Witten. . Der Protest gegen Straßenbaubeiträge wird auch in Witten größer. Allein im Dezember trugen sich 180 Bürger in Unterschriftenlisten ein.

Seitdem bekannt ist, dass Bürger in Bundesländern wie Bayern, Berlin oder Hamburg nicht mehr für die Erneuerung einer Straße zur Kasse gebeten werden, wehren sich auch immer mehr Wittener gegen die Beiträge. Allein im Dezember trugen sich 180 in Unterschriftenlisten von „Haus und Grund“ ein.

Schon 174.000 Bürger aus NRW haben der Volksinitiative „Straßenbaubeiträge abschaffen“ des Bund der Steuerzahler (BdSt) ihre Stimme gegeben. „Mit solch’ einem regen Zuspruch hätte ich nicht gerechnet“, sagt Volker Grob. Er hat sein Versicherungsbüro im Hammertal für die Unterschriftensammlung zur Verfügung gestellt, „weil ich das nicht in Ordnung finde, wie das gerade läuft.“

Der Bund der Steuerzahler fordert, Grundstückseigentümer auch in NRW von den Beiträgen für den Straßenausbau zu befreien. Zum einen sei es nicht messbar, welchen wirtschaftlichen Vorteil die Anlieger vom Ausbau einer Straße haben. Zum anderen werde ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt.

Täglich wütende Anrufe

Bei Petra Schmidt von „Haus und Grund“ rufen täglich Leute an. „Viele sind wütend. Sie hätten nie damit gerechnet, dass Gebühren in solcher Höhe auf sie zukommen. Und dass man innerhalb von vier Wochen zahlen muss“, sagt sie. Gemeldet hätte sich zum Beispiel ein Hausbesitzer der neu gemachten Straße „Am Hang“. Die Kernsanierung der einstigen Rumpelstrecke – mit neuem Kanal und Buswendeschleife – kostete 2016 eine Million Euro. Der Eigentümer von zwei Immobilien erhielt nun von der Stadt eine Rechnung über 68.000 Euro.

Auch an der Waldstraße ist die Wut groß. Auf die Anwohner kommen für den Ausbau von gut 500 Meter Straße Beiträge zu, die sich im Einzelfall auf bis zu 60.000 Euro summieren können. „Die Leute haben Kredite für ihr Haus aufgenommen und sind sowieso bis zur Obergrenze finanziell belastet“, sagt Petra Schmidt. „Die können das Geld gar nicht aufbringen.“

Vorwurf: Stadt hat Straßenpflege vernachlässigt

Einige Bürger seien zwar aktuell nicht betroffen, hätten aber Angst, dass auch ihre Straße irgendwann saniert wird. Ein Argument, das Schmidt oft hört: Die Stadt habe die Pflege über Jahre vernachlässigt, den Neubau zahlen dann die Anlieger. Das stimme nicht, sagt Baurat Stefan Rommelfanger: Bei jeder Baumaßnahme werde herausgerechnet, was Reparatur sei (Aufgabe der Stadt) und was eine Verbesserung (Anlieger). „Aber es stimmt, dass die Stadt in den letzten Jahren wegen ihrer Haushaltssituation zu wenig Geld in den Straßenbau investiert hat. Inzwischen gibt es einen riesigen Sanierungsstau.“

Die Stadt hat in den letzten drei Jahren jährlich rund eine Million Euro an Anliegerbeiträgen erhoben. Für die Stockumer Straße, die gerade fertig wurde, musste kein Anlieger zahlen, da außerhalb zweier Ortsteile erneuert wurde. An der Pferdebachstraße werden Anwohner beteiligt. Da es sich aber um eine Hauptverkehrsstraße handelt, kann der Anteil der Kommune bis zu 80 Prozent betragen.

Wer muss für die Straßenerneuerung zahlen?

Die Stadt ist verpflichtet, nach der Fertigstellung einer Straße Erschließungs- oder Straßenbaubeiträge einzufordern. Für erstmalig hergestellte Straßen (etwa in einem Neubaugebiet) zahlt man Erschließungsbeiträge. Straßenbaubeiträge werden fällig, wenn das Grundstück an einer vorhandenen Straße liegt, die vollständig erneuert oder verbessert wird (z.B. Entwässerung oder Beleuchtung). Das Argument: Von der Verbesserung haben Anlieger einen wirtschaftlichen Vorteil, etwa weil der Grundstückwert steige..

Grundstücksbesitzer in Anliegerstraßen müssen sich in der Regel 60 bis 70 Prozent der Baukosten teilen. 40 Prozent trägt die Allgemeinheit, sprich die Kommune. Besitzer zahlen je nach Grundstücksgröße oder -nutzung.

Hier kann man in Witten unterschreiben

In Witten kann man sich u.a. bei Haus & Grund in Listen gegen die Straßenbaubeiträge eintragen: Am Humboldtplatz 6 und – ab 15.1. – an der Herdecker Str. 26. Sowie im Axa-Versicherungsbüro, Im Hammertal 82.