Witten. . Ein Ennepetaler erwirbt 21 Hektar Land in Witten-Gedern, um die geologische bedeutenden Felswände und die Natur für die Nachwelt zu retten.
Gerade weil der Steinbruch Rauen ein so spannender Ort ist, zieht das Gelände zwischen Wetterstraße und Wartenberg Neugierige an. Ganz unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Areal seinen Besitzer gewechselt: Es gehört seit Juni 2017 Stefan Voigt, einem Garten- und Landschaftsbauer aus Ennepetal, der sich bundesweit als Höhlenforscher einen Namen gemacht hat. Sein Ziel: Er möchte den Steinbruch als Privatgelände für die Natur und die Nachwelt erhalten.
Der Steinbruch ist ein eingetragenes Naturdenkmal, seit 2006 Teil des Geoparks Ruhrgebiet und seit 2015 ein Bodendenkmal. Nirgendwo sonst im Ruhrgebiet ist das Ruhrkarbon so gut sichtbar.
Über Jahre Schlacke abgekippt
Ein schützenswerter Ort also, und doch sah die jüngere Vergangenheit anders aus: Einst haben die Edelstahlwerke dort ihre Schlacke recycelt, einen Teil für den Straßenbau verwendet, den Rest – 30.000 qm – in den Steinbruch gekippt. 1992 ging das Gelände in Privatbesitz: zu 51 Prozent an die Stadtwerke und zu 49 Prozent an die GUD, einem Konsortium von Wittener Baufirmen. Diese wollten dort eine „Bodenaufbereitungsanlage“ einrichten, sagt Gerd Nickel, bis heute Geschäftsführer der GUD. Doch ein Nachbar klagte, der Prozess zog sich über acht Jahre. Die GUD gewann das Verfahren, die Pläne hatten sich aber längst zerschlagen. Letztlich sanierte sie die Deponie. Über einen Höhenunterschied von 70 Meter konnten die Baufirmen Bodenaushub in den Berg kippen, um die Altlasten abzudecken. Erst 2017 war man fertig, die Kreis-Naturschutzbehörde erklärte das Gelände als saniert.
Pläne als Dinopark scheiterten
Öffentliche Institutionen wie der RVR zeigten kein Interesse an dem Areal mit Altlast. Kaufinteressenten gab es wenige, Ideen viele – vom Bikerrestaurant bis zum Dinopark. Gerd Nickel: „Auch das wurde nichts. Es hätte zuwenig Parkplätze gegeben und das Gelände war zu steil.“ Über den geologischen Dienst NRW sei der Kontakt zu Stefan Voigt entstanden. „Mit diesem Kauf hat der kein großes Geschäft gemacht. Das ist halt ein Naturfreak“, sagt Nickel. Der Hevener Bergbauexperte Gerhard Koetter lobt den Verkauf: „Stefan Voigt hat viel Ahnung von Geologie. Bei ihm ist der Steinbruch in guten Händen.“
Zusammen mit der Zeche Nachtigall und der Naturschutzgruppe Witten möchte Voigt im Steinbruch demnächst Führungen anbieten. Zeigen, wo der Uhu brütet und wo Mauereidechsen herumflitzen. „Mir ist es wichtig, dass die Leute den Wert von Natur auch erkennen.“ Es sei traurig genug, dass so ein tolles Gelände keiner haben wollte: „Wenn man oben am Steinbruch steht, glaubt man nicht, dass das hier Ruhrgebiet ist.“
Vermesser der Ennepetaler Unterwelt
Der Retter des Steinbruchs Rauen ist in Ennepetal ein bekannter Mann. Gärtnermeister Stefan Voigt tritt mal in Motorradkluft, mal in seinem roten Höhlenforscher-Overall auf.
Schon vor 40 Jahren engagierte sich der heute 56-Jährige im Arbeitskreis Kluterhöhle, als Vermesser der Ennepetaler Unterwelt. Vor allem der Erhalt der Flora und Fauna sind ihm ein Anliegen. Er entwickelte ein Modell, nach dem neu entdeckte Höhlen verschlossen werden, um sie für die Nachwelt zu sichern. Solche Vereinbarungen gibt es mittlerweile mit vielen Städten in NRW.
Dazu kauft Voigt mit seinem Unternehmen Grundstücke mit karstkundlichem Untergrund“. „Eigentlich sind das immer Höhlen“, sagt er. „Aber der Steinbruch war so ein guter Deal, da konnte ich nicht Nein sagen.“ Der Kaufpreis für die 20 Hektar sei symbolisch gewesen, ein Nachbar habe ihm zusätzlich einen Hektar geschenkt. Der Naturschutz steht nun im Grundbuch, „der gilt über meinen Tod hinaus“.
Direkt nach dem Kauf habe er drei Container voll Müll aufgesammelt. Dass Kletterer, Mountainbiker, Jugendliche sein Gelände nutzen, stört ihn nicht, „solange sie ihren Müll mitnehmen“. Bei Umweltverschmutzung zeigt er wenig Toleranz, sonst schon: Ein Motorcrossclub darf dort üben und einen Schuppen nutzen. Dafür hilft der Verein beim Freischneiden der Felsen.
>> Bedeutendster geologischer Aufschluss im Revier
Vom Ende des 18. bis ins 20. Jahrhundert fand unterhalb des Wartenbergs Steinkohlebergbau statt. Danach wurde ein Sandsteinbruch angelegt, dabei wurde das bis heute sichtbare etwa 200 m mächtige Gesteinspaket bloßgelegt. Im Steinbruch findet man tolle Fossilien, die man allerdings nicht mitnehmen darf. Auch eine einstige Zeche mit dem Namen „Bergmann“ kann man dort entdecken.
Die Felswände des Steinbruchs zeigen die geologische Entwicklung des Steinkohlengebirges: die für das Ruhrkarbon typischen Zyklen aus Sandstein, Steinkohleflöz und Tonschiefer. Er ist der bedeutendste geologische Aufschluss im Ruhrgebiet.