Witten. . In der Gärtnerei der Lebenshilfe überwintern 1000 Pflanzen. Die meisten gehören Privatleuten. Darunter auch Raritäten wie Buddhas Hand.

Katharina Kuhlmann hat gut lachen neben den Zitronen. In einem der vier Gewächshäuser der Lebenshilfe strahlt die Mitarbeiterin der Gärtnerei in die Kamera. Ein Arbeitsplatz zwischen Zitrusfrüchten – auch Apfelsinen, Limetten und Kumquats, Zwergorangen, gibt es hier zu bestaunen. Pflanzen, die in der Lebenshilfe-Gärtnerei mit fast 1000 anderen Gewächsen überwintern. An der Dortmunder Straße findet man Wittens Orangerie.

Linja Hain (29), Mitarbeiterin der Lebenshilfe-Gärtnerei, auf Tuchfühlung mit dem Elefantenohr, einer Tropenpflanze. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services
Linja Hain (29), Mitarbeiterin der Lebenshilfe-Gärtnerei, auf Tuchfühlung mit dem Elefantenohr, einer Tropenpflanze. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services

Seit 2014 bietet die Lebenshilfe diesen Service für Kübelpflanzen an, der überwiegend von Privatleuten, aber auch Hotels und passionierten Pflanzensammlern aus Witten und den umliegenden Städten genutzt wird. Gartenbau-Ingenieurin Annika Haas leitet mit ihrem Kollegen Armin Moshage-Hes das 18-köpfige Gärtnerei-Team. Ihre Mitarbeiter sind Menschen mit psychischen Erkrankungen, die mit Leidenschaft und grünen Daumen bei der Sache sind.

Tierpfleger sammelt Zitruspflanzen

Auch die Kunden seien zumeist große Pflanzen-Liebhaber, sagt Garten- und Landschaftsbaumeister Moshage-Hes. „Einer ist Tierpfleger im Dortmunder Zoo, er wohnt im Wald und sammelt Zitruspflanzen. 36 bringen wir über den Winter.“ Zitronen, Apfelsinen, Limetten und Co. lieben es dabei kühl, zwischen sieben und acht Grad werden in ihrem Gewächshaus gemessen.

Gartenbau-Ingenieurin Annika Haas neben einem Myrtebaum (re.). In der Hand hält sie einen Myrtestrauch, der aus einem Steckling gezogen wurde. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services
Gartenbau-Ingenieurin Annika Haas neben einem Myrtebaum (re.). In der Hand hält sie einen Myrtestrauch, der aus einem Steckling gezogen wurde. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services

Annika Haas stellt eine rund 2,30 Meter hohe Myrte vor. Bei den Römern war die Pflanze der Liebesgöttin Venus geweiht, aus Myrte werden heute noch Kränze für Bräute gemacht. Der Baum, der jetzt bei der Lebenshilfe steht, ist geschätzte 50 bis 70 Jahre alt und normalerweise in Herdecke zuhause.

Die Diva: Buddhas Hand

Die Besitzerin hat die Myrte von ihrer Mutter geerbt und nenne den Baum Rüdiger, erzählt Gartenbau-Ingenieurin Haas. Es hätte der Kraft von vier Männern bedurft, um Rüdiger nach Witten transportieren zu können. Ein Service der Lebenshilfe: Die Überwinterungsgäste werden im Herbst abgeholt und im Frühling zurück zu ihren angestammten Plätzen gebracht.

Menschen, die ihren Pflanzen eine solche Pflege angedeihen lassen, wüssten um deren Wert, betont Armin Moshage-Hes, dessen Team sich auch um eine Diva unter den Zitrusfrüchten kümmert, Buddhas Hand genannt. In Indien und Südchina schon seit Jahrtausenden kultiviert, werden die teuren Früchte der Pflanze – Zitronen – hierzulande mittlerweile auch von Gourmetköchen geschätzt. Wobei die Früchte aussehen wie gekrümmte Finger.

Am Elefantenohr verhoben

Ein Hingucker im Gewächshaus ist auch das Elefantenohr. Eine rund zwei Meter hohe Tropenpflanze, an der sich Annika Haas und eine Kollegin beim Transport verhoben haben. „Ich bin umgefallen“, beichtet die 32-Jährige lachend. So ein Elefantenohr sorgt mit seinen großen grünen Blättern für Dschungel-Feeling. Im Sommer schützt das üppige Gewächs seinen Besitzer vor neugierigen Blicken der Nachbarn.

Sogar Raritäten aus Südafrika sind zur Pflege in der Gärtnerei – ein knapp zwei Meter hoher Korallenstrauch und ein Grasbaum. Beide gehören einem Südafrika-Fan, der einen Garten mit Bachlauf sein eigen nennt.

Baumärkte machten Frühlings-Sortiment unlukrativ

Garten- und Landschaftsbaumeister Armin Moshage-Hes kümmert sich hier um Bambus, der sonst ein Hotel neben der BVB-Geschäftsstelle in Dortmund ziert. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services
Garten- und Landschaftsbaumeister Armin Moshage-Hes kümmert sich hier um Bambus, der sonst ein Hotel neben der BVB-Geschäftsstelle in Dortmund ziert. Foto: Bastian Haumann / Funke Foto Services

Die grüne Zierde eines Hotels, das direkt neben der BVB-Geschäftsstelle am Dortmunder Rheinlanddamm liegt, sind Bambuspflanzen. Sie stehen in Kübeln, können daher – obwohl dieser Bambus eigentlich winterhart ist – nicht im Freien durch die kalte Jahreszeit kommen. „In Kübeln frieren die Wurzeln durch, im Boden kann Bambus tiefer wurzeln und ist daher vor der Kälte geschützt“, erklärt Annika Haas.

Bis 2016 hat die Lebenshilfe-Gärtnerei selbst Balkonpflanzen gezogen und verkauft – wie Hornveilchen, Geranien, Petunien. Warum wurde das eingestellt? Armin Moshage-Hes verweist auf die Konkurrenz der Baumärkte. „Sie bieten dieses Sortiment günstig an“, zu Preisen, zu denen die Lebenshilfe-Gärtnerei sie nicht produzieren könne. Annika Haas: „Aber auf den Tummelmärkten im Wiesenviertel stehen wir noch mit unseren Pflanzenständen!“

>>> DIE TIPPS DER GRÜN-EXPERTEN FÜR PFLANZENFREUNDE

Für Leute, die ihre Pflanzen zuhause überwintern, haben Gartenbau-Ingenieurin Annika Haas und ihr Kollege Armin Moshage-Hes einige Tipps: Für Pflanzen mit Blüten ist ein heller (!) Hausflur ein guter Standort, so die Experten. „Denn die Pflanzen brauchen Licht.“ Die optimale Temperatur liege zwischen 10 und 15 Grad. „Mehr Wärme tut den Pflanzen im Winter nicht gut, sie bilden sonst schwache Triebe aus.“

Im dunklen Keller können zum Beispiel Fuchsien und Engelstrompeten überwintern. Die Pflanzen müssten vorher zurückgeschnitten werden. „Man muss sie aber im Auge behalten. Sie müssen feucht gehalten werden, dürfen aber auch nicht zu nass sein. Denn sonst verfaulen sie.“ Auch Dahlien-Knollen, die vorher in einem Beet waren, könnten im Keller, in ein wenig Erde, gut überwintern. „Die Erde muss dann aber relativ trocken sein“, so der Experten-Tipp.