraße verkauft. Die Textilien, die Oguzhan Karaca und Stefan Brzechwa mit ihrer Stickerei zu Hinguckern und Werbeträgern machen, kaufen sie in Kopenhagen. Den Kontakt zu dem großen dänischen Unternehmen konnte der kleine Wittener Betrieb auf einer Textilmesse in Stuttgart knüpfen.
Die dänische Firma, die hochwertige Stoffe verarbeitet – „etwas Billiges zu besticken, zahlt sich nicht aus“ – liefere auf Wunsch sogar Firmen-Kollektionen. Karaca: „Es gibt Auftraggeber, die möchten zum Beispiel, dass ihr Firmenlogo auf den Knöpfen eines Hemdes zu sehen ist.“ Auch dies sei möglich. Haben Unternehmen, die zur Industriestickerei kommen, kein eigenes Firmenlogo, können die Annener eines entwerfen lassen. Hierfür arbeiten sie mit der Wittener Firma Grafix-House zusammen, die auch Webseiten für Unternehmen erstellt.
Schneiderin zeigte ihnen noch ein paar Kniffe
Stefan Brzechwa ist gebürtiger Wittener. Der heute 30-Jährige besuchte die Hardenstein-Gesamtschule, arbeitete zunächst als Einzelhandelskaufmann im Bereich Sportbekleidung. Jetzt, als Selbstständiger, möchte er noch bei der Industrie- und Handelskammer seinen Handelsfachwirt machen.
Die Arbeit an den Stickmaschinen haben sich die Männer selbst beigebracht, wobei Oguzhan Karaca hiermit schon Erfahrungen an einer früheren Arbeitsstelle sammeln konnte. „Eine Wittener Schneiderin, die Kleider für Irish-Dance-Veranstaltungen fertigt, hat uns noch ein paar Kniffe gezeigt“, erzählt der 37-Jährige.
US-Popstar schaute in Annen vorbei
Im Dezember hatte die junge Firma Besuch von einem bekannten US-Popsänger, der derzeit in Deutschland unterwegs ist. Um wen es sich handelt, dürfen die Start-up-Unternehmer – auch nach Rücksprache mit dem Management des Künstlers – noch nicht öffentlich machen. Der Amerikaner, der einmal mit einer deutschen Sängerin liiert war, möchte bei den Wittenern jedenfalls Fan-Artikel bestellen – darunter T-Shirts und Polo-Shirts. Was Oguzhan Karaca natürlich sehr freut. Der schmunzelnd bemerkt: „Man fragt sich natürlich, wie so jemand an unsere Adresse kommt.“
>>> EIN MITARBEITER UND ZWEI PRAKTIKANTEN
Die Industriestickerei findet man an der Friedrich-Ebert-Straße 84. Oguzhan Karaca und Stefan Brzechwa haben einen Mitarbeiter eingestellt und beschäftigen zwei Praktikanten. Ein Praktikant erhält eventuell eine halbe Stelle.
Oguzhan Karaca möchte, wenn seine Firma wachsen sollte, sehr gerne in Witten bleiben.