Witten. . Geländer und Belag der seit August gesperrten Nachtigallbrücke sind vor dem Frost nicht fertig geworden. Warum wurde nicht provisorisch geöffnet?
Aus geplanten drei Monaten werden neun. Die Sanierung der maroden Nachtigallbrücke dauert deutlich länger als geplant – wobei die Brücke ja im Wesentlichen fertig ist. Doch weil es mit den Restarbeiten vor dem Wintereinbruch nicht mehr geklappt hat und nun auch auf eine provisorische Öffnung verzichtet wird, soll die Brücke erst mit Beginn der Osterferien, Mitte April, wieder freigegeben werden.
Bis dahin hat die Sperrung zwischen Innenstadt und Muttental etliche Radfahrer und Fußgänger Nerven gekostet. „Wir haben fast immer Radfahrer an unserem Zaun stehen, die nicht weiter wissen“, sagt Hannsjörg Frank, Anwohner und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Muttenthal.
Seit Mitte November zu kalt
Wie berichtet, hatte die Sanierung nach den Sommerferien Ende August 2018 begonnen. Für 550.00 Euro wurden vor allem die angefaulten Holzbohlen der Brücke durch eine Stahlkonstruktion ersetzt. Die Stahlplatten sind auf die neuen Träger montiert und müssen nur noch mit einem rutschhemmenden Epoxydharz gestrichen werden. Dafür braucht es aber mehrere Tage bei mindestens zehn Grad über Null. Das war seit Mitte November nicht mehr der Fall und so konnte diese Arbeit vor dem Wintereinbruch nicht mehr erledigt werden. Auch sind die Geländer nicht verschlossen und die Beleuchtung ist noch nicht montiert.
Diese Bauverzögerung kann Feldbahner Hannsjörg Frank nachvollziehen. Nicht aber, warum man von Zeche Theresia die Brücke nicht provisorisch öffne, anstatt sie über Monate in den Dornröschenschlaf zu schicken. Frank: „Notfalls legt man Kunstrasen drauf. Der kostet nicht viel und unser Verein hätte dafür anschließend Verwendung.“
Wenn die Muttenthalbahner bei schönem Wetter auf ihrem Gelände an der Nachtigallstraße arbeiten, werden sie häufig von Fußgängern oder Radlern nach dem Weg gefragt, obwohl eine Umleitung ausgeschildert ist. Allerdings weist die Absperrung auf den 30.11. als Bauzeitende hin. Auch Anwohner ärgern sich. „Ich habe Nachbarn, die mit dem Rad zur Arbeit fahren. Jeden Tag sind das zusätzlich drei Kilometer“, so Frank.
Die Stadtverwaltung hatte im Dezember selbst noch an eine provisorische Lösung gedacht, sie aber wieder verworfen. „Der personelle und finanzielle Aufwand ist einfach zu hoch, um einen Übergangsbelag aufzubringen und kurz danach wieder zu entfernen“, sagt Sprecherin Lena Kücük. Außerdem seien die Sicherheitsauflagen gerade bei Brücken hoch.
Fähre kann wegen hohem Wasserstand der Ruhr nicht fahren
„Das Gemecker war schon sehr groß“, bestätigt Christoph Heemann, Kapitän der Hardenstein-Fähre, den Ärger der Ausflügler. Bis zum Saisonende am 31. Oktober hat er noch Ruhrtaltouristen befördert, die wegen der Brückensperrung auf die Fähre auswichen. Erst Ende März wird das Schiff den Betrieb wieder aufnehmen. Ginge das nicht früher? Heemann: „Nein, der hohe Wasserstand der Ruhr in den Wintermonaten macht das Fahren unmöglich.“
Also heißt es weiter: die Umleitung nehmen. Sie führt über die Nachtigallstraße und die Bommeraner Ruhrbrücke am Ruhrdeich entlang. Man habe bewusst die Sanierung in den Herbst und Winter verlegt, wenn eh weniger Radler unterwegs sind, sagt Lena Kücük. Sie verspricht: Sobald die ersten warmen Tage kommen, wird weitergearbeitet. „Und dann öffnen wir die Brücke für Jahrzehnte.“
>> Blick in die Geschichte: die Nachtigallbrücke
1853 wurde die erste Nachtigallbrücke aus Holz gebaut – die Kohlewagen der Zeche wurden auf Gleisen bis zum Wittener Bahnhof gezogen und dort in die Kohletransporte der Bergisch-Märkischen Eisenbahn verladen. Nach Stilllegung der Zeche 1892 diente die Brücke Fußgängern und Fuhrwerken. 1938 wurde sie abgerissen.
Erst 1988 entstand die heutige Nachtigallbrücke, die in den letzten Jahren immer wieder ausgebessert wurde. Im August 2018 brach ein Lieferwagen in den morschen Holzbohlen ein.